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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Naserümpfend sagte er, Zeno sei völlig einverstanden mit meinem Dokument, in dem
    Singidunum ihm zugesprochen wurde. Erneut die Nase
    rümpfend fügte Myros hinzu, daß der Sebastos mich sogar beglückwünschte zu der Art und Weise, wie ich den Vertrag mit so vollendeter juristischer Finesse diktiert habe. Der Majordomus gebärdete sich keineswegs nach Eunuchenart
    sarkastisch oder herablassend; fortwährend schnüffelte er und rümpfte die Nase, und mir war auch klar, warum.
    Amalamenas eigentümlicher Krankheitsgeruch hatte meine eigene Kleidung durchdrungen und vielleicht auch mein
    Haar und selbst meine Haut. Myros erkundigte sich jedoch nicht nach der Ursache des Geruchs, und ich bot auch
    keinerlei Erklärung an, deshalb beschloß er seine Nachricht mit den Worten:
    »Aus diesem Grund, Presbeutes Akantha, mögt Ihr Euch
    mit Eurer Begleitung auf den Weg machen, sobald Ihr bereit seid und der Kaiser rechnet damit, daß dies unverzüglich geschehen wird.«
    »Wir sind bereit«, antwortete ich.
    Ich suchte unverzüglich Daila auf, der mir, bevor ich
    überhaupt fragen konnte, mitteilte: »Die kleine Kammerzofe machte sich um Mitternacht auf den Weg, Saio Thorn. Ich glaube nicht, daß die Wachen oder irgendwelche geheimen Spione oder sonst jemand sie beobachtet hat. Ich ließ sie durch das Rhegium-Tor hinaus, das selbst tagsüber kaum benutzt wird. Von dort aus hat sie sicher mühelos den Weg um die Stadtmauern herum zur Via Egnatia gefunden.
    Außerdem ist sie ja ein schlaues kleines Ding; sie findet sicher auch ohne Schwierigkeiten die Straßen, die sie in westlicher und nördlicher Richtung nach Singidunum führen werden.«
    »Gut«, sagte ich. »Und falls ihr doch auf dem Weg
    irgendein Mißgeschick zustoßen sollte, müßten wir eigentlich davon hören, da wir anderen ja auf denselben Straßen hinter ihr herreisen werden.«
    »Nach Singidunum?« fragte Daila erstaunt. »Ich glaubte, du hättest andere Pläne für uns, da du den Vertrag der Kammerzofe anvertrautest.«
    »Sie bringt das Dokument heimlich nach Singidunum. Ich möchte absolut alle davon überzeugen, daß wir es in
    Wirklichkeit bei uns haben.« Ich zeigte ihm die Imitation, die ich angefertigt hatte, und sagte ihm, warum ich vermutete, daß Zeno nicht beabsichtige, den Vertrag Theoderich jemals zukommen zu lassen. »Ich werde ihn den ganzen Weg über am Körper tragen, und ich rechne fest damit, daß man
    versuchen wird, ihn mir wegzunehmen. Ich weiß nicht, was sie planen -
    einen heimlichen Diebstahl, einen
    Meuchelmord, einen offenen Angriff durch vermeintliche Straßenbanditen...«
    »Oder etwas Unvorhersehbares«, grollte der Optio. »Ein anheinend zufälliger Erdrutsch, ein Waldbrand, irgend
    etwas.«
    »Ja. In der Zwischenzeit bringen wir Theoderich etwas, was sogar noch kostbarer ist als der Vertrag - seine
    königliche Schwester. Deshalb werde ich der Prinzessin immer so nahe sein wie ihre neue Kammerzofe. Tagsüber
    werde ich neben ihrer Karosse reiten. Nachts werde ich am Fuß ihres Bettes schlafen, ein Auge immer offen und mein Schwert griffbereit neben mir, unabhängig davon, ob wir ein Lager aufschlagen oder Unterkunft in irgendwelchen
    Gebäuden finden. Da ich mit diesen Dingen beschäftigt sein werde und wir uns wahrscheinlich nicht oft sehen, Daila, erlege ich dir eine große Verantwortung auf. Ich werde alles tun, Amalamena zu beschützen, aber dir trage ich auf, sie, mich und das gefälschte Dokument, das ich bei mir trage, zu beschützen.«
    Er sagte ein wenig frostig: »Du hättest dich darauf in jedem Fall verlassen können, Saio Thorn. Wozu bedarf es dieses zweiten Pergamentes, der List und des geheimen
    Boten?«
    »Nur eine Vorsichtsmaßnahme, alter Krieger. Es steckt
    kein Zweifel an deiner Kampfesstärke dahinter. Bedenke, daß ich dich im Kampf erlebt habe. Dennoch, falls wir
    tatsächlich überwältigt werden sollten, können wir in der Gewißheit sterben, daß unser Tod die niederträchtigen
    Pläne von Zeno und seinen Schergen Strabo und Rekitach nicht unterstützt, sondern sie im Gegenteil sogar durchkreuzt hat. Theoderich wird im Besitz seines Vertrages sein mit allem, was er ihm und unserem Volk zugesteht.«
    Nicht ganz besänftigt sagte Daila: »Noch besser wäre es allerdings für uns, gar nicht zu sterben. Alle meine
    Bemühungen - und die jedes einzelnen Mannes werden auf dieses Ziel gerichtet sein.«
    »Du sagst es, das wäre natürlich noch besser. Nun sorge dafür, daß du und unsere Mannen frühstückt,

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