Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
Flüchtlings aufnehmen, der, wie man weiß, nicht weit sein kann. Ein Kanonenschuß wird die ganze Küste benachrichtigen, daß man einem Menschen, den man nackend und hungernd um-herirren fi ndet, keine Zufl ucht geben soll. Die Polizei von Marseille wird benachrichtigt werden und die Küste absuchen, während der Gouverneur des Schlosses If das Meer kontrollieren läßt. Was soll dann aus mir werden? Ich habe Hunger, mich friert, ich habe das rettende Messer weggeworfen, das mir beim Schwimmen hinder-lich war; ich bin der Gnade des ersten Bauern überlassen, der sich zwanzig Franken mit meiner Auslieferung verdienen will. Ich habe weder Kraft noch einen Gedanken.
    In diesem Augenblick sah er an der Spitze der Insel Pommègue ein kleines Fahrzeug erscheinen, welches nur das Auge eines Seemanns auf der noch halbdunklen Linie des Meeres als eine genuesische Tartane erkennen konnte. Sie kam aus dem Marseiller Hafen.
    »Oh!« rief Edmund. »In einer halben Stunde hätte ich das Schiff erreicht, wenn ich nicht fürchtete, befragt, als Flüchtling erkannt und nach Marseille zurückgebracht zu werden. Was soll ich tun?
    Was sagen? Welches Märchen erfi nden, um sie zu täuschen? Diese Leute sind alle Schmuggler, halbe Piraten, denen der angebliche Küstenhandel nur als Deckmantel dient; sie würden mich lieber verkaufen als eine gute Tat tun, die ihnen nichts einbringt. Es ist besser zu warten. Warten wir! Aber warten ist eine Unmöglichkeit; ich sterbe vor Hunger; in einigen Stunden werden die mir noch gebliebenen Kräfte erschöpft sein! Zudem naht die Stunde, zu der der Schließer in meine Zelle kommt; noch ist kein Alarm geschlagen, vielleicht ahnt man nichts. Ich kann mich für einen der Matrosen dieses kleinen Fahrzeugs ausgeben, das heute nacht hier zerschellt ist. Diese Fabel ist nicht unwahrscheinlich, niemand wird kommen, um mir zu widersprechen, denn sie sind alle ertrunken. Wohlan denn!«
    Dantès wandte die Augen nach der Stelle, wo das kleine Fahrzeug zerschellt war, und fuhr zusammen. An einer Felsenkante war die phrygische Mütze eines der schiff brüchigen Matrosen hängenge-blieben, und ganz dicht daneben schwammen einige Balken des Schiff skörpers.
    In einem Augenblick war Dantès’ Entschluß gefaßt; er schwamm auf die Mütze zu, setzte sie auf, ergriff einen der Balken und schlug schwimmend die Richtung ein, in der er den Kurs des Fahrzeugs kreuzen mußte.
    Jetzt bin ich gerettet! sagte er sich.
    Diese Überzeugung gab ihm seine Kräfte wieder.
    Bald bemerkte er die Tartane, die, da sie den Wind fast gerade gegen sich hatte, zwischen dem Schloß If und dem Turm von Planier kreuzte.
    Schiff und Schwimmer näherten sich unmerklich; einmal kam das kleine Fahrzeug sogar bis auf eine Viertelseemeile an Dantès heran.
    Dantès erhob sich aus den Fluten und schwenkte seine Mütze in der Luft als Notzeichen; aber niemand auf dem Schiff , das von neuem drehte, sah ihn. Dantès wollte rufen, aber er maß mit dem Auge die Entfernung und sagte sich, daß seine Stimme bei dem Geräusch des Windes und der Wogen nicht bis zu dem Schiff gelangen würde.
    Obgleich Dantès der Route, die das Fahrzeug verfolgte, ziemlich sicher war, begleitete er es doch ängstlich mit den Augen, bis er es wieder umlegen und von neuem auf sich zukommen sah.
    Er schwamm dem Schiff entgegen; aber ehe er es erreicht hatte, begann es wieder beizudrehen.
    Sofort erhob sich Dantès mit gewaltiger Anstrengung fast ganz aus dem Wasser, schwenkte seine Mütze und ließ jenen klagenden Ruf ertönen, wie ihn die Seeleute in der Not ausstoßen.
    Diesmal sah und hörte man ihn. Die Tartane unterbrach ihr Manöver und wandte den Schnabel nach seiner Seite. Zugleich sah er, daß man sich anschickte, ein Boot ins Meer zu lassen.
    Einen Augenblick darauf kam das mit zwei Leuten bemannte Boot auf ihn zu. Dantès ließ den Balken, dessen er nicht mehr zu bedürfen glaubte, fahren und holte kräftig aus, um den Ankommenden die Hälfte des Weges zu ersparen.
    Er hatte indessen seine Kräfte überschätzt; seine Arme und Beine begannen steif zu werden, seine Bewegungen wurden schwer und unregelmäßig, seine Brust keuchte.
    Er stieß einen lauten Schrei aus; die beiden Ruderer verdoppelten ihre Anstrengung, und einer rief ihm auf italienisch zu: »Mut!«
    Er hörte das Wort in dem Augenblick, da eine Woge, die zu nehmen er nicht mehr die Kraft hatte, ihm über den Kopf ging und ihn mit Schaum bedeckte.
    Er kam wieder hoch, schlug das Meer mit den

Weitere Kostenlose Bücher