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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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zu glauben.«
    »Glaubt es, glaubt es«, verlieh Amalrich seiner Aussage Nachdruck. »Ich sagte Euch bereits, es sind unruhige
    Zeiten. Eine Katastrophe jagt die andere.«
    »Jesus!« wiederholte ich. »Leo war, so glaube ich
    zumindest, Zeit meines Lebens Herrscher des östlichen
    Reiches. Und ich glaubte, so werde es ewig bleiben.«
    »Es regiert immer noch ein Leo über Konstantinopel, sein Enkel, Leo der Zweite. Doch der ist noch ein Kind von kaum fünf oder sechs Jahren, also wird ein Regent für einige Zeit die Regierungsgeschäfte in die Hand nehmen. Unterdessen, solltet Ihr auch dies nicht gehört haben, starben die beiden Brüder, die über Burgund herrschten, Gundiok und
    Chilperich, im selben Frühling.«
    »Gudisks Himnis«, murmelte ich. »Diese beiden haben
    nun wirklich mein ganzes Leben lang regiert, das weiß ich genau.«
    »Ihre Söhne haben gemeinsam die Herrschaft
    übernommen, Gundobad in Lugdunum und Godegisel in
    Geneva. Und was haltet Ihr von dieser Nachricht? Der König der Ostgoten, Theudemir, ist ebenfalls gestorben. Nicht an Altersschwäche wie die anderen, sondern an einem Fieber.«
    »Auch das ist mir neu. Und trägt auch sein Tod zu dem
    beunruhigenden Zustand des Imperiums bei?«
    »Oh väi, natürlich tut er das! Theudemir wurde seit Jahren von Leo dem Ersten dafür bezahlt, den Frieden entlang den nördlichen Grenzen des östlichen Reiches
    aufrechtzuerhalten. Eigentlich war es jedoch eher eine Art Lösegeld, um die Ostgoten davon abzuhalten, selbst
    allzuviel Unruhe zu stiften. Das besorgte Theudemir. Aber er wehrte auch Invasionen und Überfälle ausländischer
    Stämme und Nationen ab.«
    »Ja«, sagte ich. »Man hat mir von Theudemirs Fähigkeiten auf diesem Felde schon berichtet.«
    »Jetzt, da sowohl das westliche als auch das östliche
    Reich im Umbruch sind, von den Cäsaren bis hinunter zum gemeinen Volk, und die Ostgoten ohne König dastehen,
    könnte es sein, daß die fremden Stämme, die so lange in Schach gehalten wurden, ihre Zeit für gekommen sehen.
    Einer hat schon losgeschlagen. Babai, König der
    Sarmaten.«
    »Ich habe von diesem Volk schon gehört«, sagte ich. »Wo hat Babai zugeschlagen?«
    »Die Sarmaten haben Singidunum, eine befestigte Stadt
    an der nördlichen Grenze des Reichs, eingenommen. Aber hoffentlich nicht für lange. Das Wort geht um, daß
    Theudemirs Sohn seinem Vater auf den Thron der Ostgoten gefolgt ist. Vielleicht hat er von seinem Vater nicht nur den Namen, sondern auch den Mut geerbt? Man sagt, er führe die Ostgoten, um Singidunum zu belagern und zu befreien.«
    »Du wirst mich im Kampf finden.« Deutlich erinnerte ich mich an Thiudas Worte. »Und ich lade dich ein, an meiner Seite zu kämpfen.«
    »Wo ist dieses Singidunum?« verlangte ich von Amalrich zu erfahren.
    »In Moesia Prima, Euer Hoheit. Weit flußabwärts an der Donau«, er deutete die Richtung an, »wo die Donau zur
    Grenze zwischen Moesia Prima und dem in Barbarenhände
    gefallenen Dakien wird. Etwa dreihundertundsechzig
    römische Meilen von hier.«
    »Man würde also wohl über den Fluß am schnellsten
    dorthin gelangen?«
    »Ja. Kein Mensch, der bei Verstand ist, würde sich auf dem Rücken eines Pferdes auf den Weg durch ein wildes
    Land, bevölkert mit feindlichen Stämmen...« Er brach ab und sah mich fragend an: »Ihr denkt doch nicht etwa daran, nach Singidunum zu gehen?«
    »Doch, das tue ich.«
    »Dort tobt ein Krieg! Dort werdet Ihr kein lohnendes Objekt für Eure Investitionen finden. Keine Annehmlichkeiten und Ablenkungen, wie Ihr sie hier genossen habt. Nichts
    Schönes - und wenn ich mir die Freiheit herausnehmen darf und niemand Schönes - das, wie Ihr es ausgedrückt habt, zu erkunden sich lohnen würde.«
    Ich lächelte. »Es gibt wichtigere und aufregendere Dinge als bloßes Gesellschaftsleben. Einladender als Müßiggang, Unterhaltung, einladener selbst als schöne Frauen.«
    »Aber... aber...«
    »Was ich jetzt brauche, ist ein erfrischender, langer Schlaf.
    Bevor ich mich jedoch zurückziehe, will ich einen
    Bogenmacher aufsuchen und einen Vorrat an Pfeilen
    erstehen. Während ich das tue, würdet Ihr, Amalrich,
    jemanden an den Hafen schicken und einen Bootsmann
    anheuern, der willens ist, mich nach Singidunum zu bringen?
    Oder, sollte niemand so mutig sein, wenigstens bis kurz vor die Stadt. Der Kahn oder die Schute müssen groß genug
    sein, um ein Pferd mitnehmen zu können. Sorgt dafür, daß das Boot ausreichend Vorräte mit sich führt, Verpflegung

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