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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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durch das Gewölbe zu vernehmen.
    »Oh, ich bin ein guter Christ«, rief er, »ich schwöre es Ihnen bei Jesu Christo, daß ich mich lieber töten lassen würde, ehe ich Ihre und meine Henker auch nur etwas von der Wahrheit merken lie-
    ße! Aber im Namen des Himmels, berauben Sie mich nicht Ihrer Gegenwart, Ihrer Stimme, oder, das schwöre ich Ihnen, denn ich bin mit meiner Kraft am Ende, ich renne mir den Kopf an der Mauer ein, und Sie haben meinen Tod auf dem Gewissen!«
    »Wie alt sind Sie? Ihre Stimme scheint die eines jungen Mannes zu sein.«
    »Ich weiß nicht, wie alt ich bin, denn ich habe, seit ich hier bin, die Zeit nicht berechnet. Ich weiß nur, daß ich neunzehn Jahre wurde, als ich am achtundzwanzigsten Februar  verhaftet wurde.«
    »Noch nicht ganz sechsundzwanzig«, murmelte die Stimme. »Nun, in dem Alter ist man kein Verräter.«
    »O nein, nein, ich schwöre es Ihnen!« wiederholte Dantès. »Ich habe es Ihnen schon gesagt und sage es nochmals, ich lasse mich lieber in Stücke schneiden, als daß ich Sie verriete.«
    »Sie haben gut daran getan, daß Sie zu mir sprachen und mich baten«, sagte der Unbekannte; »denn ich wollte einen anderen Plan machen und mich von Ihnen entfernen. Aber Ihr Alter beruhigt mich, ich werde wiederkommen, erwarten Sie mich.«
    »Wann?«
    »Ich muß erst überlegen; ich werde Ihnen ein Zeichen geben.«
    »Aber lassen Sie mich nicht im Stich! Sie lassen mich nicht allein, Sie kommen zu mir oder gestatten, daß ich zu Ihnen komme? Wir fl iehen zusammen, und wenn wir nicht fl iehen können, sprechen wir, Sie von denen, die Sie lieben, und ich von denen, die ich liebe.
    Sie müssen doch jemand lieben?«
    »Ich bin allein auf der Welt.«
    »Dann werden Sie mich lieben; wenn Sie jung sind, werde ich Ihr Kamerad sein, wenn Sie alt sind, Ihr Sohn. Ich habe einen Vater, der siebzig Jahre alt sein muß, wenn er noch lebt; ich habe nur ihn und ein junges Mädchen namens Mercedes geliebt. Mein Vater hat mich nicht vergessen, dessen bin ich sicher; aber sie, Gott weiß, ob sie noch an mich denkt. Ich werde Sie lieben, wie ich meinen Vater liebte.«
    »Schön«, sagte der Gefangene, »auf morgen.«
    Diese wenigen Worte waren in einem Ton gesprochen, der Dantès überzeugte. Er erhob sich, beseitigte mit derselben Vorsicht wie frü-
    her den Schutt von der Mauer und rückte sein Bett wieder an seinen alten Platz.
    Dantès gab sich ganz seinem Glück hin. Von nun ab würde er nicht mehr allein sein, vielleicht sogar frei werden.
    Den ganzen Tag ging er freudevollen Herzens in seinem Kerker auf und ab. Oft klopfte ihm das Herz so heftig, daß er sich auf das Bett setzen und die Hand auf die Brust drücken mußte. Einige Male überkam ihn die Furcht, daß man ihn von diesem Manne, den er nicht kannte und doch schon wie einen Freund liebte, trennen könnte. Dann war er entschlossen, falls der Kerkermeister sein Bett abrücken und sich nach der Öff nung bücken sollte, ihm den Kopf mit dem Stein, auf dem sein Krug stand, zu zerschmettern.
    Er wußte wohl, daß er dann zum Tode verurteilt werden würde; aber er hatte ja vor Langeweile und Verzweifl ung sterben wollen in dem Augenblick, da das merkwürdige Geräusch ihn dem Leben wiedergegeben hatte.
    Am Abend kam der Wärter; Dantès lag auf seinem Bett, er glaubte so am besten die unvollendete Öff nung bewachen zu können.
    Jedenfalls sah er den Wärter seltsam an, denn dieser sagte:
    »Na, wollen Sie wieder verrückt werden?«
    Dantès antwortete nicht, da er fürchtete, daß seine erregte Stimme ihn verraten könnte.
    Der Wärter verließ ihn kopfschüttelnd.
    Die Nacht kam. Dantès hatte geglaubt, daß sein Nachbar die Stille und Dunkelheit benützen würde, um die Unterhaltung mit ihm fortzusetzen, aber er täuschte sich; die Nacht verging in fi eberhafter Erwartung, ohne daß sich ein Geräusch vernehmen ließ. Doch am folgenden Morgen, als er nach dem Besuch des Kerkermeisters eben sein Bett abgerückt hatte, hörte er in gleichmäßigen Pausen drei Schläge. Er stürzte auf die Knie.
    »Sind Sie es?« fragte er. »Ich bin hier.«
    »Ist Ihr Wärter fort?« fragte die Stimme.
    »Ja«, antwortete Dantès; »er kommt erst am Abend wieder, wir haben zwölf Stunden für uns.«
    »Ich kann also handeln?« fragte die Stimme.
    »Ja, ja, ohne Zögern, sofort, ich beschwöre Sie!«
    Sofort schien die Erde, auf die Dantès, der halb in der Öff nung steckte, seine Hände gestützt hatte, unter ihm zu weichen; er warf sich

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