Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
wollen.
    Oh, was soll das heißen? Ich werde mich bei Herrn von Villefort über die Unverschämtheit seiner Leute beklagen.
    Gnädige Frau, das ist keine Unverschämtheit, es ist Vorsicht; niemand darf hier herein ohne Erlaubnis des Herrn Doktor d'Avrigny, oder ohne mit dem Herrn Staatsanwalt gesprochen zu haben.
    Wohl! Gerade mit dem Herrn Staatsanwalt habe ich zu tun. Vorwärts! Hier ist meine Karte, bringen Sie sie Ihrem Herrn.
    Der Portier schloß die Tür und ließ Frau Danglars auf der Straße. Einen Augenblick nachher öffnete sich die Tür abermals, diesmal hinreichend, um der Baronin Durchgang zu gewähren; sie ging hinein, und die Tür schloß sich hinter ihr.
    So sehr Frau Danglars von ihrem eigenen Ungemach, das sie hergeführt hatte, beunruhigt war, so kam ihr doch der Empfang, der ihr hier zuteil geworden war, so unwürdig vor, daß sie sich vor allem hierüber beklagte.
    Doch Villefort hob sein vom Schmerz gebeugtes Haupt empor und schaute sie mit einem so traurigen Lächeln an, daß die Klagen auf ihren Lippen erstarben.
    Entschuldigen Sie meine Diener wegen eines Schreckens, aus dem ich ihnen keinen Vorwurf machen kann.
    Sie sind also auch unglücklich? sagte die Baronin.
    Ja, gnädige Frau. Und Sie begreifen, was mich hierher führt?
    Sie wollen von dem sprechen, was vorgefallen ist, nicht wahr?
    Ja, mein Herr, ein furchtbares Unglück.
    Das heißt ein Unfall.
    Ein Unfall!
    Ach! gnädige Frau, entgegnete der Staatsanwalt mit unzerstörbarer Ruhe, ich bin dahin gekommen, daß ich nur unwiederbringliche Dinge ein Unglück nenne.
    Glauben Sie, daß man es vergessen wird?
    Alles vergißt sich. Ihre Tochter wird sich morgen verheiraten, wo nicht heute; in acht Tagen, wenn nicht morgen. Was aber den Verlust des Bräutigams betrifft, so glaube ich nicht, daß Sie diesen sehr zu beklagen haben.
    Frau Danglars schaute Villefort an, denn sie war über diese beinahe spöttische Ruhe ganz, erstaunt.
    Bin ich zu einem Freunde gekommen? fragte sie mit einem Tone voll schmerzlicher Würde.
    Sie wissen, daß dies der Fall ist, antwortete Villefort, dessen bleiche Wangen sich bei dieser Versicherung mit einer leichten Röte bedeckten.
    So seien Sie liebevoller, mein teurer Villefort, sagte die Baronin, sprechen Sie mit mir als Freund und nicht als Staatsbeamter, und wenn ich unendlich unglücklich bin, so sagen Sie mir nicht, ich solle heiter sein.
    Villefort verbeugte sich und erwiderte: Gnädige Frau, ich habe seit drei Monaten, wenn ich von Unglück sprechen höre, die ärgerliche Gewohnheit, an das meinige zu denken, und unwillkürlich nimmt mein Geist eine selbstsüchtige Vergleichung vor. Darum kam mir Ihr Unglück gegen das meinige nur wie ein Unfall vor; darum erschien mir neben meiner traurigen Lage die Ihrige als beneidenswert; doch das verdrießt Sie, und wir wollen darüber weggehen. Sie sagten, gnädige Frau? Ich wollte von Ihnen erfahren, mein Freund, wie es mit dem Betrüger jetzt steht?
    Betrüger! wiederholte Villefort; Sie wollen offenbar gewisse Dinge mildern und andere übertreiben; Herr Andrea Cavalcanti oder vielmehr Herr Benedetto ein Betrüger! Sie täuschen sich, gnädige Frau, Benedetto ist ein Mörder.
    Mein Herr, ich leugne die Richtigkeit Ihrer Bemerkung nicht, doch je mehr Sie sich mit Strenge gegen diesen Unglücklichen waffnen, desto härter treffen Sie unsere Familie. Vergessen Sie ihn einen Augenblick, statt ihn zu verfolgen; lassen Sie ihn fliehen!
    Sie kommen zu spät, die Befehle sind bereits gegeben.
    Nun! wenn man ihn verhaftet ... Glauben Sie, man werde ihn verhaften? – Ich hoffe es.
    Wenn man ihn verhaftet; nun so lassen Sie ihn im Gefängnis!
    Der Staatsanwalt machte ein verneinendes Zeichen.
    Wenigstens bis meine Tochter verheiratet ist.
    Unmöglich, gnädige Frau, die Justiz hat ihre strengen Formen.
    Selbst für mich? versetzte die Baronin, halb ernst, halb lächelnd.
    Für alle, und für mich, wie für die andern.
    Ah! rief die Baronin, ohne in Worte umzusetzen, was sie bei diesem Ausruf dachte.
    Ja, ich weiß, was Sie sagen wollen, versetzte Villefort, Sie spielen auf die in der Welt verbreiteten furchtbaren Gerüchte an, alle die Todesfälle, die mich seit drei Monaten in Trauer kleiden, auch Valentines schwere Erkrankung seien nicht natürlich?
    Ich dachte nicht daran, erwiderte lebhaft Frau Danglars.
    Doch, gnädige Frau, Sie dachten daran, und das war kein Unrecht, denn Sie mußten notwendig daran denken, und Sie sagten sich ganz leise: Du, der du das Verbrechen

Weitere Kostenlose Bücher