Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
keine Theaterstücke mehr schrieb und sich wieder der Politik zugewendet hatte; Chateaubriand, der vor den Niagarafällen und unter den Kuppeln der amerikanischen Urwälder zu Gott zurückgefunden hatte; die eleganten Tänzer, ohne die kein großer Ball vorstellbar gewesen wäre: Trénis, Laffitte, Dupaty, Garat, Vestris; die glänzenden Sterne, die in der Morgenröte des Jahrhunderts aufgetaucht waren: Madame Récamier, Madame Méchin, Madame de Contades, Madame Regnault de Saint-Jean-d’Angély; und nicht zuletzt die vornehme Jugend jener Zeit: Caulaincourt, Narbonne, Longchamp, Matthieu de Montmorency, Eugène de Beauharnais, Philippe de Ségur und viele andere.
Denn sobald sich herumgesprochen hatte, dass der Erste Konsul und Madame Bonaparte nicht nur kommen würden, sondern sogar den Ehevertrag unterzeichnen wollten, hatte sich jedermann um eine Einladung
bemüht. Das große Stadtpalais der Madame de Sourdis, dessen Parterre und erster Stock geöffnet waren, quoll über vor Gästen, die auf der Terrasse nach Luft schnappten und sich von der Gluthitze erholten, die in den Salons herrschte.
Um Viertel vor elf Uhr verließ die Reitereskorte mit Fackeln in den Händen die Tuilerien; sie musste nur die Brücke überqueren. Der Dreispänner mit den galoppierenden Pferden, eingerahmt von Fackellicht, sauste wie ein Wirbelwind aus Lärm und Blitzen dahin und in den Hof des Stadtpalais.
Auf der Stelle bildete sich in der dichtgedrängten Menge eine Gasse, die sich in das Haus hinein fortsetzte und im Salon zum Kreis weitete, der es Madame de Sourdis und Claire erlaubte, dem Ersten Konsul und Joséphine entgegenzugehen.
Hector de Sainte-Hermine folgte den Damen. Beim Anblick Bonapartes erbleichte er sichtlich, ging aber weiter.
Madame Bonaparte umarmte Mademoiselle de Sourdis und legte ihr ein Perlencollier um den Arm, das fünfzigtausend Francs wert war.
Bonaparte begrüßte die Damen und trat auf Hector zu.
Hector, der sich nicht vorstellen konnte, dass Bonaparte mit ihm sprechen wollte, trat beiseite, um dem Ersten Konsul den Weg freizumachen, doch dieser blieb vor ihm stehen.
»Monsieur«, sagte Bonaparte, »wenn ich nicht befürchten müsste, abgewiesen zu werden, hätte auch ich ein Geschenk für Sie mitgebracht, ein Patent für die konsularische Garde, doch ich weiß, dass es Wunden gibt, denen man Zeit lassen muss, damit sie sich schließen.«
»Niemand hat eine glücklichere Hand, solche Wunden zu heilen, als Sie, General, aber dennoch...« Hector seufzte und führte sich das Taschentuch vor die Augen. Nach einigen Sekunden hatte er seine Fassung wiedererlangt. »Verzeihen Sie, General«, sagte der junge Mann, »ich wünschte, ich wäre Ihrer Güte würdiger.«
»Das kommt davon, wenn man zu viel Herz hat, junger Mann«, sagte Bonaparte, »man wird immer im Herzen verwundet.«
Er ging zu Madame de Sourdis zurück, wechselte ein paar Worte mit ihr und machte Claire ein Kompliment.
Dann fiel sein Blick auf den jungen Vestris. »Da ist ja Vestris der Jüngere«, sagte er, »der mir letzthin eine Gefälligkeit erwies, für die ich ihm unendlich dankbar bin: Nach einer Erkrankung trat er wieder in der Oper auf, sein erster Auftritt war für den Tag vorgesehen, an dem in den Tuilerien
empfangen wird, und er hat seinen Auftritt verlegt, um meinen Empfang nicht zu kompromittieren. Kommen Sie, Monsieur Vestris, krönen Sie Ihre Galanterie, indem Sie diese beiden Damen bitten, eine Gavotte für uns zu tanzen.«
»Citoyen Ereste Konsul«, erwiderte der Sohn des götteliche Vestris mit dem italienischen Akzent, den die Familie nie verloren hatte, »wir haben glückelicheweise die Gavotte, die ich für Mademoiselle de Coigny komponiert habe und die Madame Récamier und Mademoiselle de Sourdis tanze wie zweie Engel. Wir brauchen nur eine Harfe und ein Horn, wenn Mademoiselle de Sourdis das Tamburin übernimmte . Und Madame Récamier ist unvergeleichelich in ihrem Tanz mit dem Schal.«
»Kommen Sie, meine Damen«, sagte der Erste Konsul, »Sie werden Monsieur Vestris nicht seine Bitte abschlagen, der ich mich mit allen Kräften anschließe.«
Mademoiselle de Sourdis hätte auf dieses öffentliche Lob gern verzichtet, doch sie wäre nicht im Traum auf die Idee gekommen, sich auch nur zu zieren, wenn ihr Tanzlehrer sie aufforderte und der Erste Konsul sie bat. Ihre Toilette war für diesen Tanz wie geschaffen: Das brünette Mädchen trug ein weißes Kleid und einen Kopfschmuck aus Weinreben, von dem ihm zwei
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