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Der Graf und die Diebin

Der Graf und die Diebin

Titel: Der Graf und die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Amber
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Einsamkeit der vergangenen Wochen hinweggeholfen hatte. Marguerite war eine bewundernswerte Frau, eine große Persönlichkeit, die Menschen mit Klugheit und Charme bezaubern konnte. Dennoch spürte Jeanne hinter all ihrer Liebenswürdigkeit eine merkwürdige Kälte, die sie oft genug erschauern ließ. Ja, ohne die abendlichen vertrauten Gespräche mit der kleinen Nadine, ohne ihre Wärme und ihre sanften, liebevollen Hände, hätte sie die letzten Wochen in diesem Haus nicht überstanden.
    Ich lasse nicht zu, dass man sie fortschickt , dachte sie.
    Sie rekelte sich und blinzelte in das weiche Dämmerlicht des Zimmers. Nadine hatte eine Kerze auf dem Kaminsims brennen lassen, die in einem matten Luftzug hin und her flackerte. Das Licht ließ die goldene Stuckumrandung des Kamins aufblitzen, Schatten bewegten sich, Blütenornamente, Figuren und Gesichter wurden lebendig. Jeanne hatte sich an diese Erscheinung gewöhnt und liebte sie inzwischen. Besonders die Figur eines jungen griechischen Gottes hatte es ihr angetan. Er lag lässig ausgestreckt auf einem Lager, den Oberkörper aufgestützt, ein Bein leicht angewinkelt und sah zu ihr hinüber.
    Manchmal glaubte sie, er blinzle ihr zu und winke mit der Hand. Dann wieder ertappte sie sich bei dem Wunsch, er möge sich von seinem Lager erheben und zu ihr hinüber gehen. Er war nackt wie Vater Zeus ihn geschaffen hatte und so schön, dass Jeanne bei dem Gedanken, er könne sich ihr nähern, der Atem wegblieb.
    Heute jedoch drängten sich andere Gestalten in den Vordergrund. Aus einem Pflanzenornament lösten sich seltsame faunartige Wesen, dickbäuchige Zwerge mit schmalen, schrägen Augen, wulstigen Lippen und kleinen Hörnchen im struppigen Haar.
    Sie krochen über den Kaminsims, ließen sich an den gedrehten Säulchen auf den Boden herab und näherten sich dem Bett. Jeanne versuchte, die Traumvorstellung abzuschütteln, doch es wollte trotz verzweifelten Bemühens nicht gelingen. Die Faune schienen zu wachsen, während sie zu ihrem Bett hinüber hüpften, bald waren sie so groß wie Kinder, dann wie erwachsene Männer. Sie schrie und zog sich die Bettdecke bis ans Kinn. Im gleichen Moment griff eine harte gekrümmte Hand den Stoff und riss ihn ihr vom Körper. Das Faunwesen stand vor ihr, nackt am ganzen Leib, Brust und Arme mit rötlich braunem Haar bedeckt. Unterhalb des Bauches hing ein übergroßes Gemächt – der unförmige, hoch ausgefahrene Schwengel stieß gegen ihre Bettkante. Der Faun grinste mit dickem, lüsternem Maul und leckte sich die Lippen.
    Eisenharte Arme drückten sie auf das Lager, grobe Hände rissen ihr das Nachthemd in Fetzen. Sie stieß mit den Füßen, sie schrie und tobte.... „Mademoiselle! So wachen Sie doch auf! Mademoiselle!“
    Jemand rüttelte sie, strich ihr das Haar aus der Stirn, schlang die Arme um sie und küsste sie zärtlich auf Mund und Wangen. Sie schlug die Augen auf und erblickte Nadines ängstliches Gesicht, das über sie gebeugt war. „Ich.... ich habe geträumt“, stammelte sie.
    „Sie haben ganz schrecklich geschrien. Ist es jetzt wieder gut?“
    Jeanne nickte und setzte sich im Bett auf. Drüben am Stuckfries über dem Kamin lugten die Faunsgesichter winzig klein zwischen den Früchten und Pflanzen hervor, so klein, dass man sie kaum wahrnehmen konnte.
    „Ich werde frische Luft hereinlassen, Mademoiselle“, sagte Nadine, riss die Vorhänge beiseite und öffnete das Fenster. Ein kühler, runder Mond leuchtete einsam im sternlosen Himmel. Jeanne sog die Nachtluft ein, doch der Traum wollte nicht weichen. Ein beängstigender Traum, grotesk und verwirrend – und doch war sie davon bis unter die Haarspitzen erregt. Sie schämte sich dafür.
    „Bring mir Feder und Papier, Nadine“, sagte sie, einem plötzlichen Einfall folgend. „Ich werde einen Brief schreiben.“
    Nadine blieb erstaunt stehen, dann lächelte sie verstehend. „Sofort, Mademoiselle. Und keine Sorge. Ich werde ihn selbst der Post geben. Aber ich bitte Euch um einen Gefallen.“
    „Welchen?“, fragte Jeanne ein wenig überrascht.
    Nadine errötete und flüsterte verschämt: „Schreibt dazu, dass ich René grüßen lasse. Dass ich oft an ihn denke. Werdet Ihr das tun, Mademoiselle?“
    Jeanne lächelte vergnügt. Aha – die kleine Nadine war in René verliebt. Wie nett. „Natürlich werde ich das tun.“
     
    „Es ist angespannt, Mademoiselle“
    Jeanne warf sich ein Cape über und eilte die Treppen hinunter. Unten in der Eingangshalle stand der

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