Der Grabritter (German Edition)
drehte sich zu Ramon um. Er sah, wie Tränen in ihren Augen schimmerten. »Sie wollen Victor Baranow umbringen. Mein Vater ist unterwegs zum Jagdhaus. Dort wird er gefangen gehalten, und wenn wir uns jetzt nicht beeilen, dann ist es zu spät. Also entweder kommst du jetzt mit oder ich werde alleine dort hingehen.« Ramon sah in die verzweifelten Augen der Contessa. »Ich bin Ihr Bodyguard, Contessa. Ich weiß zwar immer noch nicht, was hier eigentlich vor sich geht, aber ich bin immer an Ihrer Seite und nirgendwo anders.« Bice drückte Ramon einen Kuss auf die Wange und wollte weiterlaufen. Ramon hielt sie erneut fest. »Wir nehmen einen der Wagen, Contessa. Das geht schneller.« Bice winkte ab. »Jetzt komm endlich, Ramon. Man kann mit dem Wagen nicht dort hochfahren.« Der Bodyguard lachte nur. » Man vielleicht nicht, … ich schon.«
In Windeseile holte er einen der Sportwagen aus der Garage. Der feine Kies schoss beim Anfahren nach hinten weg, und Ramon raste, gemeinsam mit der Contessa über den schmalen Weg , den Berg hoch. Als sie durch das kleine Waldstück kamen, schlugen dicke Äste krachend gegen das Blech. Es hörte sich an als würde der Wagen jeden Moment aufgeschlitzt. Ramon trat das Gaspedal durch und Bice schloss die Augen. Es dauerte keine fünf Minuten, dann erreichten sie die Lichtung mit dem Landeplatz. Vor dem Jagdhaus stand das Elektro-Cart, und Ramon brachte den Wagen direkt daneben zum Stehen. Vom alten Conte jedoch war weit und breit nichts zu sehen.
Stattdessen kamen von den Seiten der Lichtung die beiden Wachen auf sie zu. Einer von ihnen trat ein Stück vor. »Guten Abend Contessa, hallo Ramon. Tut mir leid, aber wie ich schon vorhin gesagt habe, niemand darf zum Haus, außer Conte Ferruccio und Conte Donatello.« Ramon machte einen Schritt auf den Wachmann zu. »Ja ja, ich habe verstanden, und jetzt geht mir aus dem Weg, bevor Ihr über die Klippen wandert.« Der Mann blieb stehen und öffnete gerade den Mund, um etwas zu sagen. Er kam nicht mehr dazu.
Ramons Faust traf krachend sein Kinn. Ohne noch einen Ton von sich zu geben, verdrehte er die Augen und kippte nach hinten. Noch während er fiel, riss ihm Ramon das Gewehr aus den Händen und richtete es auf die zweite Wache. »Wenn das hier nicht böse für dich enden soll, lässt du jetzt am besten ganz schnell das Gewehr fallen.« Ein Blick in Ramons Augen genügte dem Wachmann, um zu wissen, dass der bullige Bodyguard der Contessa es bitterernst meinte. Er ließ die Waffe fallen und nahm die Hände hoch. Ramon sah über die Schulter zu Bice de Vigiani. »Im Kofferraum des Wagens liegen ein paar Stricke, Contessa. Würden Sie sie holen? Ich glaube es ist besser, wenn wir ein Paket aus den beiden machen.« Bice lief zum Wagen und kehrte mit einer Handvoll starker Seile zu Ramon zurück. Er gab ihr das Gewehr und machte sich an die Arbeit. Die beiden Männer leisteten keine Gegenwehr mehr. Im Handumdrehen lagen sie fest verschnürt neben dem Landeplatz für den Hubschrauber.
Ramon stand auf und sah hinüber zum Jagdhaus. Nichts hatte sich dort bis jetzt bewegt. Er nahm das Gewehr des zweiten Wachmanns. »Sie bleiben hier, Contessa. Halten Sie ein Auge auf die beiden da. Man kann ja nie wissen. Ich gehe alleine rein.« Bice merkte sehr wohl an Ramons Tonfall, dass es diesmal keinen Zweck hatte, mit ihm zu streiten. Sie nickte mit dem Kopf. »Bitte beeil dich, Ramon und pass auf dich auf.« Ramon lächelte. »Ich werde mir alle Mühe geben, Contessa, da können Sie sicher sein.« So geräuschlos wie möglich lief er zum Haus hinüber. Mit angstvollem Blick schaute ihm Bice hinterher. Ramon trat auf die Veranda und näherte sich vorsichtig einem der vergitterten Fenster. Im Haus war so gut wie nichts zu erkennen. Ab und zu flackerte ein schwacher Lichtschein auf und verschwand im nächsten Moment wieder. Langsam ging er zur Tür. Mit leisem Knarren drückte er den Riegel nach unten. Sie war offen. Ramon öffnete einen Spalt weit und spähte ins Innere. Es war stockdunkel. Dann bemerkte er wieder für einen Augenblick dieses schwache Licht. Ramon sah hinüber zu der Stelle, von der es kam. Es schien, als würde der Boden leuchten. Behutsam ging er vorwärts, darauf zu. Jetzt konnte er etwas erkennen. Dort führte eine Treppe hinunter, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Aus dem dort unten liegenden Gang drang ab und zu das Licht nach oben. Vorsichtig ging Ramon die Stufen hinunter. Am Ende des Ganges brannte eine Fackel.
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