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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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ich nicht mehr wüßte, wohin ich noch mit einer Handvoll Staub sollte? Wissen Sie endlich, daß ich ans Ziel meiner Arbeit zu gelangen glaubte, daß ich mich gerade kräftig genug fühlte, um sie zu vollenden, und daß Gott nun nicht nur dieses Ziel hinausschiebt, sondern ich weiß nicht wohin verlegt? Ach, ich sage Ihnen, ich tue von nun an nichts mehr, um meine Freiheit wiederzuerlangen, da es Gottes Wille ist, daß sie auf ewig verloren sei.«
    Edmund ließ den Kopf sinken, um den alten Mann nicht merken zu lassen, daß er sich über seinen Mißerfolg nicht mit ihm grämen konnte. Die Freude, einen Gefährten gefunden zu haben, war stärker als sein Mitgefühl.
    Der Abbé Faria ließ sich auf Edmunds Bett sinken, während Edmund stehen blieb.
    Der junge Mann hatte nie an Flucht gedacht. Es gibt Dinge, die so unmöglich erscheinen, daß man nicht einmal auf den Gedanken kommt, sie zu versuchen. Fünfzig Fuß sich unter der Erde fortzu-graben, auf diese Arbeit drei Jahre zu verwenden, und dann an einer senkrecht zum Meere abfallenden Felswand herauskommen! Sich fünfzig, sechzig, hundert Fuß vielleicht hinabzustürzen und sich den Kopf an einem Felsen zerschmettern, wenn man nicht schon vorher von der Kugel einer Schildwache getötet worden war! Und wenn man allen diesen Gefahren entronnen war, eine Meile schwimmend zurücklegen. Das war zu viel, um nicht den Mut zu verlieren.
    Aber jetzt, da der junge Mann sah, wie ein Greis mit verzweifelter Entschlossenheit vor nichts zurückschreckte, um die Freiheit zu gewinnen, begann er nachzudenken und seine Kräfte zu wägen.
    »Ich habe gefunden, was Sie suchten«, sagte er nach einem Augenblick zu dem Greise.
    Faria wurde aufmerksam.
    »Sie?« fragte er, indem er mit einer Miene aufsah, die merken ließ, daß, wenn Dantès die Wahrheit spräche, seine Mutlosigkeit nicht von langer Dauer sein würde. »Sie? Lassen Sie hören, was haben Sie gefunden?«
    »Der Korridor, den Sie durchbrochen haben, läuft in derselben Richtung wie die Außengalerie, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Er kann nur etwa fünfzehn Schritt davon entfernt sein?«
    »Höchstens.«
    »Nun wohl, ungefähr in der Mitte des Korridors brechen wir einen Gang im rechten Winkel. Diesmal nehmen Sie Ihre Maße besser.
    Wir kommen auf die Außengalerie hinaus, töten die Schildwache und entweichen. Zum Gelingen dieses Planes bedarf es nur Mutes, den haben Sie, nur Kraft, an der fehlt es mir nicht. Von Geduld spreche ich nicht, Sie haben darin Ihre Probe abgelegt, und ich werde die meine ablegen.«
    »Einen Augenblick«, antwortete der Abbé. »Sie haben nicht ge-wußt, welcher Art mein Mut ist und welchen Gebrauch ich von meiner Kraft zu machen gedenke. Aber hören Sie mich wohl, junger Mann: Ich glaubte, Gott zu dienen, indem ich eins seiner Geschöpfe befreite, welches, da es unschuldig ist, nicht hatte verdammt werden können.«
    »Nun«, fragte Dantès, »ist nicht alles noch geradeso wie vorher, und fühlen Sie sich etwa schuldig, seit Sie mich getroff en haben?«
    »Nein, aber ich will es nicht werden. Ich habe eine Mauer und eine Treppe durchbrechen können, aber ich werde keine Brust durch-bohren und kein Leben zerstören.«
    Dantès machte eine leichte Bewegung der Überraschung.
    »Wie«, fragte er, »Sie würden sich durch solch Bedenken zurückhalten lassen, wenn es um Ihre Freiheit geht?«
    »Aber Sie selbst«, entgegnete Faria, »warum haben Sie nicht eines Abends Ihren Kerkermeister mit dem Bein Ihres Tisches erschlagen, seine Kleider angezogen und zu fl iehen versucht?«
    »Weil ich nicht auf den Gedanken gekommen bin«, antwortete Dantès.
    »Weil Sie solchen instinktmäßigen Abscheu vor einem derarti-gen Verbrechen haben, daß Sie nicht einmal daran dachten!« sagte der Alte.
    Dantès war verwirrt.
    »Und dann«, fuhr Faria fort, »habe ich seit bald zwölf Jahren, die ich im Kerker bin, alle berühmten Entweichungen an meinem Geiste vorbeiziehen lassen; die von Erfolg gekrönten sind die sorgfältig erwogenen und langsam ausgeführten. Freilich gibt es auch solche, wo der Zufall die Hand bot; das sind die besten. Warten wir eine Gelegenheit ab, und wenn sie sich darbietet, nutzen wir sie.«
    »Sie haben abwarten können«, sagte Dantès seufzend; »die lange Arbeit gab Ihnen Beschäftigung, und wenn Sie nicht Ihre Arbeit hatten, um sich zu zerstreuen, so hatten Sie Ihre Hoff nungen, um sich zu trösten.«
    »Dann beschäftigte ich mich auch nicht nur damit«, bemerkte der Abbé.
    »Was taten Sie

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