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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Monte Christo, »möge er nicht Gott durch irgendeine neue Beleidigung versuchen!«
    »Ich glaube nicht, daß das seine Absicht ist«, meinte Morrel.
    Der Graf trat mit Maximilian und Emanuel vor; sein ruhiges und heiteres Gesicht stand in seltsamem Gegensatz zu der Fassungs-losigkeit Alberts, der sich seinerseits, von den vier jungen Leuten gefolgt, näherte. Drei Schritt voneinander entfernt machten beide Gruppen halt.
    »Meine Herren«, sagte Albert, »treten Sie näher; ich wünsche, daß kein Wort von dem, was ich die Ehre haben werde, dem Herrn Grafen von Monte Christo zu sagen, verlorengehe; denn das, was ich ihm sagen werde, soll jedem, dem daran liegt, es zu hören, wiederholt werden, so seltsam meine Rede Ihnen auch erscheinen möge.«
    »Ich höre, mein Herr«, sagte der Graf.
    »Herr Graf«, fuhr Albert fort, dessen Stimme anfangs zitterte, dann aber allmählich sicher wurde, »ich warf Ihnen vor, daß Sie das Verhalten des Herrn von Morcerf in Epirus vor die Öff entlichkeit gebracht haben; denn so schuldig der Graf von Morcerf auch war, so glaubte ich nicht, daß Sie das Recht hatten, ihn zu bestrafen.
    Aber heute weiß ich, daß Sie dieses Recht haben. Nicht der Verrat Ferdinand Mondegos an Ali Pascha veranlaßt mich dazu, Ihnen recht zu geben, sondern der Verrat des Fischers Ferdinand an Ihnen, das unerhörte Unglück, das die Folge dieses Verrats gewesen ist. Und ich bekenne es laut: Ja, mein Herr, Sie hatten das Recht, an meinem Vater Rache zu nehmen, und ich, sein Sohn, danke Ihnen, daß Sie keine schlimmere genommen haben!«
    Wäre der Blitz mitten unter die Versammelten gefahren, sie hätten nicht mehr betroff en sein können als bei dieser Erklärung Alberts.
    Was Monte Christo betriff t, so hatte er mit dem Ausdruck unendlicher Dankbarkeit die Augen zum Himmel erhoben. Er konnte nicht genug bewundern, wie die hitzige Natur Alberts, dessen Mut er unter den römischen Banditen zur Genüge kennengelernt hatte, sich plötzlich zu dieser Demütigung verstanden hatte. Er erkannte den Einfl uß Mercedes’ und begriff nun, weshalb dieses edle Herz sich nicht widersetzt hatte, als er ihr sagte, daß er, statt Albert zu töten, sich von ihm töten lassen werde.
    »Jetzt, mein Herr«, sagte Albert, »wenn Sie fi nden, daß meine Entschuldigungen Ihnen genügen, so bitte ich um Ihre Hand. Nach der so seltsamen Tugend der Unfehlbarkeit, die Sie, wie mir scheint, besitzen, ist meiner Meinung nach die erste Tugend, sein Unrecht eingestehen zu können. Doch dieses Geständnis geht mich allein an. Ich handelte gut in den Augen der Menschen. Sie handelten gut in den Augen Gottes. Ein Engel allein konnte einen von uns vom Tode retten, und er ist vom Himmel gestiegen, wenn nicht, um aus uns beiden Freunde zu machen – ach, das ist durch das Verhängnis unmöglich –, so doch wenigstens zwei Männer, die sich achten.«
    Monte Christo reichte feuchten Auges Albert die Hand, die dieser mit einem Gefühl ehrerbietiger Scheu drückte.
    »Meine Herren«, sagte er, »der Herr Graf nimmt meine Entschuldigung gütigst an. Voreiligkeit ist eine schlechte Ratgeberin: Ich hatte schlecht gehandelt. Jetzt ist mein Fehler wiedergutgemacht.
    Ich hoff e, daß die Welt mich nicht für feig halten wird, weil ich tue, was mein Gewissen mich zu tun geheißen hat. Jedenfalls aber, wenn man sich in bezug auf mich täuschte«, fügte der junge Mann hinzu, indem er stolz den Kopf erhob, als ob er seinen Freunden und Feinden eine Herausforderung zuschleudern wollte, »so werde ich versuchen, die Meinungen wieder richtigzustellen.«
    »Was ist denn diese Nacht vorgegangen?« fragte Beauchamp den Baron von Château-Renaud. »Mir scheint, wir spielen hier eine traurige Rolle.«
    »In der Tat, was Albert da gesagt hat, ist sehr erbärmlich oder sehr schön«, sagte der Baron.
    »Was soll das heißen?« fragte Debray, zu Franz gewandt. »Wie, der Graf von Monte Christo entehrt Herrn von Morcerf und hat in den Augen des Sohnes recht gehabt? Hätte ich zehn Janina in meiner Familie, so würde ich mich für verpfl ichtet halten, mich zehnmal zu schlagen.«
    Monte Christo aber dachte, niedergedrückt von dem Gewicht vierundzwanzigjähriger Erinnerungen, weder an Albert noch an sonst jemand von den Anwesenden; er dachte an die mutige Frau, die ihn um das Leben ihres Sohnes gebeten hatte, der er das seine angeboten und die ihn gerettet hatte durch das Geständnis eines schrecklichen Familiengeheimnisses, das imstande war, in diesem jungen Mann das

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