Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
aufzuhalten?«
    »Nein, mein lieber Graf! Doch strecken Sie die Hand aus, da unten zur Linken werden Sie den Bericht des Polizeiministers vom gestrigen Datum fi nden … Aber halt! Da ist er ja selbst. – Nicht wahr, Sie sagen, der Polizeiminister?« unterbrach der König, sich an den Diener wendend, der soeben eingetreten war und den Polizeiminister gemeldet hatte. »Treten Sie ein, Baron, und erzählen Sie dem Grafen, was Sie Neues von Bonaparte wissen. Verhehlen Sie uns nichts von der Lage der Dinge, wie bedenklich sie auch sein mag. Sagen Sie, ist die Insel Elba ein Vulkan, und werden wir dort den Krieg voll Flammen und Schrecknissen ausbrechen sehen?«
    »Haben Eure Majestät den gestrigen Bericht einzusehen geruht?«
    entgegnete der Minister.
    »Ja, ja! Aber sagen Sie es dem Grafen selbst, der diesen Bericht nicht fi nden kann, was er enthält. Erzählen Sie ihm genau, was der Usurpator auf seiner Insel macht.«
    »Mein Herr«, sprach der Baron zum Grafen, »alle getreuen Diener Seiner Majestät dürfen sich Glück wünschen über die günstigen Nachrichten, die uns von der Insel Elba zukommen.
    Bonaparte …«
    Der Minister blickte auf Ludwig XVIII., der eben wieder eine Bemerkung niederschrieb und nicht einmal den Kopf hob.
    »Bonaparte«, fuhr der Baron fort, »langweilt sich zu Tode. Er bringt ganze Tage damit zu, daß er seinen Arbeitern in Porto Longone bei ihrer Beschäftigung zusieht. Noch mehr, wir können versichert sein, daß der Usurpator in kurzer Zeit ein Narr wird.«
    »Ein Narr?«
    »Ein Narr, den man in Banden halten muß. Sein Kopf wird schon schwach. Bald weint er heiße Tränen, bald lacht er aus voller Kehle; ein anderes Mal beschäftigt er sich stundenlang damit, vom Ufer aus Kieselsteine ins Wasser zu werfen, und wenn der Stein fünf- bis sechsmal aufgeprallt ist, scheint er so vergnügt, als hätte er ein zweites Marengo oder ein neues Austerlitz gewonnen. Sie werden zugeben, daß das Anzeichen von Narrheit sind.«
    »Oder von Weisheit, Herr Baron, oder von Weisheit«, versetzte Ludwig XVIII. lächelnd. »Schon die großen Heerführer des Altertums ergötzten sich damit, daß sie Kieselsteine ins Meer warfen. Sehen Sie nach bei Plutarch im ›Leben des Scipio Africanus‹.
    Also, was denken Sie nun darüber, Blacas?« fragte der König, indem er einen Augenblick in seiner Beschäftigung innehielt.
    »Sire, ich sage, daß entweder der Polizeiminister oder ich mich irre. Da sich aber der Polizeiminister unmöglich irren kann, da er die Sicherheit und die Ehre Eurer Majestät zu bewachen hat, so ist es wahrscheinlich, daß ich mich im Irrtum befi nde. An Eurer Majestät Stelle aber würde ich die Person fragen, von der ich gesprochen habe, ja, ich bitte sie sogar inständig, Eure Majestät wollten ihr diese Ehre erweisen.«
    »Recht gern, Graf, auf Ihre Empfehlung hin empfange ich, wen Sie wollen. Doch ich will ihn empfangen mit den Waff en in der Hand. Herr Minister, haben Sie noch einen neueren Bericht als diesen hier? Denn dieser datiert vom zwanzigsten Februar, und heute haben wir den dritten März.«
    »Nein, Sire. Aber ich erwarte einen mit jeder Stunde. Ich ging schon frühzeitig aus, und vielleicht ist er während meiner Abwesenheit eingelaufen.«
    »Gehen Sie auf die Präfektur; liegt dort einer, so bringen Sie ihn, ist keiner gekommen«, fuhr Ludwig XVIII. lächelnd fort, »wohlan, so machen Sie einen. Nicht wahr, so pfl egt man es zu tun?«
    »Oh, Sire!« entgegnete der Minister. »Gott sei’s gedankt, in dieser Hinsicht ist es nicht nötig, etwas zu erdichten; jeden Tag überhäuft man unsere Amtszimmer mit ellenlangen Anzeigen, die von einer Menge armer Tröpfe herkommen, die sich eine kleine Erkenntlichkeit für die Dienste erhoff en, die sie nicht leisten, aber gern leisten möchten. Sie rechnen auf den Zufall und hoff en, daß irgendein unerwartetes Ereignis ihren Voraussagen eine Art Wirklichkeit ver-leihen werde.«
    »Gut, nun gehen Sie, mein Herr«, sagte Ludwig XVIII., »und denken Sie daran, daß ich Sie erwarte.«
    »Ich will nur gehen, um wiederzukommen, Sire, in zehn Minuten bin ich zurück.«
    »Und ich, Sire«, sagte Blacas, »will meinen Gewährsmann holen, der von weither kommt, um Eurer Majestät eine wichtige Nachricht zu überbringen. Ich bitte, ihn gütig zu empfangen, geschähe es auch nur wegen Herrn von Salvieux, der ihn mir empfohlen hat.«
    »Herr von Salvieux, der Kammerherr meines Bruders?«
    »Derselbe.«
    »Ja wirklich, ich erinnere mich, er ist in

Weitere Kostenlose Bücher