Der Graf von Monte Christo
wiederholen; dann rief er: Herein! Albert erschien. Beauchamp stieß einen Ausruf der Überraschung aus, als er seinen Freund erblickte.
Willkommen, lieber Albert, rief er, dem jungen Manne die Hand reichend; was zum Teufel bringt Sie zu mir? Haben Sie sich verirrt, wie der kleine Däumling, oder wollen Sie nur mit mir frühstücken? Suchen Sie einen Stuhl zu bekommen; halt, dort, neben dem Geranium, das mich allein daran erinnert, daß es auf der Welt Blätter gibt, die keine Papierblätter sind.
Beauchamp, erwiderte Albert, ich komme, um über Ihr Journal mit Ihnen zu sprechen.
Sie, Morcerf, was wünschen Sie?
Ich verlange eine Berichtigung.
Sie, eine Berichtigung! Worüber, Albert? Aber setzen Sie sich doch!
Ich danke, erwiderte Albert zum zweiten Male mit einem leichten Zeichen des Kopfes.
Erklären Sie sich!
Eine Berichtigung über eine Tatsache, welche die Ehre eines Mitgliedes meiner Familie angreift.
Gehen Sie doch! rief Beauchamp erstaunt; was für eine Tatsache? Das kann nicht sein.
Die Tatsache, die man Ihnen aus Janina mitgeteilt hat. – Aus Janina?
Ja, aus Janina. Wahrlich, Sie sehen aus, als ob Sie nicht wüßten, was mich hierher führt. – Bei meiner Ehre! ... Baptiste, eine Zeitung von gestern!
Es ist nicht nötig, ich bringe Ihnen die meine.
Beauchamp las: Man schreibt uns aus Janina u. s. w.
Sie begreifen, die Sache ist ernster Natur, sagte Morcerf, als Beauchamp geendigt hatte.
Dieser Offizier ist also Ihr Verwandter? fragte der Journalist.
Ja, antwortete Albert errötend.
Nun, was soll ich tun, um Ihnen angenehm zu sein? sagte Beauchamp mit weichem, freundlichem Tone.
Es wäre mir sehr lieb, Beauchamp, wenn Sie dies widerrufen würden.
Beauchamp schaute Albert mit wohlwollender Aufmerksamkeit an und erwiderte sodann: Hören Sie, das wird uns Anlaß zu einem langen Gespräche geben, denn es ist immer etwas Ernstes um einen Widerruf. Setzen Sie sich, ich will die paar Zeilen noch einmal lesen.
Albert setzte sich, und Beauchamp las die Zeilen noch aufmerksamer als das erstemal.
Nun, Sie sehen, sagte Albert fest, ja schroff, Sie sehen man hat in Ihrer Zeitung ein Mitglied meiner Familie beleidigt, und ich will einen Widerruf.
Sie ... wollen ... –
Ja, ich will.
Erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen, daß Sie durchaus nicht parlamentarisch sind, mein lieber Vicomte.
Ich will es nicht sein, erwiderte der junge Mann aufstehend, ich verlange den Widerruf einer Meldung, die Sie gestern veröffentlich haben, und ich werde ihn erhalten. Sie sind mein Freund, fuhr Albert mit gepreßten Lippen fort, als er sah, daß Beauchamp seinerseits das Haupt verächtlich zu erheben anfing, Sie sind mein Freund, und als solcher kennen Sie mich hoffentlich hinreichend, um meine Hartnäckigkeit unter solchen Umständen zu begreifen.
Bin ich Ihr Freund, Morcerf, so werden Sie durch Worte, wie ich sie eben gehört, am Ende machen, daß ich es vergesse ... Doch ärgern wir uns nicht, oder wenigstens noch nicht, ... Sie sind unruhig, gereizt, aufgebracht ... Sagen Sie, wer ist der Verwandte, der Fernand heißt?
Es ist ganz einfach – mein Vater, Herr Fernand Mondego, Graf von Morcerf, ein alter Militär, der zwanzig Schlachten gesehen, und dessen edle Narben man nun gern mit Gassenkot bedecken möchte.
Ihr Vater? rief Beauchamp, dann ist es etwas anderes: ich begreife Ihre Entrüstung, mein lieber Albert ... Lesen wir abermals ...
Und er las die Note, auf jedes Wort einen Nachdruck legend.
Aber woraus sehen Sie, daß der Fernand dieser Zeitung Ihr Vater ist?
Nirgends, ich weiß es wohl, aber andere werden es sehen. Deshalb will ich, daß die Sache widerrufen wird.
Bei den Worten »will ich« schlug Beauchamp die Augen zu Morcerf auf, senkte sie aber sogleich wieder und verharrte einige Sekunden im Nachdenken.
Nicht wahr, Sie werden diese Note widerrufen, wiederholte Morcerf mit wachsendem, jedoch verhaltenem Zorn.
Ja, sagte Beauchamp.
Dann ist es gut! – Doch erst, wenn ich mich überzeugt habe, daß die Angabe falsch ist.
Wie? – Ja, die Sache verdient wohl, aufgeklärt zu werden.
Aber was finden Sie denn daran aufzuklären? versetzte Albert ganz außer sich. Wenn Sie nicht glauben, daß es mein Vater ist, so sagen Sie es auf der Stelle; glauben Sie, daß er es ist, so geben Sie mir Rechenschaft davon.
Beauchamp schaute Albert mit jenem ihm eigentümlichen Lächeln an, das die Schattierung aller Leidenschaften auszudrücken vermochte, und erwiderte: Mein Herr, wenn Sie gekommen
Weitere Kostenlose Bücher