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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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jungen Genossen außer den anderen Kenntnissen auch jenes geduldige und erhabene Gewerbe des Gefangenen gelehrt, der aus nichts etwas zu machen versteht. Sie beschäftigten sich also unausgesetzt, Faria aus Furcht davor, gänzlich hinfällig zu werden, Dantès aus Furcht davor, sich seiner fast erloschenen Vergangenheit zu erinnern.
    Eines Nachts erwachte Edmund plötzlich und glaubte zu hören, daß man ihn gerufen habe.
    Er öff nete die Augen und versuchte die Dunkelheit zu durchdringen.
    Eine klagende Stimme, die sich bemühte, seinen Namen zu sprechen, drang zu ihm.
    Er richtete sich auf und lauschte, während ihm der Angstschweiß auf der Stirn stand. Kein Zweifel, die Klagelaute kamen aus dem Kerker seines Gefährten.
    Dantès rückte sein Bett ab, zog den Stein aus der Öff nung, stieg eiligst in den Gang und kam am andern Ende an; die Platte war in die Höhe gehoben.
    Beim Licht der kleinen Lampe, die sich der Abbé selbst gemacht hatte, sah Edmund den Greis. Er hielt sich noch aufrecht und klammerte sich totenbleich an die Pfosten seines Betts. Seine Züge waren von jenen schrecklichen Symptomen verzerrt, die Edmund schon kannte und die ihn beim erstenmal so erschreckt hatten.
    »Nun, lieber Freund«, sagte Faria ergebungsvoll, »Sie verstehen, nicht wahr? Ich brauche Ihnen nichts mehr zu sagen!«
    Edmund stieß einen Schreckensruf aus und wollte, völlig den Kopf verlierend, nach der Tür stürzen, indem er »Hilfe! Hilfe!« rief.
    Faria hatte noch die Kraft, ihn am Arm zurückzuhalten.
    »Ruhig«, sagte er, »oder Sie sind verloren. Lassen Sie uns jetzt nur noch an Sie denken, daran, Ihnen Ihre Gefangenschaft erträglich oder eine Flucht möglich zu machen. Sie bedürften Jahre, um alles das noch einmal zu machen, was ich hier gemacht habe und was, wenn unsere Wächter von unserem Einvernehmen erführen, sofort vernichtet würde. Übrigens beruhigen Sie sich, lieber Freund, der Kerker, den ich zu verlassen im Begriff bin, wird nicht lange leer bleiben; ein anderer Unglücklicher wird meine Stelle einnehmen.
    Diesem anderen werden Sie wie ein rettender Engel erscheinen. Er wird vielleicht jung, stark und geduldig sein wie Sie und Ihnen bei Ihrer Flucht helfen können, während ich sie doch nur verhindert habe; Sie werden dann nicht mehr an eine halbe Leiche gebunden sein, die Ihre Bewegungen hemmt. Gott tut endlich etwas für Sie, er gibt Ihnen mehr, als er Ihnen nimmt, und es ist Zeit, daß ich sterbe.«
    Edmund vermochte nur die Hände zu falten und zu bitten:
    »O mein Freund, mein Freund, schweigen Sie!«
    Dann fand er seine Kraft und seinen Mut wieder.
    »Oh«, sagte er, »ich habe Sie schon einmal gerettet und werde Sie zum zweitenmal retten.«
    Und er hob den Fuß des Bettes hoch und nahm das Fläschchen heraus, das noch zu einem Drittel mit der roten Flüssigkeit gefüllt war.
    »Sehen Sie«, sagte er, »es ist noch etwas von dem rettenden Trank da. Sagen Sie mir schnell, was ich diesmal zu tun habe. Sind neue Anweisungen zu beachten? Sprechen Sie, schnell, schnell!«
    »Es ist keine Hoff nung mehr«, antwortete Faria, den Kopf schüttelnd, »doch einerlei, Gott will, daß der Mensch, den er geschaf-fen und dem er die Liebe zum Leben ins Herz gepfl anzt hat, sein möglichstes tue, um dieses manchmal so mühselige Dasein zu erhalten.«
    »Ja, ja«, rief Dantès, »und ich werde Sie retten!«
    »Wohlan, versuchen Sie es denn! Der Frost ergreift mich; ich füh-le das Blut nach dem Gehirn strömen; das entsetzliche Zittern be-ginnt meinen ganzen Körper zu schütteln; in fünf Minuten wird das Übel mich ergreifen, in einer Viertelstunde wird nur noch eine Leiche von mir übrig sein.«
    »Gott! O Gott!« rief Dantès, dem der Schmerz das Herz zerriß.
    »Verfahren Sie geradeso wie das erstemal, nur warten Sie nicht so lange. Die Lebenskräfte sind jetzt sehr gering, und der Tod«, fuhr der Greis, auf seine gelähmten Glieder zeigend, fort, »braucht nur noch die halbe Arbeit zu verrichten. Gießen Sie mir zwölf statt zehn Tropfen in den Mund, und sehen Sie dann, daß ich nicht wieder zu mir komme, so fl ößen Sie mir auch den Rest ein. Jetzt tragen Sie mich auf mein Bett, denn ich kann mich nicht mehr aufrecht halten.«
    Edmund nahm den Greis in die Arme und legte ihn auf das Bett.
    »Und nun«, sagte Faria, »Freund, einziger Trost meines kum-mervollen Lebens, Sie, den der Himmel mir gesandt hat: In dem Augenblick, wo ich für immer von Ihnen scheide, wünsche ich Ihnen alles Glück, alles

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