Der Graben: Thriller (German Edition)
Filialleiter legte sich auf den Boden und blieb unverletzt, doch als er ins Ladenlokal zurückkehrte, war Nishimura hinter der Verkaufstheke verschwunden. Zunächst nahm der Filialleiter an, Nishimura hätte aus Angst vor den Erschütterungen irgendwo Schutz gesucht. Doch als er auch nach einiger Zeit nicht zurückkam, machte der Filialleiter sich Sorgen und rief Nishimuras Eltern an. Diese hatten ihren Sohn nicht mehr gesehen, seit er zur Arbeit gegangen war. Sein derzeitiger Aufenthaltsort bleibt ungeklärt.
Nobuhisa Igarashi, 19 Jahre alt. Schüler an einer Berufsfachschule. Vermisst seit Mitte September 2011.
Stammt aus Namerikawa in der Präfektur Toyama und war nach Itoigawa gezogen, um dort die Kochschule zu besuchen. Seine Eltern in Namerikawa haben Mitte September den Kontakt zu ihm verloren.
Die Anwesenheitslisten der Kochschule deuten darauf hin, dass bei Igarashi zwischen dem 13. und 15. September möglicherweise etwas nicht stimmte, doch da sein Schulbesuch stets unregelmäßig war, lässt sich nichts Genaues darüber sagen. Da Igarashi nicht viele enge Freunde hatte, war niemandem besonders aufgefallen, dass er in der Schule gefehlt hatte.
Nachdem die Mutter ihren Sohn mehrere Tage lang telefonisch nicht erreichen konnte, machte sie sich Sorgen und fuhr zu seinem Wohnheim. Der Zustand seines Zimmers ließ darauf schließen, dass sein Bewohner seit einigen Tagen nicht mehr zu Hause gewesen war.
Die Vermisstenanzeige bei der Polizei wurde am 19. September aufgegeben.
Nishimura und Igarashi hatten einander nicht gekannt, doch beide lebten in Itoigawa, und Igarashis Wohnheim lag in nächster Nähe zu dem S-Mart, was auf einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen hindeutete.
Die naheliegendste Erklärung war, dass beide in irgendeinen Vorfall verwickelt waren. Vielleicht waren sie zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen und in eine Auseinandersetzung mit einer Motorradgang geraten oder Ähnliches. Der erste Schritt wäre gewesen, nach eventuellen Zeugen zu suchen, doch wenn die Polizei die Fälle bereits untersuchte, war das sicherlich längst geschehen.
Saeko wollte eine Hypothese aufstellen und dann entsprechende Ermittlungen beginnen, doch aufgrund der Ergebnisse im Fall Fujimura war sie verunsichert. Damals hatte sie die Akten genau studiert und Kota Fujimuras älteren Bruder Seiji als zweifelhaften Charakter identifiziert. Bei ihren Untersuchungen hatte sie diese Spur verfolgt, doch ihre Vermutungen hatten sich nicht bestätigt, als sie Seiji persönlich kennenlernte. Demzufolge hatte ihrem Bericht ein zentraler Punkt gefehlt, auf den sie sich konzentrierte. Dennoch hatte er ganz gute Kritiken bekommen. Das hätte Saeko eigentlich größeres Selbstvertrauen geben müssen, doch sie war eine Perfektionistin, und so fiel es ihr schwer, irgendeinen ersten Schritt zu tun, ohne eine klare Strategie zu haben.
Während sie darüber nachdachte, wo sie anfangen sollte, wurde das Bild von Kitazawas Gesicht vor ihrem inneren Auge immer deutlicher. Aus der vagen Idee, ihn in seinem Büro aufzusuchen, wurde ein unwiderstehliches Bedürfnis. Es kam ihr wie ein unglaublicher Zufall vor, dass sein Bild ihr ausgerechnet gestern in der Bibliothek in den Sinn gekommen war, und sie heute einen weiteren Auftrag zum Thema vermisster Personen erhalten hatte.
Kitazawa war Privatdetektiv mit einer eigenen Detektei, die auf Vermisstenfälle spezialisiert war. Er war schon seit vierzig Jahren im Geschäft und verfügte über weitreichende Kontakte, nicht nur in Japan, sondern weltweit. Wenn es darum ging, vermisste Personen aufzuspüren, war er der Experte schlechthin.
Kitazawa war kein unscheinbarer Mann – er brachte ungefähr einhundert Kilo auf die Waage. Gleichzeitig hatte er eine hohe Stimme, die überhaupt nicht zu seiner Statur passte, und gebrauchte in seiner Sprache häufig kindische Ausdrücke. Das Ergebnis war grotesk, und Leute, die nicht daran gewöhnt waren, glaubten oft, er mache sich über sie lustig. Wenn sie ihn jedoch kennenlernten, spielte das keine Rolle mehr. Kitazawa war ein liebenswerter Mensch, dem Saeko zutiefst dankbar war. Und genau jetzt benötigte sie seine Hilfe bei diesem neuen Auftrag ihrer Radakteurin. Nachdem sie sich von Maezono verabschiedet hatte, begab Saeko sich schnurstracks zu Kitazawas Büro.
Von der Kreuzung an der U-Bahn-Station Yotsuma Sanchome wandte sie sich in eine Seitenstraße und fand das gesuchte Gebäude. Wie früher stand auf einem englischsprachigen Schild
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