Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Graben: Thriller (German Edition)

Der Graben: Thriller (German Edition)

Titel: Der Graben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kôji Suzuki
Vom Netzwerk:
Hocker, während der Textprozessor langsam die vierte Seite herauswürgte.
    29
    Als Saeko die Tür zum Arbeitszimmer ihres Vaters hinter sich schloss, hörte man das Geräusch des Textprozessors nur noch gedämpft. Das schrille Sirren erinnerte sie an das Zirpen eines Insekts, das immer leiser wurde, je weiter sie den Flur hinunterging.
    Die Wanduhr zeigte zehn vor neun an. Da sie um kurz nach sieben aufgestanden waren, hieß das, sie hatten über eine Stunde im Arbeitszimmer ihres Vaters verbracht.
    Saeko wusste, dass Hashiba nicht geplant hatte, über Nacht hierzubleiben. Sie fragte sich, ob er bald im Sender sein musste. Um wie viel Uhr wachte er normalerweise auf und ging zur Arbeit? Ihr war klar, dass in der Medienbranche viele Leute nicht in aller Herrgottsfrühe zu arbeiten anfingen, doch sie wollte auch nicht, dass Hashiba ihretwegen zu spät kam.
    Als sie auf dem Weg ins Esszimmer das Wohnzimmer durchquerte, blieb sie plötzlich wie angewurzelt stehen. Der 50-Zoll- LCD -Fernseher an der Wand war an. Der Ton war leise, und auf dem eingestellten Sender lief eine Morgen-Talkshow.
    Plötzlich fiel Saeko wieder ein, dass sie in der Nacht den Fernseher gehört hatte. Die Geräusche waren an ihr Ohr gedrungen, gerade als sie einschlief, obwohl sie sich nicht erinnern konnte, das Gerät angeschaltet zu haben. Beim Einschlafen hatte sie sich gefragt, warum der Fernseher lief, doch seitdem hatte sie nicht mehr daran gedacht. Als sie nun jedoch auf den Bildschirm schaute, fielen ihr Wortfetzen wieder ein, die sie am Abend zuvor gehört hatte. Sie hatte sich vorgestellt, die Stimmen stiegen in kleinen Bläschen vom Meeresgrund auf und gäben beim Platzen an der Oberfläche Bruchstücke von Informationen frei. Es war ihr nicht gelungen, einen roten Faden zu finden, doch schon das wenige Gehörte hatte sie mit einer dunklen Vorahnung erfüllt.
    Als sie sich an das ungute Gefühl erinnerte, das sie in der Nacht empfunden hatte, vergaß Saeko völlig, Kaffee zu kochen, und blieb stocksteif vor dem Fernseher stehen. Seit dem Verschwinden ihres Vaters hatte sie sich angewöhnt, zur Fernbedienung zu greifen und das Gerät einzuschalten, sobald sie die Wohnung betrat. Ganz allein in der Penthousewohnung fühlte sie sich unbehaglich, und ehe sie sich’s versah, hatte sich diese unbewusste Angewohnheit eingeschlichen.
    Ihr Exmann hatte sie oft deswegen getadelt. »Lass doch nicht den Fernseher an, wenn du gar nicht hinschaust!« Theoretisch hatte Saeko das genauso gesehen. Trotzdem kam sie nicht gegen die Macht der Gewohnheit an.
    »He! Du hast doch mich zur Gesellschaft, oder?« Entnervt, weil seine Gegenwart offenbar wenig daran änderte, dass Saeko sich einsam fühlte, hatte ihr Mann eines Tages sogar die Fernbedienung nach ihr geworfen.
    Es war also durchaus möglich, dass sie am Vorabend wieder einmal den Fernseher eingeschaltet hatte, ohne es zu merken. Doch eins wusste sie genau: Die Umstände gestern Abend waren ungewöhnlich gewesen. Sie und Hashiba hatten sich schon umarmt, als sie die Wohnung betraten, und sie waren eng umschlungen durchs Wohnzimmer getaumelt, bevor sie aufs Bett gesunken waren. War sie wirklich so erbärmlich, dass sie den Fernseher eingeschaltet hatte, während sie und Hashiba leidenschaftlich den Körper des anderen erkundeten und nur noch an das Eine gedacht hatten? Das wäre der schmerzliche Beweis dafür, welche Narben das Verschwinden ihres Vaters auch nach all der Zeit hinterlassen hatte.
    Niedergeschlagen starrte Saeko auf den Bildschirm, mehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt als mit den Bildern, die zu sehen waren. Nach kurzer Zeit konzentrierte sie sich jedoch auf das Thema der laufenden Sendung. Irgendetwas war ihr ins Auge gesprungen.
    Eine Reporterin stand vor dem Meer und sprach in eindringlichem Ton. »In diesem Kräutergarten am Meer ist gestern etwas Außergewöhnliches passiert.« Ein weißer Kombi fuhr langsam hinter der Reporterin vorbei, gefolgt von einigen anderen Autos. Alle rollten im Schneckentempo – offenbar war die Straße verstopft, obwohl es ein Werktag war.
    Das Meer im Hintergrund lag spiegelglatt, doch am linken Bildrand fielen steile Klippen zum Wasser ab, und wo die Wellen unten gegen die Felsen schlugen, schäumte das Wasser leicht auf. Das Mikrofon fing das Surren von Hubschrauberrotoren ein – sie waren auf dem Bildschirm nicht zu sehen, doch den Geräuschen nach zu urteilen kreisten mehrere Helikopter am Himmel.
    Saeko erkannte sofort die Landschaft

Weitere Kostenlose Bücher