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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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sorgfältig und fl oh in seine Zelle, nachdem er die Steinplatte, so gut es ging, wieder über seinem Kopf eingefügt hatte.
    Es war übrigens Zeit, denn der Wärter mußte bald kommen.
    Diesmal begann er seinen Rundgang bei Dantès, von dessen Kerker aus er sich nach der Zelle Farias begab, dem er Frühstück und Wäsche brachte.
    Nichts deutete übrigens darauf hin, daß der Mann von dem Unglück Kenntnis hatte. Er entfernte sich wieder.
    Dantès wurde von einer unbeschreiblichen Ungeduld ergriff en zu wissen, was sich in dem Kerker seines unglücklichen Freundes zutragen würde; er stieg deshalb wieder in den unterirdischen Gang und kam gerade zurecht, um zu hören, wie der Schließer die anderen herbeirief.
    Bald kamen die anderen Schließer; dann hörte man den schweren und regelmäßigen Schritt von Soldaten. Hinter den Soldaten kam der Gouverneur.
    Edmund hörte, wie der Leichnam auf dem Bett hin und her bewegt wurde; er hörte die Stimme des Gouverneurs, der befahl, dem Leblosen Wasser ins Gesicht zu spritzen. Da er sah, daß der Gefangene trotzdem nicht wieder zu sich kam, ließ er den Arzt holen.
    Der Gouverneur ging, und einige Worte der Teilnahme, untermischt mit Lachen und Spotten, gelangten an Dantès’ Ohr.
    »Na«, sagte der eine, »der Verrückte ist zu seinen Schätzen gegangen; glückliche Reise!«
    »Er wird bei all seinen Millionen nicht so viel haben, um sein Totentuch zu bezahlen«, sagte ein anderer.
    »Oh«, entgegnete eine dritte Stimme, »die Totentücher des Schlosses If sind nicht teuer.«
    »Vielleicht stürzt man sich seinetwegen in Unkosten, da er ein Mann der Kirche war.«
    »Dann wird er die Ehre des Sackes haben.«
    Edmund horchte, ohne ein Wort zu verlieren, verstand aber von alledem nicht viel. Bald schwiegen die Stimmen, und es schien ihm, als ob die Anwesenden die Zelle verließen. Er wagte jedoch nicht hineinzugehen; man konnte einen Schließer zur Bewachung des Toten zurückgelassen haben.
    Er blieb deshalb stumm und unbeweglich auf derselben Stelle und hielt den Atem an.
    Nach ungefähr einer Stunde wurde die Stille durch ein Geräusch unterbrochen.
    Es war der Gouverneur, der, gefolgt von dem Arzt und mehreren Offi zieren, zurückkam.
    Ein Augenblick der Stille entstand; der Arzt ging an das Bett und untersuchte die Leiche.
    Bald begannen die Fragen.
    Der Arzt analysierte das Übel, von dem der Gefangene befallen war, und erklärte ihn für tot.
    Fragen und Antworten geschahen mit einer Gleichgültigkeit, die Dantès empörte; ihm war es, als ob jeder für den armen Abbé einen Teil der Liebe empfi nden müßte, die er für ihn hegte.
    »Es tut mir leid, was Sie mir da ankündigen«, sagte der Gouverneur zu dem Arzt, »es war ein ruhiger, harmloser Gefangener, spaßig in seiner Verrücktheit und besonders leicht zu überwachen.«
    »Oh«, meinte der Schließer, »man hätte ihn gar nicht zu überwachen brauchen, er wäre fünfzig Jahre hier geblieben, ohne auch nur einen Fluchtversuch zu unternehmen, dafür bürge ich.«
    »Indessen«, nahm der Gouverneur wieder das Wort, »ohne an Ihrer Wissenschaft zu zweifeln, wäre es doch meiner eigenen Ver-antwortlichkeit wegen erforderlich, uns zu versichern, daß er auch wirklich tot ist.«
    Es entstand eine Stille, während der, wie der horchende Dantès glaubte, der Arzt zum zweitenmal die Leiche untersuchte.
    »Sie können beruhigt sein«, sagte der Arzt dann; »er ist tot, dafür bürge ich.«
    »Sie wissen«, antwortete der Gouverneur, »daß wir uns in ähnlichen Fällen nicht mit der einfachen Untersuchung begnügen; erledigen Sie also trotz allen Anscheins die Formalitäten, die das Gesetz vorschreibt.«
    »Dann mache man die Eisen heiß«, sagte der Arzt; »aber es ist wahrhaftig eine überfl üssige Vorsicht.«
    Dieser Befehl, die Eisen heiß zu machen, ließ Dantès erbeben.
    Man hörte schnelle Schritte und das Knarren der Tür. Nach einigen Augenblicken trat ein Schließer ein und sagte:
    »Hier ist die Kohlenpfanne mit einem Eisen.«
    Einen Augenblick war alles still, dann hörte man das Zischen ver-brannten Fleisches, und der ekelhafte Geruch drang selbst durch die Mauer, hinter der Dantès mit Entsetzen lauschte.
    Bei diesem Geruch von verkohltem Menschenfl eisch trat dem jungen Mann der Schweiß auf die Stirn, und er glaubte ohnmächtig zu werden.
    »Sie sehen, daß er tot ist«, sagte der Arzt; »dieses Brennen am Hacken ist entscheidend; der arme Verrückte ist von seiner Narrheit geheilt und seiner Gefangenschaft

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