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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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beiden Männer, die an das Bett heran-getreten waren, packten den Sack an einem Ende.
    »Das heißt, für einen so mageren Alten ist er noch verdammt schwer!« sagte der, der ihn am Kopfende aufhob.
    »Es heißt ja, daß die Knochen alle Jahr ein halbes Pfund schwerer werden«, sagte der andere, der ihn an den Füßen erfaßte.
    »Hast du deine Schleife gemacht?« fragte der erste.
    »Es wäre ja dumm, wenn wir uns mit überfl üssigem Gewicht be-lasten wollten«, entgegnete der zweite, »das werde ich da draußen besorgen.«
    »Du hast recht; dann los.«
    Wozu diese Schleife? fragte sich Dantès.
    Man trug den vermeintlichen Toten zu der Bahre; Edmund hielt sich steif. Er wurde auf die Bahre gelegt, und der Zug setzte sich, von dem Laternenträger geführt, in Bewegung. Es ging die Treppe hinauf. Plötzlich umwehte den Gefangenen die frische, herbe Nachtluft, und es überkam ihn ein Gefühl der Freude und Angst zugleich.
    Die Träger machten etwa zwanzig Schritte, dann hielten sie an und setzten die Bahre nieder.
    Einer der Träger entfernte sich, und Dantès hörte den Schall seiner Stiefel auf den Steinplatten.
    Wo bin ich denn? fragte er sich.
    »Weißt du, daß er durchaus nicht leicht ist!« sagte der bei Dantès Gebliebene, indem er sich auf den Rand der Bahre setzte.
    Der erste Gedanke Dantès’ war gewesen zu entweichen; zum Glück blieb er still.
    »Leuchte mir doch, Esel«, sagte der Träger, der sich entfernt hatte,
    »sonst fi nde ich nie, was ich suche!«
    Der Mann mit der Laterne gehorchte.
    Was sucht er denn? fragte sich Dantès. Jedenfalls einen Spaten!
    Ein Ausruf der Befriedigung zeigte an, daß der Totengräber das Gesuchte gefunden hatte.
    »Endlich!« sagte der andere. »Das hat Mühe gekostet.«
    »Ja, aber er wird durch das Warten nichts versäumt haben.«
    Bei diesen Worten näherte sich der Mann Dantès, der einen schweren Gegenstand neben sich niedersetzen hörte. In demselben Augenblick wurde ihm ein Strick fest und schmerzhaft um die Füße geschnürt.
    »Nun, hast du die Schleife festgemacht?« fragte der eine Träger.
    »Und das ordentlich, dafür bürge ich«, antwortete sein Kamerad.
    »Dann los!«
    Die Bahre wurde wieder aufgenommen, und es ging weiter.
    Nach etwa fünfzig Schritten wurde haltgemacht und eine Tür ge-
    öff net, dann ging es wieder weiter. Das Geräusch der Wogen, die sich an den Felsen brachen, tönte, je weiter sie kamen, immer deutlicher an Dantès’ Ohr.
    »Ekliges Wetter!« sagte einer der Träger. »Es wird diese Nacht nicht angenehm im Meer sein.«
    »Ja, der Abbé läuft Gefahr, eingeweicht zu werden«, antwortete der andere, worauf beide laut lachten.
    Dantès verstand den Witz nicht so recht, aber das Haar sträubte sich ihm trotzdem.
    »Gut, da wären wir!« nahm der erste wieder das Wort.
    »Noch weiter, noch weiter«, sagte der andere; »du weißt doch, daß der letzte unterwegs geblieben ist, an den Felsen zerschmettert, und der Gouverneur uns am andern Morgen Faulpelze nannte.«
    Man machte noch vier oder fünf Schritte, immer aufwärts, dann fühlte Dantès, daß man ihn am Kopf und an den Füßen nahm und schwenkte.
    »Eins!« sagte der Totengräber.
    »Zwei!«
    »Drei!«
    Zu gleicher Zeit fühlte sich Dantès in eine ungeheure Leere geschleudert. Er fühlte, daß er fi el, immer tiefer fi el, während das Entsetzen ihm das Herz erstarren machte. Obgleich er durch etwas Schweres, das seinen Fall beschleunigte, nach unten gezogen wurde, schien ihm dieser Sturz doch ein Jahrhundert zu dauern. Endlich fi el er mit einem entsetzlichen Geräusch in ein eisiges Wasser. Er stieß einen Schrei aus, der aber in demselben Augenblick durch das Wasser, in das er versank, erstickt wurde.
    Dantès war ins Meer geworfen worden, auf dessen Grund ihn eine an seinen Füßen befestigte sechsunddreißigpfündige Kugel hinabzog.
    Das Meer ist der Friedhof des Schlosses If.
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    Betäubt, fast erstickt, hatte Dantès doch die Geistesgegenwart, den Atem anzuhalten, und da er, auf alle Fälle vorbereitet, sein Messer in der rechten Hand bereithielt, schnitt er im Nu den Sack auf, steckte den Arm und dann den Kopf hinaus, fühlte sich aber trotz seiner Bewegungen, um die Kugel abzuschütteln, immer weiter nach unten gezogen. Dann bückte er sich, suchte den Strick, der seine Beine zusammenband, und durchschnitt ihn mit gewaltiger Anstrengung gerade in dem Augenblick, da er zu ersticken drohte; durch eine kräftige Beinbewegung

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