Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
Sie«, sagte Bonaparte, der das Gesicht in die Hand stützte und den Oberrichter aufmerksam ansah.
»Citoyen General«, sagte der Oberrichter, »Georges befindet sich mitsamt seiner ganzen Bande in Paris.«
»Wie?«, sagte der Erste Konsul, der wähnte, sich verhört zu haben.
Réal wiederholte seine Worte.
»Na, na, na!«, rief Bonaparte mit einer Schulterbewegung, die er immer machte, wenn er ungläubig war. »Das ist unmöglich!«
»Aber es ist wahr, General.«
»Dann ist es das, was dieser Brigant Fouché meinte, als er mir gestern schrieb: ›Nehmen Sie sich in Acht, die Luft ist voller Dolche.‹ Hier, da ist sein Brief. Ich hatte ihn auf den Nachttisch gelegt und mir nicht weiter den Kopf darüber zerbrochen.«
Er klingelte.
Constant trat ein.
»Rufen Sie Bourrienne«, sagte Bonaparte.
Man ging Bourrienne wecken, der herunterkam und auf die Anweisungen des Ersten Konsuls wartete.
»Schreiben Sie«, sagte dieser, »Fouché und Régnier, dass sie sich sofort einzufinden haben, um die Affäre Cadoudal zu besprechen, und dass sie alles mitbringen sollen, was sie an Unterlagen in dieser Sache haben; lassen Sie die beiden Depeschen durch Ordonnanzen überbringen. Unterdessen wird Réal mir alles erläutern.«
Réal blieb in der Tat bei Bonaparte und wiederholte Wort für Wort, was Querelle ihm erzählt hatte: wie die Verschwörer mit einer englischen Slup zu der Klippe von Biville gebracht worden waren, wie sie von einem Uhrmacher aufgenommen worden waren, dessen Namen Querelle nicht wusste, wie sie zu einem Bauernhof gebracht worden und von Hof zu Hof nach Paris gelangt waren und wie Querelle Cadoudal zum letzten Mal in
dem Haus gesehen hatte, das an der Ecke der Rue du Bac und der Rue de Varenne lag. Nachdem er dem Ersten Konsul all diese Auskünfte erteilt hatte, ersuchte er um die Erlaubnis, zu dem Unglücklichen zurückzukehren, den er im Abbaye-Gefängnis in Todesangst zurückgelassen hatte, und bat darum, der Bedeutung der Enthüllungen wegen die Hinrichtung bis auf Weiteres aussetzen zu dürfen.
Diesmal war Bonaparte der gleichen Meinung wie Réal und gestattete ihm, dem Gefangenen das Leben zu schenken und ihn eventuell sogar zu begnadigen.
Réal ging und überließ Bonaparte seinem Kammerdiener, während er Fouché und Régnier erwartete.
Fouchés Wohnung lag in der Rue du Bac, Régnier wohnte näher und kam folglich als Erster.
Bonapartes Toilette war beendet. Als Régnier eintraf, wanderte der Erste Konsul mit auf die Brust gesenktem Kopf auf und ab, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, die Stirn gerunzelt.
»Ah, Régnier, da sind Sie ja«, sagte Bonaparte. »Was sagten Sie gestern über Cadoudal?«
»Ich sagte Ihnen, Citoyen Erster Konsul, dass ich einen Brief erhalten hatte, in dem es hieß, er befinde sich noch in London und habe vor drei Tagen in Kingston bei dem Sekretär Mr. Addingtons gespeist.«
In diesem Augenblick wurde Fouché angekündigt.
»Lassen Sie ihn eintreten«, sagte Bonaparte, dem es nicht übel gefiel, seine zwei Polizeiminister miteinander zu konfrontieren, den offiziellen und den inoffiziellen.
»Fouché«, sagte der Erste Konsul zu diesem, »ich habe Sie holen lassen, damit Sie zwischen Régnier und mir schlichten. Régnier behauptet, Cadoudal halte sich in London auf, während ich behaupte, er befinde sich in Paris; wer von uns hat recht?«
»Derjenige, dem ich gestern gesagt habe: ›Nehmen Sie sich in Acht, die Luft ist voller Dolche!‹«
»Haben Sie gehört, Régnier? Ich bin es, dem Fouché diesen Brief geschrieben hat, und ich bin es, der recht hat.«
Régnier zuckte die Schultern. »Würden Sie Monsieur Fouché den Brief zeigen, den ich gestern aus London erhalten habe?«
Bonaparte, der Régniers Brief in der Hand hielt, reichte ihn Fouché.
Fouché las den Brief.
»Würde der Erste Konsul mir gestatten, ihm einen Mann vorzuführen,
der zusammen mit Cadoudal aus London hergereist und mit ihm zusammen nach Paris gekommen ist?«
»Ha! Weiß Gott!«, sagte Bonaparte. »Nur zu gern!«
Fouché ging zu der Tür, die in das Vorzimmer führte, und öffnete sie. Herein trat der Polizeispitzel Victor, elegant gekleidet und mit dem Gehabe eines jener jungen Royalisten, die aus echter Überzeugung oder lediglich der Mode wegen zu jener Zeit gegen den Ersten Konsul konspirierten.
Victor verbeugte sich ehrerbietig und blieb neben der Tür stehen.
»Wer ist denn das?«, fragte Bonaparte. »Und wie kommt es, dass dieser Mann am Leben ist, wenn er
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