Der Grabritter (German Edition)
er zu sprechen. »Obwohl es mir wirklich von ganzem Herzen zuwider ist, Advokato, gebe ich Ihnen jetzt eine Gelegenheit, Ihren Kopf zu retten. Was wir bereits gegen Sie in der Hand haben, reicht vollkommen aus, um Sie aus dem Verkehr zu ziehen. Es geht hier nicht um eine Lappalie. Es existieren zwei Aussagen von Zeugen, die Sie wegen Anstiftung zum Mord belasten. Darauf gründet auch der Haftbefehl gegen Sie. Aber ich kann Ihnen garantieren, dass, wenn wir mit unseren Untersuchungen hier fertig sind, wir so viel Dreck über Ihnen angehäuft haben, dass Sie nie mehr das Licht sehen werden. Es sei denn, Sie arbeiten mit uns zusammen.
Glauben Sie mir, es schmerzt mich, Ihnen ein solches Angebot zu unterbreiten. Deshalb dürfen Sie mir ebenso glauben, dass es nur ein einziges Mal erfolgt. Ich will die Vigianis. Sowohl den Vater als auch den Sohn. Ich weiß, dass Sie einen umfassenden Einblick in die Geschäfte dieser ehrenwerten Männer haben. Ganz zu schweigen davon, dass Sie bis zum Hals in diesem Sumpf mit drinstecken. Es liegt also jetzt allein bei Ihnen, ob Sie in einem Loch verschwinden wollen, aus dem es für Sie kein Entkommen mehr gibt oder ob Sie den Rest Ihrer Tage mit einer neuen Identität, irgendwo auf dieser Welt, einen friedlichen Lebensabend verbringen. Ich verlasse jetzt diesen Raum. In genau fünf Minuten kehre ich zurück. Bis dahin erwarte ich Ihre Entscheidung, Advokato.« Armando Catani nahm seinen Hut und stand auf. Ragusa sah ihn starr an und sank langsam in seinem Stuhl zurück. Er musste nachdenken. Nur, viel Zeit blieb ihm dazu nicht.
60
Es war schon später Nachmittag, und in dem Zimmer der kleinen Pension in Bellagio hatten sie sich alle versammelt. Marcus Kerner und sechzehn der Grabritter bereiteten sich gemeinsam auf das wohl Unvermeidliche vor. Noch immer hatte sich Sir John nicht gemeldet. Alle waren inzwischen bewaffnet. Wenn es soweit war, mussten sie schnell und so lautlos wie möglich vorgehen. Nur wenn es ihnen gelang, die Wachen überraschend auszuschalten, würde vielleicht ein Blutbad verhindert werden.
Keiner von ihnen hatte eine Schusswaffe. Sie hatten sich dafür entschieden, Armbrüste zu verwenden. Auf kurze Distanz war diese Waffe zielgenau, geräuschlos und absolut tödlich.
Es war bereits spät geworden. Zeit, die letzten Details zu besprechen. Dann klingelte das Zimmertelefon. Als Graf Siegfried sich meldete, war die Dame von der Rezeption in der Leitung. Unten am Empfang wartete ein Mann. Der Graf legte auf und sah Kerner fragend an. Kerner stand auf. »Bleibt hier. Ich werde nachsehen.« Der Mann vom BKA verließ den Raum und kehrte kurze Zeit später auch schon wieder zurück. Sam war eingetroffen. Sofort machte er sich daran seinen Computer einzurichten und kurze Zeit später war er auf dem neuesten Stand.
»Nun, meine Herrn, ich glaube, es gibt bald mächtig Zoff wegen des Kontos auf den Caymans. Nachdem ich heute Morgen das Konto blockiert habe, sind bereits drei Zugriffe darauf erfolgt. Sie wurden alle zurückgewiesen. Einige Leute dürften jetzt mächtig sauer werden. Ich habe nämlich einen Sperrcode verwendet, der Ferruccio Vigiani zugeordnet ist. Jetzt wollen wir mal sehen, wie wir noch weiteren Schaden anrichten können. Ich brauche die Unterlagen, die du mitgebracht hast, Marcus.« Kerner gab Sam den Aktenordner aus dem Jagdhaus, und der machte sich sofort wieder an die Arbeit.
Langsam wurde es dunkel draußen. Mit sorgenvoller Miene sah Graf Siegfried auf seine Uhr. Schließlich stand er auf. »Es ist soweit. Wir können nicht länger warten. Alles ist besprochen, Freunde. Wir schlagen los. Unser Schwert und unser Arm für den Herrn .« Wie ein Mann erhoben sich die Ritter, und Kerner hörte einen Chor, der ihm eine Gänsehaut bereitete. Unser Schwert und unser Arm für den Herrn . Kerner fühlte, dass dies auch sein Motto geworden war und wahrscheinlich sorgte es für mehr Gerechtigkeit als manches Gesetz. In kleinen Gruppen verließen sie die Pension und machten sich über verschiedene Wege auf, zum Anwesen der Vigianis.
61
Ferruccio Vigiani war in der schwarzen Limousine unterwegs von Mailand zurück nach Bellagio. Das Schwarz seiner Augen wirkte noch bedrohlicher als sonst. Ständig ging sein Handy und neue, vollkommen unsinnige Nachrichten erreichten ihn. Bereits zwei Männer der Organisation hatten ihn erbost angerufen. Einer von ihnen wollte eine Überweisung von dem Cayman-Konto an eine
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