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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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daß er es jetzt hören konnte, ohne sein Gehör anzustrengen.
    Kein Zweifel mehr, sagte er sich, es ist ein unglücklicher Gefangener, der an seiner Befreiung arbeitet. Oh, wie würde ich ihm beistehen, wenn ich bei ihm wäre!
    Plötzlich kam ihm der Gedanke, daß das Geräusch von Arbeitern herrühren könnte, die im Auftrag des Gouverneurs in einer benachbarten Zelle Ausbesserungsarbeiten vornähmen. Edmund fühlte sich zu schwach, um seine Gedanken zu sammeln; er sah nur ein Mittel, um seiner Urteilskraft Klarheit zu geben. Er wandte die Augen nach der dampfenden Bouillon, erhob sich, taumelte zum Tisch und verschlang den Trank mit einem unbeschreiblichen Gefühl des Wohlbehagens.
    Schon hielt er das Brot vorm Munde; da erinnerte er sich, daß durch Hunger geschwächte Schiff brüchige gestorben waren, weil sie eine zu kräftige Nahrung verschlungen hatten. Er hatte den Mut, das Stück Brot wieder auf den Tisch zu legen, und begab sich auf sein Lager zurück: Er wollte nicht mehr sterben.
    Bald fühlte er, daß es in seinem Kopf wieder klarer wurde; er sagte sich: Ich muß dahinterkommen, ohne dabei einen Genossen, der etwa an seiner Befreiung arbeiten sollte, zu verraten. Rührt das Geräusch von Arbeitern her, so brauche ich nur an meine Wand zu klopfen, und sie werden in ihrer Arbeit innehalten, um zu erraten, wer klopft und zu welchem Zwecke geklopft wird, dann aber ihre Arbeit wieder aufnehmen. Ist es dagegen ein Gefangener, so wird ihn das Geräusch erschrecken; er wird fürchten, entdeckt zu werden, zu arbeiten aufhören und erst heute abend, wenn er glauben wird, daß alles schläft, wieder damit beginnen.
    Edmund stand wieder auf. Diesmal schwankten seine Beine nicht, und kein Schleier war vor seinen Augen. Er ging nach einem Winkel seines Kerkers und löste einen lose sitzenden Stein.
    Mit diesem klopfte er dann dreimal an die Stelle der Mauer, wo das Geräusch am lautesten vernehmbar war.
    Beim ersten Schlag hatte das Geräusch aufgehört.
    Edmund horchte mit ganzer Seele. Eine Stunde verfl oß, zwei Stunden, kein neues Geräusch ließ sich hören.
    Voll von Hoff nung aß der junge Mann etwas von dem Brote, trank etwas Wasser, und dank seiner gesunden Natur kehrten seine Kräfte bald wieder zurück.
    Der Tag verstrich; alles blieb still.
    Die Nacht brach an, ohne daß das Geräusch wieder begonnen hätte.
    Es ist ein Gefangener! sagte sich Edmund mit grenzenloser Freude.
    Die Nacht verging, ohne daß das geringste Geräusch sich hören ließ.
    Edmund schloß in dieser Nacht kein Auge.
    Der Tag brach an; der Wärter brachte das Frühstück. Edmund hatte schon die alte Nahrung verschlungen; er verschlang die neue.
    Er wanderte in seinem Kerker umher und lauschte immer wieder fi eberhaft, ob das Geräusch nicht wiederkehre.
    Drei Tage vergingen, zweiundsiebzig tödlich lange Stunden.
    Endlich, eines Abends, als der Wärter eben seinen letzten Besuch gemacht hatte und Dantès zum hundertstenmal sein Ohr an die Mauer preßte, schien es ihm, als ob er eine unmerkliche Erschütterung wahrnähme. Er fuhr zurück, ging, um seine Aufregung zu meistern, einigemal in der Zelle auf und ab und legte dann sein Ohr an die gleiche Stelle.
    Kein Zweifel mehr, an der anderen Seite ging etwas vor! Der Gefangene hatte jedenfalls die Gefahr seines bisherigen Arbeitens erkannt und ging in anderer Weise vor; sicher benutzte er der größeren Sicherheit wegen jetzt einen Hebel anstatt den Meißel.
    Durch diese Entdeckung ermutigt, beschloß Edmund, dem unermüdlichen Arbeiter zu Hilfe zu kommen. Er schob sein Bett von der Wand ab und sah sich nach einem Gegenstand um, mit dem er die Mauer angreifen, den feuchten Zement abkratzen und einen Stein herauslösen könnte.
    Nichts bot sich seinem Blick. Messer oder dergleichen hatte er nicht; in seinem Kerker befanden sich nur ein Bett, ein Stuhl, ein Tisch, ein Eimer und ein Krug. Am Bett waren allerdings eiserne Zapfen angeschraubt, doch er hätte, um sie zu lösen, einen Schrau-benzieher haben müssen. Am Tisch und am Stuhl befand sich kein Eisen; der Eimer hatte früher einen Henkel gehabt, der jetzt abgenommen worden war.
    Dantès blieb nur ein Mittel; er ließ den Krug auf den Stein fallen, der Krug zerbrach. Dantès suchte einige spitze Scherben aus und versteckte sie in seinem Strohsack.
    Edmund hatte die ganze Nacht Zeit zum Arbeiten; aber in der Dunkelheit kam er nicht voran, und er merkte bald, daß er seinen Scherben auf einem härteren Stein stumpf machte. Er rückte

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