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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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verschiedenen Palästen und Häusern besteht und sich nach Abzug dieser zwanzig Millionen und der meinen Dienern ausgesetzten Legate noch auf ungefähr sechzig Millionen beläuft.«
    Er beendete die letzte Zeile, als ein Aufschrei ihm die Feder aus der Hand fallen ließ.
    »Haidee«, sagte er, »du hast gelesen?«
    Das junge Mädchen war durch das Tageslicht erwacht und hatte sich dem Grafen genähert, ohne daß er ihre leichten Schritte auf dem Teppich gehört hatte.
    »Oh, Herr«, sagte sie, die Hände faltend, »warum schreibst du so um diese Stunde? Warum vermachst du mir dein ganzes Vermögen?
    Du verläßt mich also?«
    »Ich will eine Reise machen, mein Engel«, entgegnete Monte Christo mit einem Ausdruck unendlicher Schwermut und Zärtlichkeit, »und wenn mir ein Unglück zustieße …«
    Der Graf hielt inne.
    »Nun?« fragte das junge Mädchen.
    »Nun, wenn mir ein Unglück zustieße, so soll meine Tochter doch glücklich sein.«
    Haidee lächelte traurig und schüttelte den Kopf. »Du denkst ans Sterben, Herr?« fragte sie.
    »Das ist ein heilsamer Gedanke, mein Kind, wie der Weise sagt«, entgegnete der Graf.
    »Nun wohl, wenn du stirbst«, sagte sie, »so vermache dein Vermö-
    gen andern, denn wenn du stirbst … brauche ich nichts mehr.«
    Sie nahm das Papier, riß es in Stücke und warf sie ins Zimmer; dann sank sie bewußtlos auf den Teppich. Monte Christo beugte sich zu ihr und hob sie in seinen Armen auf. Als er dieses schöne Gesicht erblaßt, diese schönen Augen geschlossen, diesen schönen Körper leblos sah, kam ihm zum erstenmal der Gedanke, daß sie ihn vielleicht anders als eine Tochter liebe. Ach! sagte er sich mit einem Gefühl trostloser Entmutigung. Ich hätte also noch glücklich sein können!
    Er trug Haidee in ihre Gemächer und übergab die noch immer Ohnmächtige den Händen ihrer Frauen. Dann kehrte er in sein Arbeitszimmer zurück und schrieb das zerrissene Testament von neuem nieder. Als er es versiegelt hatte, kamen Maximilian und Emanuel; es war zwanzig Minuten vor der bestimmten Zeit.
    »Ich bin vielleicht zu früh hier, Herr Graf«, sagte Morrel; »aber ich gestehe Ihnen, daß ich nicht eine Minute geschlafen habe. Ich mußte Ihre mutige Sicherheit sehen, um wieder ich selbst zu werden.«
    Monte Christo konnte diesem Beweis von Freundschaft nicht widerstehen; er reichte dem jungen Mann nicht die Hand, sondern öff nete ihm beide Arme. »Morrel«, sagte er mit bewegter Stimme,
    »es ist ein schönes Gefühl für mich, von einem Mann wie Sie geliebt zu werden. Guten Tag, Herr Emanuel. Sie kommen also mit mir, Maximilian?«
    »Hatten Sie daran gezweifelt?« fragte der junge Hauptmann.
    »Wenn ich jedoch unrecht hätte …«
    »Ich habe Sie gestern während des Auftritts mit Albert beobachtet, habe die ganze Nacht daran gedacht, wie sicher und ruhig Sie waren, und ich habe mir gesagt, daß das Recht auf Ihrer Seite sein müsse, wenn noch irgend etwas auf das Gesicht eines Mannes zu geben ist.«
    »Aber Albert ist Ihr Freund.«
    »Nur ein Bekannter, Graf.«
    »Sie haben ihn und mich an demselben Tag kennengelernt?«
    »Ja, allerdings; aber daran mußten Sie mich erst wieder erinnern.«
    »Ich danke, Morrel.« Der Graf klingelte. »Hier«, sagte er, als Ali gleich darauf erschien, »laß dies zu meinem Notar bringen. Es ist mein Testament, Morrel; wenn ich tot bin, werden Sie Kenntnis davon nehmen.«
    »Wie!« rief Morrel. »Sie tot?«
    »Muß man nicht jede Möglichkeit vorher erwägen, lieber Freund?
    Aber was haben Sie gestern noch gemacht, nachdem Sie mich verlassen hatten?«
    »Ich war bei Tortoni, wo ich, wie ich erwartet hatte, Beauchamp und Château-Renaud traf. Ich gestehe Ihnen, daß ich sie suchte.«
    »Warum, da alles abgemacht war?«
    »Hören Sie, Graf, die Sache ist ernst, unvermeidlich.«
    »Zweifelten Sie daran?«
    »Nein, die Beleidigung war öff entlich, und jeder sprach schon davon. Aber ich hoff te es zu erreichen, daß anstatt der Pistole der Säbel bestimmt werde. Die Pistole ist blind.«
    »Ist es Ihnen gelungen?« fragte Monte Christo lebhaft mit unmerk-lichem Hoff nungsschimmer.
    »Nein, denn man weiß, daß Sie ein Meister im Gebrauch des Säbels sind.«
    »Pah, wer hat mich verraten?«
    »Die Fechtmeister, die von Ihnen geschlagen worden sind.«
    »Und Ihr Bemühen war vergeblich?«
    »Sie haben es entschieden abgelehnt.«
    »Morrel«, sagte der Graf, »haben Sie mich je mit der Pistole schie-
    ßen sehen?«
    »Nein, nie.«
    »Nun, wir haben Zeit, geben

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