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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Älteren, Junge. Die
    Wölfin litt an der Hundswoth, einer schrecklichen Krankheit, die von einem Biß übertragen werden kann. Ich hatte
    gehofft, daß an ihrem Reißzahn, der zuerst meine dicken Gamaschen durchdringen mußte, kein giftiger Speichel mehr war. Meine Hoffnung hat mich anscheinend nicht getrogen.
    Glaube mir, ich bin sehr erleichtert, eine Kruste über dem Kratzer zu sehen. Und jetzt gehe ich nach unten und sehe, was von dem Beutel, der mich gestern abend erwischt hat, übrig geblieben ist.«
    Ich hatte schon von der Hundswoth, der Tollwut, gehört und wußte, daß sie den sicheren Tod mit sich brachte. Aber ich hatte noch kein von ihr befallenes Tier gesehen. Hätte ich von Wyrds Verletzung gewußt, dann wäre ich wohl
    ebenso besorgt gewesen wie er. Aber nachdem er selbst
    jetzt alle Bedenken abgetan hatte, war ich froh, daß er mir nicht früher davon erzählt hatte.
    In der Taverne gesellte ich mich zu Wyrd, der zum
    Frühstück nichts außer schwarzem Brot und Wein nahm.
    Offensichtlich hatte er vor, mit seinem Freund Andraias den Rest des Tages durchzuzechen. Ich schlang eine Wurst, ein gekochtes Entenei und eine Schale Milch hinunter, denn ich war begierig, in das perlende Licht der Morgensonne
    hinauszukommen und Haustaths zu erforschen.
    Es mag so scheinen, als könnte eine so kleine und
    isolierte Stadt wie Haustaths einem jungen Mann wie mir wenig zu bieten, aber ich fand an diesem und am nächsten Tag genug, was mich bezauberte, und ich freute mich
    darauf, den Sommer hier zu verbringen. An diesem ersten Morgen entschied ich mich, die Gegend von oben nach
    unten zu erkunden. Ich nahm den Pfad am Fluß, auf dem
    Wyrd und ich am Tag zuvor in die Stadt gekommen waren.
    Zu Fuß war es ein steiler Aufstieg, was ein guter Vorwand für häufige Pausen war. Während ich wieder zu Atem zu
    kommen versuchte und meine Muskeln ausruhte, konnte ich geruhsam den Ausblick von immer weiter oben genießen.
    Ich ließ die Stelle hinter mir, an der Wyrd und ich über den Bergsattel gekommen waren, und folgte einem Pfad, der
    noch weiter nach oben führte. Schließlich erreichte ich die Saltwaurstwa, die Mine, der Haustaths seine Entstehung verdankte.
    Bergmänner schleppten sich aus dem Eingang, den
    Rücken gebeugt unter den länglichen, kegelförmigen
    Körben, die mit Brocken grauen Steinsalzes gefüllt waren.
    An ihnen vorbei schlurften andere mit leeren Körben wieder in die Mine hinein. Die Mine, eine ansehnliche Manufaktur, lag im Mittelpunkt einer kleinen Siedlung. Das größte Haus gehörte dem Minendirektor, etwas weniger groß waren die der Aufseher und Vormänner, und die Unterkünfte der
    Arbeiter gruppierten sich zu einem ganzen Dorf von
    Zweighütten mit kleinen Gärten. Alle Matten an den
    Berghängen der Umgebung waren mit Deichen versehen
    und unter Wasser gesetzt worden. In diesen Becken wurde das Steinsalz aufgelöst und von Verunreinigungen und
    Verfärbungen befreit, dann getrocknet und als weißes Salz gebrauchsfertig granuliert. Es gab gesonderte Hütten, in denen das Salz in Säcke abgefüllt wurde, ein riesiges Lager, in dem sie zwischengelagert wurden, und Pferche, in denen die Esel gehalten wurden, die das Salz über die Berge zu den verschiedensten Bestimmungsorten trugen.

Die Bergleute und ihre Vorarbeiter waren ausschließlich Männer, die Arbeit über Tage jedoch wurde vor allem von ihren Frauen und Kindern gemacht. Hier lebten bestimmt so viele Menschen wie unten in Haustaths. Einige von ihnen, so erfuhr ich später, waren Sklaven, die erst vor kurzem zu dieser Plackerei verdammt worden waren, aber die meisten von ihnen waren Abkömmlinge von Sklaven, die ihr geringes Einkommen dazu benutzt hatten, sich die Freiheit zu
    erkaufen. Und ihre Urenkel und Ururenkel unterzogen sich, obwohl sie Freie waren, weiter dieser Mühsal, denn es war alles, was sie konnten.
    Ich stand etwas abseits und betrachtete die Szenerie, als eine jugendliche Stimme im Befehlston hinter mir tönte:
    »Suchst du Arbeit, Fremdling? Bist du ein freier Arbeiter oder jemandes Sklave?«
    Ich drehte mich um und erblickte ein Mädchen, das für den Rest meiner Zeit in Haustaths meine Freundin und
    Gesellschafterin sein sollte. Ich beeile mich zu sagen, daß dies jedoch niemals eine Liebesbeziehung wurde, denn sie war noch ein Kind, etwa halb so alt wie ich, mit dem typisch braunen Haar der Römer, rehäugig, samthäutig und sehr
    hübsch.
    »Weder noch«, antwortete ich. »Und ich suche auch keine Arbeit. Ich

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