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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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gelungene List und faltete die Hände unter der Decke.
    Er hatte bemerkt, daß, seit er angefangen hatte zu arbeiten, der andere Gefangene nicht mehr arbeitete.
    Nun, wenn sein Nachbar nicht zu ihm kam, so wollte er zu seinem Nachbarn gehen.
    Den ganzen Tag arbeitete er unausgesetzt. Am Abend hatte er, dank seinem neuen Werkzeug, mehr als zehn Hände voll von Bruchsteinen und Mörtel aus der Mauer geholt.
    Als die Zeit für den Besuch des Wärters kam, richtete er so gut wie möglich den verbogenen Griff der Kasserolle wieder gerade und stellte das Gefäß an seinen gewohnten Platz. Der Kerkermeister goß Suppe und Fisch – denn heute war einer der drei Fastentage in der Woche – in die Kasserolle und ging wieder.
    Diesmal wollte Dantès sich versichern, ob sein Nachbar wirklich aufgehört hatte zu arbeiten.
    Er horchte.
    Alles war still wie in jenen drei Tagen, da die Arbeit unterbrochen worden war.
    Dantès seufzte; sein Nachbar war off enbar mißtrauisch geworden.
    Indessen ließ er sich nicht entmutigen, sondern fuhr die ganze Nacht fort zu arbeiten; aber nach zwei oder drei Stunden traf er auf ein Hindernis.
    Das Eisen faßte nicht mehr, sondern glitt auf einer ebenen Fläche ab.
    Dantès befühlte das Hindernis mit der Hand und erkannte, daß er auf einen Balken gestoßen war.
    Jetzt mußte er drüber- und drunterweg arbeiten.
    An solch ein Hindernis hatte der unglückliche junge Mann nicht gedacht.
    »O mein Gott, mein Gott!« rief er. »Nachdem du mir die Freiheit des Lebens, nachdem du mir die Ruhe des Todes genommen hast, erbarme dich meiner, mein Gott, laß mich nicht in Verzweifl ung sterben!«
    »Wer spricht von Gott und von Verzweifl ung zugleich?« ertönte eine dumpfe Stimme, die aus der Erde zu kommen schien.
    Edmund fühlte, daß ihm plötzlich die Haare zu Berge standen; er wich auf den Knien zurück.
    »Ach!« murmelte er. »Ich höre einen Menschen sprechen!«
    Seit vier, fünf Jahren hatte Edmund niemand weiter sprechen hören als seinen Wärter, und für den Gefangenen ist der Wärter kein Mensch: Er ist für ihn nichts anderes als das Tor, das ihm den Ausgang verschließt, als das Gitter, das ihn gefangenhält; nur daß er von Fleisch und Blut ist.
    »Im Namen des Himmels!« rief Edmund, »wer da gesprochen hat, sprechen Sie nochmals, obgleich Ihre Stimme mich erschreckt hat!
    Wer sind Sie?«
    »Wer sind Sie selbst?« fragte die Stimme.
    »Ein unglücklicher Gefangener«, antwortete Dantès.
    »Aus welchem Lande?«
    »Franzose.«
    »Ihr Name?«
    »Edmund Dantès.«
    »Ihr Beruf?«
    »Seemann.«
    »Seit wann sind Sie hier?«
    »Seit dem achtundzwanzigsten Februar .«
    »Ihr Verbrechen?«
    »Ich bin unschuldig.«
    »Aber wessen beschuldigt man Sie?«
    »Für die Rückkehr des Kaisers konspiriert zu haben«, war die Antwort.
    »Wie, für die Rückkehr des Kaisers! Ist denn der Kaiser nicht mehr auf dem Th
    ron?«
    »Er hat im Jahre  zu Fontainebleau abgedankt und ist nach der Insel Elba verbannt worden. Aber seit wann sind Sie denn hier, daß Sie das nicht wissen?«
    »Seit .«
    Dantès bebte. Dieser Mann war vier Jahre länger im Kerker als er.
    »Graben Sie nicht weiter«, sagte die Stimme »nur sagen Sie mir, in welcher Höhe befi ndet sich Ihr Schacht?«
    »Fast gleich mit dem Boden.«
    »Wie ist er versteckt?«
    »Hinter meinem Bett.«
    »Hat man Ihr Bett abgerückt, seit Sie im Gefängnis sind?«
    »Nein, nie.«
    »Wohinaus geht Ihre Tür?«
    »Auf einen Korridor.«
    »Und der Korridor?«
    »Auf den Hof.«
    »Ach Gott!« murmelte die Stimme.
    »O mein Gott, was ist denn?« rief Dantès.
    »Ich habe mich um fünfzehn Fuß bei meinem Plan versehen. Ich habe die Mauer, die Sie aushöhlen, für die der Zitadelle gehalten.«
    »Dann wären Sie ja aber nach dem Meer zu hinausgekommen.«
    »Das wollte ich auch.«
    »Und wenn es Ihnen gelungen wäre?«
    »Dann wäre ich nach einer der Inseln geschwommen, die das Schloß If umgeben, nach der Insel Daume, der Insel Tiboulen oder auch nach der Küste, und ich wäre gerettet gewesen.«
    »Hätten Sie denn so weit schwimmen können?«
    »Gott hätte mir die Kraft gegeben, und jetzt ist alles verloren.«
    »Alles?«
    »Ja. Machen Sie Ihr Loch wieder sorgfältig zu, arbeiten Sie nicht mehr, tun Sie nichts und erwarten Sie Nachricht von mir.«
    »Wer sind Sie wenigstens …? Sagen Sie mir, wer Sie sind!«
    »Ich bin … ich bin … Nummer  …«
    »Sie trauen mir also nicht?«
    Edmund glaubte ein bitteres Lachen

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