Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
Justizminister«, sagte er, »aber solange ich nicht selbst unter Anklage gestellt werde, habe ich nicht die Absicht, Ihnen meine Berufsgeheimnisse zu verraten. Und das eben erwähnte Geheimnis will ich für General Bonaparte aufbewahren.«
»Mein lieber Régnier«, sagte Bonaparte lachend, »nach allem, was wir soeben vernommen haben, können Sie Ihren Spitzel unbesorgt aus London zurückbeordern, wenn ich mich nicht täusche. Als Justizminister, mein lieber Régnier, tragen Sie bitte Sorge dafür, dass der arme Teufel, der gestern verurteilt wurde und der uns die Wahrheit gesagt hat – das lässt sich nicht bestreiten, denn seine Aussage stimmt mit den Worten Monsieurs überein« – wobei Bonaparte auf den Spitzel deutete, dessen Aussage wir soeben gelesen haben -, »nicht hingerichtet wird. Keine unumschränkte Begnadigung, denn ich will sehen, wie er sich im Gefängnis aufführt. Sie werden ihn im Auge behalten, und in sechs Monaten berichten Sie mir, wie er sich betragen hat. Zuletzt, mein lieber Régnier, möchte ich Ihnen mein Bedauern ausdrücken, dass ich Sie so früh aus dem Bett holen ließ, obwohl Ihre Anwesenheit völlig entbehrlich war. Bleiben Sie, Fouché.«
Der Polizeispitzel zog sich in den hinteren Teil des Salons zurück, so dass der Erste Konsul und der eigentliche Polizeipräfekt sich unbelauscht unterhalten konnten.
Bonaparte trat zu Fouché: »Sie sagten, Sie würden mir enthüllen, warum Sie mir Cadoudals Anwesenheit in Paris bislang verschwiegen haben.«
»In allererster Hinsicht, Citoyen Erster Konsul, verschwieg ich es Ihnen, damit Sie nichts davon erfuhren.«
»Keine Scherze, bitte«, sagte Bonaparte und runzelte die Stirn.
»Ich scherze keineswegs, Citoyen General, und ich bedaure, dass Sie mich heute dazu genötigt haben, es Ihnen zu sagen. Die Ehre, in Ihren näheren Kreis aufgenommen zu sein, hat mich bewogen, Sie zu beobachten. Runzeln Sie nicht die Stirn! Zum Teufel auch, das ist mein Beruf! Nun denn! Sie zählen zu jenen, die sich ein Geheimnis durch ihre Zornesausbrüche ablesen lassen. Solange Sie kühles Blut bewahren, steht nichts zu befürchten, denn Sie sind so verschlossen wie eine Champagnerflasche,
doch sobald der Zorn Sie übermannt, explodiert die Champagnerflasche, und alles schäumt über.«
»Monsieur Fouché«, sagte Bonaparte, »verzichten Sie auf solche Vergleiche.«
»Und ich«, erwiderte Fouché, »verzichte auf weitere vertrauliche Mitteilungen; gestatten Sie, dass ich mich verabschiede.«
»Sachte, sachte«, sagte Bonaparte, »geraten wir jetzt nicht in Streit. Ich will wissen, warum Sie Georges Cadoudal nicht verhaften ließen.«
»Das wollen Sie wissen?«
»Unbedingt.«
»Und wenn ich meine persönliche Schlacht von Rivoli verlieren sollte, dann werden Sie es mir nicht verübeln?«
»Nein.«
»Nun gut! Ich werde Ihnen ermöglichen, alle Verschwörer mit ein und demselben Netz zu fangen. Ich will, dass Sie sich als Erster Ihres wunderbaren Fischzugs rühmen können. Ich habe Cadoudal nicht verhaften lassen, weil Pichegru erst seit gestern in Paris weilt.«
»Wie? Pichegru weilt seit gestern in Paris?«
»In der Rue de l’Arcade, wenn es beliebt, denn er konnte sich bisher noch nicht mit Moreau verständigen.«
»Mit Moreau!«, rief Bonaparte. »Sie müssen verrückt sein! Haben Sie vergessen, dass die beiden bis aufs Messer verfeindet sind?«
»Ach! Weil Moreau Pichegru denunziert hat, auf den er eifersüchtig war! Denn Sie, Citoyen Erster Konsul, wissen besser als jedermann sonst, dass Pichegru für seinen Bruder, den Abt, bei dessen keineswegs freiwilliger Abreise nach Cayenne zum Begleichen einer Schuld von sechshundert Francs Schwert und Epauletten verkaufen musste, welche die Inschrift trugen: Schwert und Epauletten des Siegers von Holland , und Sie wissen auch sehr wohl, dass Pichegru von Monsieur dem Prinzen von Condé keineswegs eine Million Francs erhalten hat. Noch besser wissen Sie, dass Pichegru, der nie verheiratet war und folglich weder Frau noch Kinder besitzt, sich in seinem Vertrag mit dem Prinzen von Condé keine Rente von zweihunderttausend Francs für seine Witwe oder von hunderttausend Francs für seine Kinder ausbedungen haben kann. Solche schäbigen Verleumdungen benutzt die Regierung gegen einen Mann, dessen sie sich entledigen will und der ihr so große Dienste erwiesen hat, dass sie ihn nicht anders als mit Undank zu belohnen weiß. Nun gut! Moreau hat um Verzeihung gebeten, und Pichegru ist gestern eingetroffen,
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