Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
zurück in seine Räume ging, hatte er so gut wie eingewilligt.
Joséphine hielt Madame de Sourdis zurück, um ihr eingehend von ihrem Glück zu berichten; Claire schickte sie zu Hortense, damit sie diese tröstete.
Claire versuchte gar nicht erst, Trost anzubieten, denn sie wusste nur zu gut, was es sie gekostet hätte, auf Hector zu verzichten.
Sie weinte mit Hortense und riet ihr zu, sich an den Ersten Konsul zu wenden, der sie gewiss zu sehr liebte, um sie in ihr Unglück zu stürzen.
Mit einem Mal kam Hortense ein eigenartiger Gedanke, den sie ihrer Freundin mitteilte – der Gedanke, mit der Erlaubnis ihrer beiden Mütter Mademoiselle Lenormand zu befragen.
Joséphine hatte sie seinerzeit aufgesucht, und es ist bekannt, was sie ihr geweissagt hat.
Und nun wollte Hortense erfahren, ob ihr Traum Wirklichkeit werden würde.
Mademoiselle de Sourdis wurde mit der Aufgabe betraut, den Wunsch der beiden vorzutragen und die Erlaubnis zu erwirken, ihn in die Tat umzusetzen.
Die Verhandlungen dauerten lange. Hortense lauschte an der Tür und unterdrückte ihr Schluchzen.
Claire kam freudig zurück: die Erlaubnis war erteilt, allerdings unter der Bedingung, dass Mademoiselle Louise, Madame Bonapartes erste Kammerfrau, die deren ungeteiltes Vertrauen genoss, den beiden jungen Damen nicht von der Seite wich.
Mademoiselle Louise wurde geholt und mit strengsten Instruktionen versehen. Sie gelobte hoch und heilig, sich daran zu halten, und die jungen Damen bestiegen tiefverschleiert den unauffälligen Wagen ohne Wappen, den Madame de Sourdis für ihre Vormittagsbesuche zu benutzen pflegte.
Der Kutscher wurde angewiesen, vor dem Haus Nummer sechs in der Rue de Tournon zu halten, ohne dass man ihm einen Namen nannte.
Mademoiselle Louise stieg wie angewiesen als Erste aus; sie wusste, dass Mademoiselle Lenormand am Ende des Hofs wohnte, dass man dort drei Stufen die Treppe hinaufgehen und dann an der rechten Tür klopfen musste.
Sie klingelte, man öffnete, ließ sie eintreten und führte sie auf Mademoiselle Louises Bitte in einen kleinen Raum, der normalerweise den Besuchern nicht zugänglich war.
Die jungen Mädchen wurden aufgefordert, nacheinander einzutreten, in der Reihenfolge der ersten Buchstaben ihres Nachnamens, denn Mademoiselle Lenormand wurde nie in Anwesenheit mehrerer Personen tätig.
So kam es, dass Hortense Beaumarchais die Erste war.
Nach einer halben Stunde des Wartens wurde sie vorgelassen.
Mademoiselle Louise war schrecklich nervös, da man ihr eingeschärft hatte, keines der jungen Mädchen aus den Augen zu lassen. Blieb sie bei Claire, entwischte ihr Hortense. Begleitete sie Hortense, entzog sich Claire ihrer Aufsicht.
Die Frage war so wichtig, dass man sie mit Mademoiselle Lenormand erörterte, die einen Vorschlag hatte, wie alles unter einen Hut gebracht werden konnte.
Mademoiselle Louise blieb bei Claire, doch die Tür zu dem Kabinett wurde nicht geschlossen, so dass Hortense sichtbar blieb, gleichzeitig aber weit genug von ihren Begleiterinnen entfernt war, dass diese die leise gemurmelten Worte der Seherin nicht vernehmen konnten.
Selbstverständlich hatte Hortense darum gebeten, dass alle Tarotkarten gelegt wurden.
Was Mademoiselle Lenormand in ihren Karten sah, schien sie stark zu beeindrucken; ihre Gesten und ihr Gesichtsausdruck kündeten von wachsendem Erstaunen.
Als sie ihre Karten abgelegt und sich die Handfläche des jungen Mädchens genau angesehen hatte, erhob sie sich und sagte nachdrücklich einen einzigen Satz zu Hortense, den diese mit sichtlich ungläubiger Miene vernahm.
Auf alle weiteren Fragen Hortenses blieb die Pythia stumm und sagte nur die Worte: »Das Orakel hat gesprochen, glauben Sie dem Orakel!«
Dann bedeutete sie ihr mit einer Handbewegung, dass sie gehen und ihrer Freundin Platz machen solle.
Obwohl Mademoiselle de Beauharnais die Idee gehabt hatte, Mademoiselle Lenormand aufzusuchen, war Claire durch das, was sie mit angesehen hatte, fast ebenso neugierig geworden wie ihre Freundin, und sie ließ sich nicht zweimal bitten, das Allerheiligste der Prophetin zu betreten.
Doch dass ihr Schicksal Mademoiselle Lenormand nicht weniger erstaunen würde als das ihrer Freundin Hortense, damit hatte Claire nicht gerechnet.
Mit der Sicherheit einer Frau, die weiß, was sie tut, und die zögert, etwas
zu sagen, was völlig unwahrscheinlich klingt, mischte Mademoiselle Lenormand ihre Karten dreimal neu, betrachtete die rechte Handfläche und dann die linke,
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