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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Stuhllehne gestützt, denn während der Polizeiminister sprach, fühlte er seine Beine unter sich erlahmen; als er aber hörte, daß der Unbekannte den Nachstellungen entschlüpft war, erholte er sich wieder.
    »Lassen Sie diesen Menschen suchen, mein Herr!« befahl der König dem Polizeiminister. »Denn wenn der General Quesnel, der uns in diesem Augenblick so nützlich gewesen wäre, das Opfer eines Meuchelmordes wurde, wie ich zu glauben geneigt bin, so will ich, daß die Täter, sie mögen Bonapartisten sein oder nicht, hart bestraft werden.«
    Villefort hatte seine ganze Selbstbeherrschung vonnöten, um den Schrecken nicht zu verraten, den ihm dieser Auftrag des Königs an den Polizeichef einfl ößte.
    »Es ist seltsam«, fuhr der König übelgelaunt fort, »die Polizei glaubt, alles gesagt zu haben, wenn sie berichtet: ›Ein Mord ist begangen worden‹, und alles getan zu haben, wenn sie beifügt: ›Man ist dem Schuldigen auf der Spur.‹«
    »Sire, in diesem Punkte, hoff e ich, werden Eure Majestät befriedigt werden.«
    »Gut, wir wollen sehen. Ich halte Sie nicht länger auf, Baron! Herr von Villefort, Sie müssen von der langen Reise erschöpft sein, pfl egen Sie der Ruhe. Sie sind gewiß bei Ihrem Vater abgestiegen?«
    Villefort fühlte einen leichten Schwindelanfall.
    »Nein, Sire«, antwortete er, »ich bin im Hotel Madrid, Rue de Tournon, abgestiegen.«
    »Aber Sie haben Herrn Noirtier gesehen?«
    »Sire, ich ließ mich sogleich zu dem Herrn Grafen von Blacas führen.«
    »Sie werden ihn doch wenigstens besuchen?«
    »Ich denke nicht, Sire!«
    »Ja, richtig«, versetzte Ludwig XVIII., auf eine Art lächelnd, die bewies, daß er diese Fragen nicht ohne Absicht getan hatte, »ich habe vergessen, daß Sie mit Herrn Noirtier auf gespanntem Fuße stehen und daß das ein neues Opfer ist, welches Sie der königlichen Sache bringen und wofür ich Sie schadlos halten muß.«
    »Sire, die Gnade, die mir Eure Majestät erzeigen, ist eine Belohnung, die alle meine Wünsche so sehr übersteigt, daß ich den König um nichts mehr zu bitten habe.«
    »Gleichviel, mein Herr, wir werden Ihrer nicht vergessen, seien Sie darüber beruhigt. Unterdessen« – der König löste das Kreuz der Ehrenlegion von seinem Rock und reichte es Villefort – »nehmen Sie dieses Kreuz.«
    »Sire«, sagte Villefort, »Eure Majestät irren sich, dieses Kreuz ist das eines Offi ziers.«
    »Meiner Treu, Herr«, erwiderte Ludwig XVIII., »nehmen Sie es nur, wie es ist; ich habe nicht mehr Zeit, ein anderes zu verlangen. Blacas, Sie sorgen dafür, daß Villefort das Diplom ausgestellt wird.«
    Villefort nahm das Kreuz und küßte es.
    »Und nun«, fragte er, »mit welchen Befehlen werden mich Eure Majestät zu beehren geruhen?«
    »Pfl egen Sie der Ruhe, die Sie brauchen, und bedenken Sie, daß Sie mir in Paris nichts nützen, aber in Marseille die wertvollsten Dienste leisten können.«
    »Sire«, entgegnete Villefort mit einer Verbeugung, »in einer Stunde werde ich Paris verlassen haben.«
    »Gehen Sie, mein Herr«, sprach der König, »und sollte ich Sie vergessen – das Gedächtnis der Könige ist kurz –, so scheuen Sie sich ja nicht, mich daran zu erinnern. Herr Baron, geben Sie Befehl, daß man den Kriegsminister rufe. Blacas, Sie bleiben.«
    »Ach, mein Herr«, sagte der Polizeiminister zu Villefort, als sie die Tuilerien verließen, »Sie fangen gut an, Ihr Glück wird bald gemacht sein.«
    Wird es auch von Dauer sein? fragte sich Villefort, indem er sich von dem Minister, dessen Laufbahn zu Ende war, verabschiedete und mit den Augen einen Wagen suchte, um nach Hause zu fahren.
    Zehn Minuten darauf war Villefort in seiner Wohnung. Er bestellte seine Pferde für zwei Stunden später und ließ sich sein Frühstück bringen. Als er sich eben zu Tisch setzen wollte, ertönte die Glocke, von einer festen Hand gezogen.
    Der Kammerdiener ging hinaus, um aufzumachen, und Villefort hörte eine Stimme, die seinen Namen nannte.
    Wer kann es denn schon wissen, daß ich hier bin? fragte sich der junge Mann.
    In diesem Augenblick kehrte der Kammerdiener zurück.
    »Nun«, fragte Villefort, »was gibt es denn? – Wer hat geläutet?
    Wer fragt nach mir?«
    »Ein Fremder, der seinen Namen nicht nennen will.«
    »Und wie sieht dieser Fremde aus?«
    »Es ist ein Mann von etwa fünfzig Jahren.«
    »Klein? Groß?«
    »Ungefähr von der Gestalt des gnädigen Herrn.«
    »Ist er blond oder dunkel?«
    »Er ist braun, hat schwarze Haare, schwarze

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