Der Graf von Monte Christo
erklang nach anderen berühmten Namen aus Finanz-, Offizier- oder Gelehrtenkreisen, welche der Saaldiener beim Eintreffen der betreffenden Personen in das allgemeine Gesumme und Gelächter hineinrief, auch der Name des Grafen von Monte Christo, und wie von einem elektrischen Schlage getroffen, wandte sich die ganze Versammlung der Tür zu.
Der Graf war schwarz und mit seiner gewöhnlichen Einfachheit gekleidet, statt jedes Schmuckes trug er nur auf seiner weißen Weste eine ganz feine, goldene Kette.
Der Graf gewahrte mit einem einzigen Umblicke Frau Danglars an einem Ende des Salons, Herrn Danglars am andern, und Eugenie vor sich.
Er näherte sich zuerst der Baronin, die mit Frau von Villefort plauderte, und ging dann geradeswegs, so sehr lichtete sich vor ihm das Gedränge, auf Eugenie zu, die er mit so ausgesuchten Worten begrüßte, daß die stolze Künstlerin davon betroffen war. Neben ihr stand Fräulein Luise d'Armilly; sie dankte dem Grafen für die Empfehlungsbriefe, die er ihr so zuvorkommend für Italien gegeben habe, und von denen sie, wie sie sagte, ungesäumt Gebrauch machen werde. Als er diese Damen verließ, wandte er sich um und befand sich Danglars gegenüber, der sich ihm genähert hatte, um ihm die Hand zu drücken.
Sobald diese drei gesellschaftlichen Pflichten erfüllt waren, blieb Monte Christo stehen und schaute gleichgültig umher.
Die Notare traten in diesem Augenblick ein und legten ihre bekritzelten Papiere auf die goldgestickte Samtdecke eines bereitstehenden Tisches. Der Vertrag wurde unter tiefem Schweigen vorgelesen. Doch gleich darauf erhob sich der Lärm in den Salons doppelt so stark wie zuvor. Diese glänzenden Summen, der berauschende Klang der Millionen vervollständigten mit ihrem Blendwerk den Eindruck, den die in einem besonderen Zimmer ausgestellte Aussteuer nebst den Diamanten der jungen Frau auf die neidischen Gäste gemacht hatte.
Von seinen Freunden umringt, beglückwünscht, umschmeichelt, begann Andrea an die Wirklichkeit seines Traumes zu glauben und war im Begriff, den Kopf zu verlieren.
Der Notar nahm feierlich die Feder und sagte: Meine Herren, man unterzeichne den Vertrag.
Der Baron sollte zuerst unterzeichnen, dann der Bevollmächtigte von Herrn Cavalcanti Vater, dann die Baronin, dann die zukünftigen Ehegatten.
Der Baron nahm die Feder und unterzeichnete, dann kam der Bevollmächtigte. Die Baronin näherte sich am Arme der Frau von Villefort. Mein Freund, sagte sie, die Feder ergreifend, ist es nicht zum Verzweifeln? Ein unerwarteter Zwischenfall bei der Mord- und Diebstahlsgeschichte, deren Opfer beinahe der Herr Graf von Monte Christo gewesen wäre, beraubt uns des Glückes, Herrn von Villefort hier zu sehen.
Oh, mein Gott! sagte Danglars und dachte bei sich, das ist mir ganz gleichgültig!
Mein Gott! sprach Monte Christo hinzutretend, ich befürchte, die unwillkürliche Ursache dieser Abwesenheit zu sein.
Wie! Sie, Graf? sagte Frau Danglars, indem sie unterzeichnete; wenn dem so ist, so nehmen Sie sich in acht, ich werde es Ihnen nie mehr verzeihen.
Andrea spitzte die Ohren.
Sie erinnern sich, sagte der Graf, mitten unter dem tiefsten Stillschweigen, daß bei mir der Unglückliche gestorben ist, der mich berauben wollte, dann aber anscheinend von seinem Genossen ermordet wurde?
Ja, sagte Danglars.
Nun, um ihm zu helfen, hatte man ihn entkleidet und seine Kleider in eine Ecke geworfen, worauf sie im Auftrage des Gerichtes in Verwahrung genommen wurden, wobei man aber die Weste vergaß.
Andrea erbleichte sichtbar und zog sich ganz sacht nach der Tür; er sah am Horizont eine Wolke heraufziehen, die ihm einen Sturm zu verkünden schien.
Diese Weste hat man nun heute, ganz mit Blut bedeckt und in der Herzgegend durchlöchert, gefunden.
Die Damen stießen einen Schrei aus, und zwei oder drei machten sich bereit, in Ohnmacht zu fallen.
Man brachte sie mir, niemand konnte erraten, wem dieser traurige Fetzen gehöre; ich allein dachte, es sei wahrscheinlich die Weste des Opfers. Plötzlich fühlte mein Kammerdiener, der die traurige Reliquie untersuchte, ein Papier in der Tasche und zog es heraus; es war ein Brief, an wen? An Sie, Baron.
An mich? rief Danglars.
Oh! mein Gott, ja, an Sie; es gelang mir, Ihren Namen unter dem Blute zu lesen, mit dem das Billett befleckt war, antwortete Monte Christo, unter allgemeinen Ausrufen der Verwunderung.
Aber ... fragte Frau Danglars, ihren Gatten unruhig anschauend, was hindert dies Herrn von Villefort
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