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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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hervorrufen.«
    »Ja, gewiß«, sagte der Minister; »aber wenn er über Gap und Sisteron vorrückt …«
    »Er rückt vor!« sprach Ludwig XVIII. »Er marschiert also gegen Paris?«
    Der Polizeiminister schwieg betreten, was einem völligen Zugeständnis gleichkam.
    »Und die Dauphiné, mein Herr?« fragte der König Villefort.
    »Glauben Sie, man könnte sie ebenfalls aufwiegeln?«
    »Sire, es ist mir schmerzlich, Eurer Majestät eine grausame Wahrheit sagen zu müssen; allein der Geist, der in der Dauphiné herrscht, ist lange nicht so gut wie in der Provence und Languedoc. Sire, die Gebirgsbewohner sind Bonapartisten.«
    »Siehe da«, sagte Ludwig XVIII., »er war also gut unterrichtet.
    Und wieviel Mann hat er?«
    »Sire, das weiß ich nicht«, erwiderte der Polizeiminister.
    »Wie, Sie wissen es nicht? Sie haben vergessen, sich über diesen Umstand zu erkundigen? Es ist wahr, daran liegt nicht viel!« fügte er mit einem Lächeln, das für den Minister vernichtend war, hinzu.
    »Sire, die Depesche brachte bloß die Anzeige von der Landung und von dem Weg, den der Usurpator genommen hat.«
    »Und wie gelangte die Depesche zu Ihnen?« fragte der König.
    Der Minister senkte den Kopf, und eine tiefe Röte überzog seine Stirn.
    »Durch den Telegrafen, Sire!«
    Ludwig XVIII. machte einen Schritt vorwärts und kreuzte die Arme, wie es Napoleon immer getan hatte.
    »Also«, sprach er, vor Zorn erblassend, »also sieben verbündete Heere haben diesen Mann gestürzt; ein Wunder des Himmels hat mich nach fünfundzwanzigjährigem Exil auf den Th ron meiner
    Väter zurückgeführt; ich habe in diesen fünfundzwanzig Jahren die Menschen und die Dinge dieses mir verheißenen Frankreichs studiert, erforscht, zergliedert, damit endlich, am Ziel meiner Wünsche, eine Macht, die ich in meinen Händen hielt, sich gegen mich kehrt und mich zermalmt!«
    »Sire, es ist ein Verhängnis«, sagte der Minister.
    »Wenn man mich verraten hätte wie ihn«, rief der König, »ich hätte es noch ertragen; aber unterzugehen, weil die Leute meiner Umgebung, die mir alles verdanken, unfähig sind, die ohne mich nichts sind – Sie haben recht, das ist ein Verhängnis!«
    Der Minister senkte den Kopf, ohne eine Erwiderung zu wagen.
    »Fallen«, fuhr Ludwig XVIII. fort, »fallen und seinen Sturz durch den Telegrafen erfahren! Oh, lieber bestiege ich noch das Schafott meines Bruders, Ludwigs XVI., als daß ich die Stiege der Tuilerien hinabeilte, durch die Lächerlichkeit vertrieben! – Sie wissen nicht, was es in Frankreich bedeutet, sich lächerlich zu machen, und doch sollten Sie es wissen.«
    »Sire! Sire!« stotterte der Minister. »Gnade!«
    »Treten Sie näher, Herr von Villefort!« fuhr der König fort, sich an den jungen Mann wendend, der regungslos im Hintergrund verharrte und gespannt dem Gespräch gefolgt war, in dem es um das Schicksal eines Königreichs ging, »treten Sie näher und sagen Sie dem Herrn, daß man im voraus alles das wissen konnte, was er nicht wußte.«
    »Sire, es war unmöglich, die Pläne zu erraten, welche dieser Mensch vor aller Welt verbarg!« stammelte der Minister.
    »Unmöglich! Das ist ein großes Wort, mein Herr. Unmöglich für einen Minister, der eine Verwaltung, Bureaus, Agenten und fünf-zehnhunderttausend Franken geheime Gelder hat, das zu erfahren, was sechzig Meilen von der Küste Frankreichs entfernt vor sich geht! Sehen Sie doch diesen Herrn hier, dem keines dieser Mittel zu Gebote stand! Sehen Sie, dieser Herr, ein einfacher Beamter, der mehr davon wußte als Sie mit Ihrer ganzen Polizei, er würde meine Krone gerettet haben, hätte er das Recht gehabt wie Sie, einen Telegrafen zu leiten.«
    Der Blick des Polizeiministers wandte sich mit einem Ausdruck des tiefsten Grolles auf Villefort, der das Haupt mit der Bescheidenheit des Triumphes senkte.
    »Ich sage nichts gegen Sie, mein lieber Blacas«, fuhr Ludwig XVIII.
    fort, »denn wenn Sie auch nichts entdeckt haben, so waren Sie doch wenigstens stets wachsam. Ein anderer hätte vielleicht die Mitteilung des Herrn von Villefort für unbedeutend angesehen oder eigennützige Beweggründe hinter ihr gesucht.«
    Diese Worte spielten auf das an, was der Minister eine Stunde früher mit soviel Zuversicht vorgebracht hatte. Villefort verstand die Anspielung des Königs. Ein anderer hätte sich wohl durch den Stolz auf das Lob des Königs hinreißen lassen; er hingegen fürchtete, sich den Polizeiminister zum Todfeind zu machen, obschon er fühlte, daß

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