Der Grabritter (German Edition)
ein. Ihr Bruder und ihr Vater, eine Bande von Verbrechern der übelsten Sorte! Victor Baranow, der Mann den sie liebte, Ermittler einer ausländischen Behörde ! Mit welchem Auftrag auch immer er hierhergekommen war, er hatte sie lediglich für seine Zwecke benutzt. Sie war nahe daran, laut aufzuschreien, aber dann fand sie ihre Beherrschung wieder. Lautlos lege sie den Hörer auf die Gabel und sank in den Sessel neben sich. Starr blickte sie vor sich hin. Die Tür ging auf, und jemand schaltete das Licht ein. Ihr Vater stand da und sah sie an. »Was machst du hier im Dunkeln, Bice? Ich glaube, du machst dir zu viele Gedanken. Du solltest schlafen gehen. Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.« Der Conte ging zu dem Waffenschrank und öffnete ihn. Er nahm eine der doppelläufigen Schrotflinten und Munition heraus.
Dann drehte er sich wieder um und ging zur Tür. »Draußen streift ein Fuchs herum. Ich werde mal sehen, ob ich ihn erwische.« Wie aus Trance erwacht, drehte Bice plötzlich ihren Kopf. »Du wirst ihn nicht erschießen.« Der Conte stockte. »Natürlich werde ich das. Ein Fuchs hat hier nichts verloren.« Bice stand auf und ging auf ihren Vater zu. »Du wirst diesen Kommissar oder Victor Baranow, oder wer immer er sein mag, nicht erschießen.« Sie wollte nach dem Gewehr greifen, das ihr Vater in der Hand hielt, und es ihm wegreißen. In die Augen des Conte trat auf einmal eine eisige Kälte. Er nahm das Gewehr fest in beide Hände und stieß Bice damit zurück. Sie stolperte und fiel hin. Als sie sich herumdrehte und ihn ansah, war der alte Mann, der dort stand und den sie einmal so sehr geliebt hatte, nur noch ein Fremder.
Langsam trat der Conte zurück durch die Tür. »Halt dich aus den Geschäften der Familie heraus, Bice. Das habe ich dir immer gesagt. Sie gehen dich nichts an.« Mit einem Knall zog der Conte die Tür zu und sperrte von außen ab. Den Schlüssel steckte er ein. Dann ging er nach draußen und holte das Elektro-Cart. Bice stand auf und rannte zur Tür. Sie hämmerte und rüttelte daran, aber das massive Holz zeigte sich davon unbeeindruckt. Die Tür bewegte sich um keinen Millimeter. Auch der Weg aus dem Fenster war ihr versperrt. Alle Fenster im Erdgeschoss bestanden aus Panzerglas und waren speziell gesichert. Ohne Schlüssel ließen sie sich lediglich in Kippstellung bringen.
Bice lief hinüber zum Waffenschrank und holte eines der Gewehre heraus. Nachdem sie es geladen hatte, ging sie damit zurück zur Tür. Zweimal hintereinander zerfetzte ein Schuss die Stille . Pulverschwaden verteilten sich langsam im Raum. Rund um das Schloss war die Tür rußgeschwärzt, und das Holz gesplittert. Erneut versuchte Bice, das Schloss zu öffnen. Vergebens. Draußen auf dem Gang hörte sie Stimmen. Maria rief laut durch den Gang. Mit aller Kraft trommelte Bice gegen die Tür. »Hierher, Maria! Es ist nichts passiert, aber ich bin eingesperrt. Hol sofort Ramon hierher.« Bice hörte, wie sich Maria schnell entfernte. Wenig später kehrte sie mit Ramon zurück. Er ging zur Tür und drückte auf die Klinke. Dann klopfte er. »Contessa, sind Sie da drin?« Bice schlug wieder gegen die Tür. »Ja, Ramon, ich bin hier. Du musst mich sofort hier rausholen. Mach, was du willst. Schlag meinetwegen die Tür ein, aber hol mich sofort hier raus.« Ramon ging ein Stück zurück. »Gehen Sie von der Tür weg, Contessa.« Bice machte einen Schritt zur Seite. In dem Moment krachte auch schon Ramons massiger Körper gegen das Türblatt. Das Holz splitterte, und mit lautem Krach flog alles aus den Angeln. Ramon stürzte mit der Tür und dem halben Rahmen in die Bibliothek. Maria stand im Flur und schlug sich die Hände vor das Gesicht. Sofort war Bice bei Ramon, der sich langsam wieder aufrappelte. »Alles in Ordnung, Ramon?«, fragte Bice besorgt. Ihr Bodyguard fasste sich an die Schulter. »Wird wohl ein ordentlicher blauer Fleck werden, Contessa, aber sonst ist alles okay.«
Bice half ihm hoch. »Komm mit Ramon, wir müssen uns beeilen. Ich erklär dir alles unterwegs.« Verdutzt sah Ramon Bice hinterher, die schon auf dem Weg zur Haustür war. Dann rannte er, so schnell er konnte, hinterher. Bice lief zum Unterstand und wollte das Elekto-Cart holen. Es stand nicht auf seinem Platz. »Wir müssen laufen, Ramon.« Ramon packte Bice am Arm und hielt sie fest. »Stopp, Contessa! Jetzt erklären Sie mir zuerst, was hier überhaupt gespielt wird. Sonst gehe ich keinen Meter mehr.« Bice
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