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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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einen guten Preis erhalten.«
    »Balgsdaddja!« grunzte er. »Und dann wird sie mir von
    Piraten gestohlen, bevor ich sie sicher flußaufwärts gebracht habe, oder mein Boot wird unter mir versenkt. Nein, nein, unter den gegebenen Umständen wäre es tollkühn,
    weiterzufahren.«
    »Vergiß nicht, daß ich dich für meine Fahrt bereits bezahlt habe«, erinnerte ich ihn ruhig.
    »Aber wenn meine Männer und ich keine Fracht
    zurückbringen und dafür bezahlt werden, vorausgesetzt, wir kommen überhaupt lebend zurück, dann habe ich dir nur die Hälfte dessen abverlangt, was ich hätte fordern sollen.«
    »Davon war nicht die Rede, als wir unseren Vertrag
    schlössen«, sagte ich noch immer gelassen und schliff
    weiterhin mein Schwert. »Außerdem war mein Geldbeutel so gut wie leer, nachdem ich dir den vereinbarten Preis bezahlt hatte« - das war nicht gelogen -»also halte dich jetzt auch an unseren Vertrag.«
    Obwohl ich nicht mehr den edlen Thornareichs spielte,
    machte ich gelegentlich noch von dem nützlichen Trick
    Gebrauch, den ich in dieser Rolle gelernt hatte: Ich tat ganz einfach so, als sei ich eine hochgestellte Persönlichkeit, deren Anweisungen selbstverständlich zu befolgen seien.
    Die meisten Leute gehorchten dann auch.
    Ich sagte also: »Ich werde dir in einer Hinsicht
    entgegenkommen: Ihr könnt mich kurz vor Singidunum an
    Land setzen, dann kommt ihr der Gefahr nicht allzu nahe.
    Eine Einschränkung muß ich jedoch machen: Ich muß die
    Stadt zumindest aus der Ferne sehen können, bevor ich das Boot verlasse. Ich lasse mich nicht in irgendeinem
    entlegenen Wald an Land setzen.«
    Es war früher Morgen, als wir um eine Landzunge fuhren und die Bootsleute ihre Stangen in den Grund des Flußes bohrten, um den Kahn anzuhalten. Oppas deutete wortlos in die Ferne. Zu unserer Rechten befand sich der Hafen
    Taurunum, der ähnlich aussah wie Mursa, nur daß seine
    Piers menschenleer waren und an seinen Docks keine
    Schiffe lagen. Hier mündete die Sawe von rechts in die Donau und verbreiterte diese auf das Doppelte. An der
    Stelle des Zusammenflusses konnte man auf der
    gegenüberliegenden Uferseite in einiger Entfernung im
    Morgennebel die Stadt Singidunum erkennen.
    »Ihr könnt mich jetzt ans Ufer setzen«, sagte ich zu
    Oppas, »aber ich habe nicht vor, durch die Donau oder die Sawe zu schwimmen.«
    »Väi! Soll ich dich vielleicht am Ufer direkt vor Singidunum absetzen? Ich weigere mich strikt, so nahe an die Stadt heranzufahren!«
    »Also gut, sage deinen Männern, sie sollen die Sawe ein Stück hinauffahren. Dann laß mich so weit von der Stadt entfernt ans Ufer, wie es dir vernünftig erscheint.«
    Die Bootsleute murrten und fluchten, weil sie sich zum ersten Mal auf dieser Fahrt wirklich anstrengen mußten, aber sie taten, was Oppas ihnen mürrisch befahl. In der Zwischenzeit zäumte ich Velox auf, legte ihm den Sattel über und belud ihn mit meinen Habseligkeiten. Dann gürtete ich mein Schwert und hängte mir Bogen und Köcher mit
    neuen Pfeilen um. Zwei bis drei römische Meilen
    flußaufwärts erreichten wir eine Stelle, wo das Ufer der Sawe flach abfiel. Der Kahn glitt zum Ufer, und Oppas ließ die Seitenrampe ins flache Wasser hinab. Über sie führte ich Velox zürn Ufer hinüber. Ich selbst ging dabei rückwärts, damit ich die Männer nicht im Rücken hatte.
    »Thags izei, meine Reisegefährten«, rief ich ihnen zum Abschied noch fröhlich zu. »Die von mir gekauften Vorräte sind noch nicht ganz aufgebraucht, aber als Dank für eure unschätzbaren Dienste überlasse ich euch diese
    Köstlichkeiten zum Verzehr.«
    Sie knurrten nur wütend, und Oppas holte die Rampe mit einem Ruck wieder ein. Die Männer zogen ihre Stangen aus dem Schlamm, und das Boot trieb auf der Sawe zurück in Richtung Donau. Ich wartete, bis ich sicher war, daß keiner der Männer versuchen würde, mir zum Abschied ein
    Wurfgeschoß nachzuschleudern, dann führte ich Velox das Ufer hinauf in den Wald. Als wir auf einen Fußpfad
    gelangten, der parallel zum Fluß verlief, stieg ich in den Sattel und steckte meine Stiefelspitzen in das Fußseil. Jetzt war ich für jeden Krieg und jedes Abenteuer gerüstet. Velox schnaubte ungeduldig, und ich ließ ihn in leichtem Galopp auf Singidunum zulaufen.
    Noch bevor ich dort anlangte, bot sich mir ein
    faszinierender Anblick. Velox trug mich zur Spitze eines bewaldeten Bergkamms, wo mit einem Mal der Wald
    aufhörte. Ich hielt an. Tief unter mir öffnete sich ein Tal, in dem

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