Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
Vorsehung glauben, ich vertraue auf sie. Ich vertraue darauf, dass sie nicht ziel- und planlos wirkt. Ich bin überzeugt, sie hat es deshalb so eingerichtet, dass am 13. August 1769, auf den Tag genau ein Jahr nachdem Ludwig XV. das Edikt erlassen hatte, das Korsika an Frankreich anschloss, in Ajaccio ein Kind geboren wurde, das später einmal der Mann des 13. Vendémiaire und des 18. Brumaire sein würde, weil sie mit diesem Kind Großes im Sinn hatte. Dieses Kind bin ich, und bis heute hat die Vorsehung in allen Fährnissen ihre Hand über mich gehalten. Wenn
ich eine Sendung habe, kenne ich keine Furcht, denn die Sendung ist mein Schutzpanzer; sollte ich mich aber täuschen und keine Sendung haben, sollte ich von zweiundzwanzig Messerstichen getroffen werden wie Cäsar, statt die nächsten fünfundzwanzig oder dreißig Jahre zu erleben, die ich für die Vollendung meines Werks als nötig betrachte, sollte mir der Kopf weggeschossen werden wie Berwick, sollte mir eine Kugel in die Brust beschieden sein wie Joubert oder Desaix: dann wird die Vorsehung ihre Gründe dafür haben, und sie wird wissen, was für Frankreich das Beste ist. Die Vorsehung, Georges, glauben Sie mir, die Vorsehung lässt eine große Nation nie im Stich. Wir sprachen von Cäsar, Sie führten ihn mir vor Augen, wie er zu Füßen der Statue des Pompejus zusammenbrach, ermordet von Brutus, Cassius und Casca. Als die trauernden Römer den Diktator zu Grabe trugen, als das Volk die Häuser seiner Mörder niederbrannte, als die Ewige Stadt beim Anblick des Trunkenbolds Antonius und des Heuchlers Lepidus erbebte und in allen Himmelsrichtungen der Welt nach dem genialen Kopf Ausschau hielt, der den unablässigen Bürgerkriegen ein Ende setzen würde, hätte niemand ernsthaft den Schüler aus Apollonia, den jungen Octavius, in Betracht gezogen. Wer hätte mit diesem Bankierssohn aus Velletri gerechnet, weiß bestäubt vom Mehl seiner Ahnen? Wer hätte sich um diesen schwächlichen Knaben geschert, dem alles Furcht einjagte, Hitze, Kälte, Donner? Wer hätte in ihm den künftigen Herrscher über die Welt geahnt, als er wie ein Nachtvogel bleich und mit blinzelnden Augen angehinkt kam, um Cäsars alte Kumpane vorbeidefilieren zu sehen? Nicht einmal der weitsichtige Cicero. Ornandum et tollendum , lautete seine Devise. Aber dieses Kind, das bei seinem ersten Auftreten gefeiert und bei erstbester Gelegenheit beiseitegeschafft werden sollte, dieses Kind täuschte geschickt alle Grauköpfe im Senat und regierte Rom, das Cäsar ermordet hatte, weil es keinen König wollte, fast genauso lange wie Ludwig XIV. Frankreich. Georges, Georges, stellen Sie sich nicht gegen die Vorsehung, die mich leitet, denn sonst wird die Vorsehung Sie vernichten.«
»Wohlan denn!«, sagte Georges, der sich verneigte, »dann werde ich wenigstens vernichtet, weil ich dem Weg und der Religion meiner Väter gefolgt bin, und Gott wird mir vielleicht meinen Irrtum vergeben, weil er von einem frommen Gläubigen und treuen Sohn begangen wurde.«
Bonaparte legte dem jungen Mann die Hand auf die Schulter.
»Nun gut!«, sagte er. »Aber bleiben Sie neutral. Lassen Sie die Geschehnisse ihren Lauf nehmen, lassen Sie die Throne wackeln und die Kronen
fallen; üblicherweise müssen die Zuschauer bezahlen, ich aber werde Sie für das Zuschauen bezahlen.«
»Und wie viel wollen Sie mir dafür bezahlen, Citoyen Erster Konsul?«, fragte Cadoudal.
»Hunderttausend Francs jährlich«, erwiderte Bonaparte.
»Wenn Sie einem einfachen Partisanenführer hunderttausend Francs jährlich geben, wie viel bieten Sie dann dem Fürsten an, für den er gekämpft hat?«
»Nichts, Monsieur«, sagte Bonaparte ungnädig. »Sie bezahle ich für Ihren Mut, nicht für Ihre Überzeugungen; ich will Ihnen zeigen, dass für mich, den Mann meiner Taten, die anderen nur durch ihre Taten existieren. Nehmen Sie an, Georges, ich bitte Sie.«
»Und wenn ich ablehne?«
»Handeln Sie falsch.«
»Und es steht mir frei, mich an einen Ort meiner Wahl zurückzuziehen?«
Bonaparte ging zu der Tür, die ins Kabinett führte, und öffnete sie. »Duroc!«, rief er.
Duroc erschien.
»Sorgen Sie dafür«, sagte Bonaparte, »dass sich Monsieur Cadoudal und seine zwei Freunde in Paris so ungehindert bewegen können wie in ihrem Feldlager in Muzillac; und wenn sie Pässe für irgendein Land haben wollen, hat Fouché Ordre, sie ihnen auszustellen.«
»Ihr Wort genügt mir, Citoyen Erster Konsul«, sagte Cadoudal mit einer
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