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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

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reisen?
    Sie haben ein kurzes Gedächtnis, Graf. Sprach ich Ihnen nicht von der vollen Sympathie meiner Mutter für Sie?
    Die Frau ändert sich, sagte Franz I.; die Frau ist die Welle, sagt Shakespeare, der eine war ein großer König, der andere ein großer Dichter, und jeder von ihnen mußte die Frau kennen.
    Ja, die Frau, doch meine Mutter ist nicht die Frau, es ist eine Frau. – Ich will sagen, daß meine Mutter mit ihren Gefühlen geizig ist, aber wenn sie diese einmal jemand zuwendet, auch für immer treu bleibt.
    Ah, wirklich! sagte seufzend Monte Christo, und Sie glauben, sie erweise mir die Ehre, mir ein anderes Gefühl zuzuwenden, als das vollkommener Gleichgültigkeit?
    Ich habe Ihnen gesagt und wiederhole Ihnen, Sie müssen in der Tat ein einziger Mann sein, daß Sie meiner Mutter ein solches Interesse einflößen können. Wenn wir allein sind, sprechen wir nur von Ihnen.
    Und sie sagt Ihnen, Sie sollen mir mißtrauen?
    Im Gegenteil, sie sagt: Ich glaube, der Graf ist eine edle Natur, bemühe dich, daß er dich liebt.
    Ah, wirklich! rief Monte Christo und wandte die Augen ab.
    Sie begreifen also, fuhr Albert fort, daß sie, statt sich meiner Reise zu widersetzen, sie im Gegenteil vollkommen billigen wird.
    Heute abend also, sagte Monte Christo, seien Sie um fünf Uhr hier, wir kommen dann um Mitternacht, oder um ein Uhr in Treport an.
    Sie sind offenbar der Mann der Wunder, und Sie werden noch die Eisenbahnen an Schnelligkeit übertreffen.
    Damit entfernte sich Albert. Monte Christo blieb, nachdem er ihm lächelnd ein Zeichen mit dem Kopfe gemacht hatte, einen Augenblick nachdenkend und wie in eine tiefe Betrachtung versunken. Endlich aber fuhr er sich mit der Hand über die Stirn, als wollte er die Träumerei verscheuchen, ging auf das Glöckchen zu und schlug zweimal darauf. Zu dem eintretenden Bertuccio sagte der Graf: Ich reise heute abend nach der Normandie ab; bis fünf Uhr haben Sie mehr Zeit, als Sie brauchen. Sie lassen die Stallknechte an der ersten Haltestelle benachrichtigen; Herr von Morcerf begleitet mich. Gehen Sie.
    Ehe der Graf sich entfernte, ging er zu Haydee hinauf, benachrichtigte sie von seiner Abreise, nannte ihr den Ort, wohin er ging, und stellte das ganze Haus zu ihren Befehlen.
    Albert war pünktlich. Seine anfängliche Niedergeschlagenheit wich bald unter dem bloßen Einfluß der ganz unglaublichen Schnelligkeit.
    Aber wo, zum Teufel, finden Sie denn solche Pferde? fragte Albert, es scheint, Sie lassen sie ausdrücklich züchten.
    Ganz richtig, sagte der Graf, vor sechs Jahren fand ich in Ungarn einen ausgezeichneten, wegen seiner Schnelligkeit berühmten Hengst; ich kaufte ihn, ich weiß nicht, für wieviel. In demselben Jahre hatte er 32 Sprößlinge: alle gleich schwarz ohne einen einzigen Flecken, einen Stern auf der Stirn ausgenommen.
    Doch was machen Sie mit allen diesen Pferden?
    Sie sehen, ich reise damit.
    Doch Sie reisen nicht immer.
    Wenn ich sie nicht mehr brauche, so verkauft sie Bertuccio, und er behauptet, er gewinne 30 bis 40 000 Franken an ihnen.
    Graf, soll ich Ihnen einen Gedanken mitteilen, der mir gekommen ist? – Tun Sie das.
    Herr Bertuccio muß nach Ihnen der reichste Privatmann Europas sein.
    Sie täuschen sich, Vicomte, ich bin fest überzeugt, daß Sie, wenn Sie die Taschen Bertuccios umdrehen, nicht für zehn Sous Wert darin fänden.
    Warum? fragte der junge Mann; Bertuccio ist also ein Phänomen. Ah! lieber Graf, treiben Sie das Wunderbare nicht zu weit, oder ich glaube Ihnen nicht mehr.
    Bei mir gibt es nichts Wunderbares, mein lieber Albert, Zahlen und Vernunft, sonst nichts. Antworten Sie mir: Warum stiehlt ein Intendant?
    Verdammt! weil es in seiner Natur liegt, wie mir scheint; er stiehlt, um zu stehlen.
    Nein, Sie täuschen sich, er stiehlt, weil er eine Frau, Kinder, eitle Wünsche für sich und seine Familie hat. Er stiehlt hauptsächlich, weil er nicht sicher ist, ob er seinen Herrn wieder verlassen muß, weil er sich eine Zukunft schaffen will. Bertuccio aber ist allein auf der Welt, er nimmt aus meiner Börse, ohne mir Rechenschaft zu geben, er ist sicher, daß er mich nie zu verlassen hat.
    Warum? – Weil ich keinen Bessern finden werde.
    Oho, sind Sie dessen so gewiß?
    Ganz gewiß. Der gute Diener ist für mich der, bei dem ich ein Recht über Leben und Tod habe.
    Und Sie haben das Recht über Leben und Tod bei Herrn Bertuccio? – Ja, antwortete kalt der Graf.
    Es gibt Worte, die das Gespräch schließen, wie eine eiserne Tür;

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