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Der Graf und die Diebin

Der Graf und die Diebin

Titel: Der Graf und die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Amber
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für die Nacht um Asyl bitten zu müssen.“
    Christian verneigte sich. Der prüfende Blick ihrer stets wachen grauen Augen war ihm lästig. Früher war es Marguerite ein Leichtes gewesen, ihn zu durchschauen. „Es ist mir eine Ehre und ein Vergnügen, Euch auf meinem Schloss zu beherbergen, Madame“, sagte er steif. „Wird es nötig sein, Euren Wagen zu reparieren?“
    Ihr Lächeln wurde weicher. „Wie förmlich, lieber Christian. Nun – ich denke, dass mein Wagen morgen wieder fahrbereit sein wird. Zumindest hat mir das dein Freund René, der so freundlich war, sich in deiner Abwesenheit meiner anzunehmen, versichert. Ich möchte früh aufbrechen – in der Morgenkühle reist es sich am besten.“
    „Ich möchte Euren Plänen nicht im Wege sein. So darf ich mich wenigstens auf einen Abend in Eurer Gesellschaft freuen?“
    „Die Freude ist ganz meinerseits“, gab sie mit leichtem Neigen ihres Kopfes zurück. „Endlich habe ich ein Opfer gefunden, das ich mit den neusten Neuigkeiten und Klatschgeschichten vom Hof des Königs langweilen kann. Tagtäglich ereignet sich so viel in Paris, dass ich kaum weiß, womit ich anfangen soll.“
    Wenn sie geglaubt hatte, mit dieser Eröffnung Christians Neugierde zu wecken, so hatte sie sich getäuscht. Der junge Comte schien am Hofleben recht wenig interessiert und bemühte sich nur um ein höfliches Lächeln. „Dann werde ich einen sehr unterhaltsamen Abend haben, Madame.“
    Sie schien seine Gleichgültigkeit gar nicht zu bemerken, sondern zog ein Papier aus dem weiten Ärmel und entfaltete es. „Ich habe einen Brief zu mir gesteckt, der mir außerordentlich lieb und teuer ist. Er betrifft dich, lieber Christian, und daher halte ich es für meine Pflicht, ihn dir zu lesen zu geben.“
    Christian warf nicht einmal einen Blick auf das Schreiben. „Ich lese nur ungern Briefe, die nicht an mich gerichtet sind, Madame. Hier draußen auf dem Lande habe ich gelernt, wie sinnlos und überflüssig alle diese Hofintrigen in Wahrheit sind.“
    Ihr Lächeln schien warm und freundschaftlich, und ihre grauen Augen hatten fast einen mütterlichen Ausdruck angenommen. „Aber lieber Christian. Ich würde dich niemals mit boshaften Hofgeschichten belästigen. Du solltest mich besser kennen. Nein, dieser Brief wurde von deinem Vater geschrieben.“
    „Von meinem Vater?“
    „Er war schon von der Krankheit gezeichnet, als ich ihn das letzte Mal besuchte. Damals sprach er viel von dir und übergab mir dieses Schreiben.“
    Christian war überrascht und bewegt. Die Züge seines verstorbenen Vaters traten auf einmal deutlich vor seine Augen. Die dunklen buschigen Augenbrauen, die scharfe Nase, die schmalen Lippen, die an den Mundwinkeln leicht herabhingen. Er hatte seinen Vater verehrt und ihm nachgestrebt, stets bemüht, seine Erwartungen zu erfüllen. Väterliche Zuneigung hatte er jedoch niemals von ihm erfahren.
    Das Blatt zitterte ein wenig, als er es in die Hand nahm. Er erkannte die Schrift seines Vaters, die kleinen geraden Buchstaben, die Schnörkel, die er an den Satzanfängen zu malen pflegte.
    „Ich lasse dich jetzt allein. Lies in aller Ruhe. Ich werde mich oben in meinem Zimmer ein wenig frisch machen.“
    Die letzten Worte hörte er schon nicht mehr, er hatte sich in das Schreiben vertieft.
     
    Bertrand verbeugte sich tief und ging einige Schritte rückwärts zur Tür. Er hatte es nicht fertiggebracht, Mme de Fador in den Gemächern der verstorbenen Comtesse unterzubringen. Das Gästezimmer, in das er sie geführt hatte, war altmodisch eingerichtet und ein wenig vernachlässigt – keineswegs geeignet, einen so vornehmen Gast zu beherbergen. Er war sich jedoch sicher, dass der Comte seine Entscheidung billigen würde.
    Mme de Fador schien diese offensichtliche Missachtung kaum zu bemerken. „Wie lange ist sie schon hier?“
    Bertrand blieb betroffen stehen. Die Marquise hatte leise gesprochen, jedoch war zu spüren, dass sie absoluten Gehorsam gewohnt war. Hinter ihrer gelassenen Miene verbarg sich ein kühler, beinharter Wille.
    „Ihr sprecht von Mademoiselle Jeanne, Madame?“
    „Jene dunkelhaarige Schönheit, die den Comte vorhin ins Schloss begleitet hat, meine ich. Sie heißt also Jeanne?“
    „Ganz recht, Madame. Sie ist seit drei Tagen hier auf dem Schloss.“
    Marguerite de Fador zog die Augenbrauen hoch und sah aus dem Fenster. So kurz erst. Und dann schon solche Vertrautheit. „Wo kommt sie her?“
    Bertrand machte einen verlegenen Kratzfuß. Er hatte

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