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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Quellen gepriesen. Das Baden in diesem Wasser
    kann deinen Zustand kaum verschlimmern. «
    »Deswegen mache ich mir keine Gedanken, Veleda. Was
    in aller
    Welt könnte ihn noch schlimmer machen? Ich weigere
    mich einfach, mein... mein Gebrechen zu enthüllen und es so lange unseren Blicken auszusetzen.«
    »Nun gut«, sagte ich, erfreut darüber, nun eine gute
    Entschuldigung zu haben, meinen eigenen verhüllenden
    Gürtel nicht ablegen zu müssen. »Wir werden beide sittsam nach Art der Römer unser Bad nehmen, und wenn wir dann fertig sind, werde ich sogleich deinen Verband gegen einen trockenen eintauschen.«
    Als wir am dritten Abend die Thermen verließen, sagte die Prinzessin ehrfürchtig: »Ich kann es kaum glauben, Veleda, und vielleicht sollte ich es gar nicht erwähnen, damit ich das Schicksal nicht herausfordere, aber ich glaube wirklich, daß diese Wasser mir helfen. Ich bin zwar immer noch schwach, doch fühle ich mich einfach gesünder - sowohl körperlich als auch seelisch. Und auch der Schmerz hat stark

nachgelassen... Weißt du überhaupt, daß ich heute noch gar keine Alraunwurzeln nehmen mußte?«
    Ich lächelte und gratulierte ihr. »Ich hatte gedacht, daß du vielleicht deshalb soviel rosiger und glücklicher aussiehst, weil die Bäder deinen Körper so aufheizen. Doch habe ich außerdem auch den Eindruck, daß das Geschwür an sich
    kleiner und weniger bösartig wirkt als zuvor.«
    Ich war auch der Meinung, daß die offene Wunde eine
    Spur kleiner geworden sei und sich durch die
    adstringierende Wirkung des Wassers etwas
    zusammengezogen habe. Amalamenas eigentümlicher
    Krankheitsgeruch hatte sich jedoch nicht merklich verringert.
    Trotzdem entschloß ich mich, Daila am nächsten Morgen
    mitzuteilen, daß wir alle noch ein paar Tage länger in Pautalia bleiben würden, einfach um abzuwarten, ob sich der Zustand der Prinzessin weiterhin verbessern würde. Auf jeden Fall begab sie sich gemeinsam mit mir in so fröhlicher Stimmung zu Bett wie schon lange nicht mehr. Und mitten in dieser Nacht geschah dann das Unvorhergesehene.
    »Saio Thorn!« ertönte eine laute Stimme außerhalb
    unseres Quartiers. Ich war sofort wach und registrierte, daß der Morgen schon graute. Fast im selben Moment war ich auch schon aus dem Bett gesprungen und beeilte mich, in Thorns Kleidung und Rüstung zu kommen.
    »Ich komme, Daila!« schrie ich zurück, da ich seine
    Stimme erkannt hatte. Wahrend ich einen meiner Stiefel mit der einen Hand anzog, tastete ich mit der anderen unter der Matratze nach dem gefalteten Pergament, um es unter
    meine Tunika zu stecken. Es war nicht da. Höchst erstaunt und schlagartig hellwach schlug ich die Matratze an dieser Seite ganz zurück, um genau nachzusehen. Die Rolle war nirgends zu sehen.
    »Amalamena!« keuchte ich. Sie saß aufrecht im Bett,
    ebenso aufgeregt wie ich, und preßte die Decke an ihre nackten Brüste. »Das Pergament! Hast du es genommen?
    Irgendwo anders hin getan?«
    Sie sagte schwach: »Ne, ich nicht.«
    »Dann zieh dich bitte auch an, mit Swanildas Kleidung.
    Wenn unsere Manner weit genug weg sind, so daß sie dich nicht erkennen können, trittst du einen kurzen Moment als Kammerzofe auf.«
    Ich wartete die Antwort nicht ab, sondern stülpte den Helm über mein' zerzaustes Haar und stürzte aus der Tür, immer noch an verschiedenen Verschlüssen meiner Kleidung
    nestelnd. Draußen erwartete mich der Optio bereits mit finsterem Blick, doch hielt er - gottlob - das purpurversiegelte Pergament in der Hand. Er war nicht allein. Einige unserer Krieger standen bei ihm und zwei weitere stützten einen, der so wirkte, als sei er ohnmächtig oder verletzt.
    »Saio Thorn«, grüßte Daila mich mürrisch. »Falls du mit einem offenen Auge schläfst, empfehle ich dir, ihm etwas Ruhe zu gönnen und zur Abwechslung einmal das andere
    Auge zum Einsatz zu bringen.«
    Es war kaum der Moment, ihn wegen mangelnder
    Ehrerbietung gegenüber einem Vorgesetzten zu tadeln. Ich konnte ihn nur ziemlich zerknirscht fragen: »Wie kam es, daß das Ding gestohlen wurde?«
    »Ein Verräter mitten unter uns.« Daila zeigte auf den
    Mann, der schlaff zwischen den beiden anderen hing. Sein Gesicht war so entstellt, grün und blau geschlagen und blutig, daß es einen Moment dauerte, bis ich ihn als einen meiner beiden Bogenschützen erkannte. Der Optio führte mich ein Stück von der Gruppe weg, um sich vertraulich mit mir zu unterhalten.
    »Unsere anderen Wachposten sind immer noch loyal.

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