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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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von Saint-Meran gerettet, wenn es in der Macht der Wissenschaft gelegen hätte, dies zu tun; aber sie ist tot, und ich schulde alle meine Kunst den Lebenden. Begraben wir in die tiefste Tiefe unserer Herzen dieses furchtbare Geheimnis! Sollte aber jemand den Schleier lüften, so mag man immerhin mein Schweigen meiner Unwissenheit zur Last legen. Suchen Sie jedoch trotzdem, suchen Sie eifrig, mein Freund, denn es bleibt vielleicht nicht hierbei ... Und wenn Sie den Schuldigen gefunden haben, so werde ich Ihnen sagen: Sie sind Beamter, tun Sie, was Sie wollen.
    Oh! Dank, Dank, Doktor! sagte Villefort mit unsäglicher Freude, ich habe nie einen besseren Freund gehabt, als Sie.
    Und er erhob sich, als befürchte er, der Doktor könnte von seinem Zugeständnis zurücktreten, und zog ihn nach den Hause fort. – Sie verschwanden.
    Morel streckte, als müßte er Atem schöpfen, den Kopf aus dem Gebüsche hervor, und der Mond beleuchtete sein Gesicht, das so bleich war, daß man es für ein Gespenst hätte halten können.
    Gott beschützt mich offenbar, aber auf eine furchtbare Weise! sagte er. Doch Valentine! Valentine! arme Freundin! wird sie so vielen Schmerzen widerstehen? Während er diese Worte sprach, schaute er abwechselnd das Fenster mit den roten Vorhängen an. Das Licht war fast völlig von dem Fenster mit den roten Vorhängen verschwunden. Ohne Zweifel hatte Frau von Villefort die Kerzen ausgelöscht, und die Nachtlampe allein sandte ihren Schein an die Scheiben.
    Am Ende des Gebäudes sah er dagegen eines von den drei Fenstern mit den weißen Vorhängen sich öffnen. Die auf dem Kamin stehende Kerze warf nach außen einige Strahlen ihres bleichen Lichtes, und es lehnte sich einen Augenblick jemand mit dem Ellenbogen auf den Balkon.
    Morel bebte; es kam ihm vor, als hätte er ein Schluchzen gehört.
    Man darf sich nicht darüber wundern, daß die sonst so mutige und kräftige, nun aber durch die beiden stärksten menschlichen Leidenschaften, die Liebe und die Furcht, erschütterte und überspannte Seele dergestalt geschwächt war, daß sie abergläubischen Sinnestäuschungen unterlag.
    Obgleich Maximilian unmöglich von Valentine wahrgenommen werden konnte, kam es ihm vor, als würde er von dem Schatten am Fenster gerufen; sein gestörter Geist sagte es ihm, sein glühendes Herz wiederholte es. Dieser doppelte Irrtum wurde unwiderstehlich; er trat aus seinem Versteck hervor und setzte, auf die Gefahr hin, gesehen zu werden, oder Valentine zu erschrecken, mit zwei Sprüngen über das Blumenbeet, erreichte die Reihe von Orangenbäumen, die sich vor dem Hanse ausdehnte, gelangte auf die Stufen der Freitreppe, stieg diese rasch hinauf und stieß an eine Tür, die sich ohne Widerstand vor ihm öffnete.
    Valentine hatte ihn nicht gesehen; ihre zum Himmel aufgeschlagenen Augen folgten einer silbernen Wolke, die, einem aufsteigenden Schatten ähnlich, an dem Azur hinglitt; ihr poetischer, überwallender Geist sagte ihr, es sei die Seele ihrer Großmutter.
    Morel durchschritt das Vorhaus und fand das Treppengeländer. Auf den Stufen ausgebreitete Teppiche dämpften seinen Tritt; übrigens war er zu jenem Grade von Überspannung gelangt, wo ihn selbst das Erscheinen des Herrn von Villefort nicht erschreckt hätte. Sollte sich dieser zeigen, so war Morel entschlossen, sich ihm zu nähern, seine Liebe zu gestehen und um die Einwilligung des Staatsanwalts zu bitten. Morel war verrückt.
    Zum Glück sah er niemand.
    Jetzt kam ihm die Kenntnis, die er durch Valentine vom Innern des Hauses gewonnen hatte, zu statten. Er gelangte ohne Unfall oben auf die Treppe, und hier deutete ihm ein Schluchzen, über dessen Quelle er keinen Zweifel hegte, den Weg an, dem er zu folgen hatte. Er wandte sich um; eine etwas geöffnete Tür ließ den Schein des Lichtes und den Ton einer seufzenden Stimme zu ihm dringen. Im Hintergrunde eines Alkovens, unter dem weißen Tuche, das ihren Kopf bedeckte und ihre Form hervorhob, lag die Tote, schrecklicher noch in Morels Augen seit der Enthüllung des Geheimnisses, die ihm durch Zufall zuteil geworden war.
    Neben dem Bette kniete Valentine, den Kopf in die Kissen eines Polsterstuhls vergraben. Man sah, wie sich ihr Körper von Zeit zu Zeit durch das Schluchzen emporhob; ihre starren Hände hielt sie gefaltet.
     

     
    Valentine war vom offengebliebenen Fenster weggegangen und betete ganz laut in Tönen, die auch das unempfindlichste Herz gerührt haben müßten; die Worte entschlüpften ihren Lippen,

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