Der Graf und die Diebin
fühlte vorsichtig mit der Hand hinein. Auf dem warmen Wasser schwammen kleine Blätter, wahrscheinlich entstammte ihnen der seltsam köstliche Duft. Sie hob ein Bein und steckte den Fuß in die Wanne, dann stieg sie entschlossen in die warme Flut und tauchte bis zum Hals darin unter.
„Schön?“, fragte Marie lächelnd, die neben die Badewanne getreten war.
„Nicht übel....“ Jeanne plätscherte in der Wanne herum und genoss das wohlige Gefühl, sich im Wasser zu bewegen, kniete sich dann in die Wannenmitte und legte den Kopf zurück, sodass ihr langes Haar eintauchte und zu einem dunklen, fließenden Unterwasserschleier wurde.
Marie zog ein Stück Seife aus der Schürze und betrachtete wohlgefällig Jeannes pralle junge Brüste. „Jetzt werden wir dich einmal gründlich waschen, du Hübsche.“
Lachend ließ Jeanne sich gefallen, dass Marie sie einseifte, ihr mit kreisenden Bewegungen die Brüste und den Bauch massierte, ihr das Haar wusch und abspülte.
„Du bist schön, Jeanne“, sagte Marie leise zu ihr. „Dein Körper ist vollkommen, es gibt nichts, was du verbergen musst.“
Zärtlich strich sie Jeanne über den schlanken Nacken, drückte das Wasser aus ihrem Haar und hüllte sie schließlich in ein großes, weiches Tuch, um sie abzutrocknen. Dann war sie plötzlich verschwunden, Jeanne war allein.
Nach der ungewohnten Prozedur des Bades war sie erschöpft und wollte nur noch schlafen. Müde hockte sie auf einem hölzernen Stuhl und dämmerte vor sich hin. Als ein Diener auf sie zutrat, und ihr winkte ihm zu folgen, erhob sie sich schlaftrunken in der Annahme, er würde ihr einen Schlafplatz anweisen. Doch zu ihrer Überraschung führte er sie über eine Wendeltreppe in das obere Stockwerk und öffnete zwei hohe weiße Türflügel. Er machte eine Kopfbewegung, die andeutete, sie solle in den Raum hineingehen.
„Warte hier!“, sagte er barsch und schloss die Türen hinter ihr.
Der Raum war mit kleinen, mit Samt bezogenen Stühlen und einem eingelegten Tischchen möbliert, an den Fenstern hingen roséfarbige Stores aus schwerem Brokatstoff. Die obere Hälfte der Wände war mit Malereien bedeckt. Jeanne betrachtete die Bilder mit wachsendem Entzücken. Wälder und kleine Seen waren dort abgebildet, gefallene Säulen aus weißem Marmor, auf denen merkwürdige Wesen hockten, halb Mensch und halb Ziege. In dem hellblauen Wasser des Sees badete eine Schar junger Mädchen. Alle waren völlig nackt.
Jeanne errötete. Es waren nicht die unbekleideten Körper, die sie irritierten, sondern die Art, wie der Maler sie dargestellt hatte. Diese Mädchen badeten nicht – sie stellten sich zur Schau.
Als sich die Tür öffnete, schrak sie zusammen. Vor ihr stand der junge Comte. Er musterte sie mit raschem Blick von oben bis unten, dann lehnte er sich bequem gegen den weißen Marmorkamin – ohne den Blick von ihr zu wenden. In der Hand hielt er eine braunlederne, schmale Reitpeitsche.
„Komm her!“
Er machte eine auffordernde Bewegung mit der Hand. Jeanne tat einige Schritte auf ihn zu und blieb dann zögernd stehen. Sie hatte nichts als das weiße Tuch, um sich vor seinen Blicken zu bedecken, und ihr Herz klopfte heftig.
„Näher!“
Seine braunen Augen waren abschätzend und leicht amüsiert auf sie gerichtet. Jeanne spürte Angst und gleichzeitig seltsame, nie zuvor gekannte Wünsche. Sie ahnte ja, woran er dachte. Das, woran alle dachten. Pierre, der Bauer, die Knechte – wer auch immer. Auch dieser dort, der sie jetzt mit seinen schönen braunen Augen fixierte, würde solche Dinge im Sinn haben. Und doch hatte sie noch nie zuvor solches Herzklopfen verspürt, wenn ein Mann sie ansah. Wie eine Trommel durchzitterten die Herzschläge ihren Körper, ließen ihre Glieder erbeben, und doch wuchs gleichzeitig in ihr ein nie gekanntes, irrwitziges Verlangen. Was hatte Marie gesagt? Sie sei vollkommen, brauche nichts zu verbergen. Diese braunen Augen, die durch das Tuch hindurchzustarren schienen, übten einen seltsamen Sog auf sie aus. Voller Scham verspürte sie den verwerflichen Wunsch, sich vor seinem Blick zu zeigen und diese Augen wie heiße, begierige Hände auf ihrem nackten Leib zu spüren.
Er sah sie immer noch an, sein Lächeln drückte Zufriedenheit aus. Jeanne sog den Duft seines warmen Körpers ein. Ein schweres Parfüm lag darin, aufregend und geheimnisvoll. Ihr Atem ging jetzt rasch, es war, als ob ein heißer Strom durch ihren Körper wirbelte und zwischen ihre Beine schoss. Ein
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