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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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entdeckte beide Male die Linie des gebrochenen Herzens, die Glückslinie, die bis zur Herzlinie verläuft und sich bei Saturn verzweigt, und dann sprach sie so feierlich, wie sie Mademoiselle de Beauharnais geweissagt hatte, ihr Orakel für Mademoiselle de Sourdis, die daraufhin totenbleich und mit tränennassen Augen zu Mademoiselle Louise und Hortense zurückkehrte.
    Solange sie unter dem Dach Mademoiselle Lenormands weilten, hatten die jungen Mädchen kein Wort gesagt und einander keine Fragen gestellt. Man hätte meinen können, sie fürchteten, ein Wort oder eine Frage müssten das Haus unweigerlich zum Einsturz bringen.
    Doch sobald sie im Wagen saßen und der Kutscher seine Pferde lostraben ließ, fragten beide wie aus einem Mund: »Was hat sie Ihnen gesagt?«
    Hortense, die als Erste bei der Seherin gewesen war, antwortete zuerst. »Sie hat gesagt: ›Du wirst die Frau eines Königs und die Mutter eines Kaisers, und du wirst im Exil sterben.‹ Und was hat sie dir gesagt?«, fragte sie neugierig.
    »Sie hat gesagt: ›Du wirst vierzehn Jahre lang die Witwe eines Lebenden sein und dein restliches Leben lang die Gattin eines Toten!‹«

22
    In welchem Kapitel Mademoiselle de Beauharnais die Frau eines Königs ohne Thron und Mademoiselle de Sourdis die Witwe eines lebenden Ehemannes werden
    Sechs Wochen waren vergangen, seit die jungen Mädchen die Sibylle der Rue de Tournon aufgesucht hatten. Mademoiselle de Beauharnais hatte ungeachtet ihrer Tränen Louis Bonaparte geheiratet, und Mademoiselle de Sourdis stand im Begriff, noch am selben Abend den Heiratsvertrag mit dem Grafen von Sainte-Hermine zu unterzeichnen.
    Die Abneigung, die Mademoiselle de Beauharnais dem jüngsten Bruder des Ersten Konsuls entgegenbrachte, hatte nichts mit seiner Person zu tun. Sie liebte Duroc, das war alles. Liebendes Herz, blindes Herz.

    Louis Bonaparte war zu jener Zeit dreiundzwanzig oder vierundzwanzig Jahre alt, ein schöner junger Mann von etwas kühlem Äußeren, der im Übrigen seiner Schwester Caroline frappierend ähnlich sah, sehr gebildet, mit literarischen Neigungen, sehr aufrecht, sehr gütig und vor allem sehr anständig, der unwandelbaren Überzeugung, dass ein Königstitel an den Geboten und Pflichten des menschlichen Gewissens nichts ändern kann; er war der vielleicht einzige Fürst, der ein fremdes Volk regiert und in diesem Volk etwas wie Dankbarkeit und Liebe geweckt hat, ähnlich wie Desaix in Oberägypten der gerechte Sultan gewesen war.
    Bevor wir uns von diesem Mann mit seinem loyalen Herzen und dem bezaubernden Geschöpf, das er heiratete, verabschieden, wollen wir erzählen, wie es so abrupt zu dieser Heirat gekommen war, für die es keinen anderen Grund gab als Joséphines ununterbrochenes und beharrliches Taktieren.
    Wir erwähnten bereits, warum Joséphine gegen eine Heirat ihrer Tochter mit Duroc war.
    »Duroc«, sagte sie bei jedem Anlass zu Bourrienne, »wäre mir keine Hilfe; Duroc verdankt alles der Freundschaft Bonapartes und würde es nie wagen, sich gegen die Brüder seines Beschützers zu stellen; dagegen hat Bonaparte Louis sehr gern, und Louis hat keinen Ehrgeiz und wird nie welchen haben. Louis wäre ein Gegengewicht zu Joseph und Lucien.«
    Bonaparte wiederum sagte sich: »Duroc und Hortense lieben sich. Meine Frau kann sagen, was sie will, sie passen zueinander und werden heiraten; ich mag Duroc, er stammt aus gutem Hause. Habe ich denn nicht Murat Caroline und Leclerc Pauline gegeben? Ich kann Duroc Hortense geben; er ist ein tapferer Bursche und nicht weniger tüchtig als jene. Er ist bereits Divisionsgeneral; es gibt keinen ernsthaften Einwand gegen diese Ehe; und für Louis habe ich andere Pläne.«
    An ebenjenem Tag, an dem die jungen Mädchen Mademoiselle Lenormand aufsuchten, hatte Hortense auf Drängen ihrer Freundin beschlossen, ihren Stiefvater noch einmal um Beistand anzuflehen, und als sie nach dem Abendessen allein waren, kniete sie vor ihm nieder mit der Anmut, die ihr eigen war, und sagte ihm unter all den Liebkosungen, die ihr so große Macht über das Herz des Ersten Konsuls verschafften, dass dieser Ehebund sie auf ewig ins Unglück stürzen würde, und ohne Louis zu schmälern, erklärte sie, dass sie Duroc liebe und dass niemand als Duroc sie glücklich machen könne.
    Bonaparte hatte seinen Entschluss gefaßt. »Gut«, sagte er. »Wenn du ihn
unbedingt heiraten willst, dann sollst du ihn heiraten, aber nur zu meinen Bedingungen. Nimmt Duroc sie an, dann steht deinem

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