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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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fertig bin, falls bis übermorgen immer noch keine Nachricht von
    Singidunum da ist, schwöre ich, daß ich...«
    »Ich habe eine Idee, was diese Gefangenen betrifft«,
    unterbrach ich ihn.
    »Eh?«
    »Oder habt Ihr schon beschlossen, was mit ihnen
    geschehen soll? Die wilden Tiere? Die Tunica? Das
    Patibulum?«
    »Ne, ne«, sagte er ungeduldig. »Das ist alles viel zu
    harmlos, um meinen momentanen brüllenden Blutdurst zu
    stillen.«
    »Dann laßt mich Euch etwas wirklich Blutrünstiges
    empfehlen«, sagte ich und täuschte Begeisterung vor.
    »Habe ich nicht ein Amphitheater hier in Constantiana
    gesehen, als wir ankamen?«
    »Ja, ein sehr schönes, großes, von weißem parischem
    Marmor. Doch falls Ihr Gladiatorenkämpfe vorschlagen wollt, laßt es bleiben. Einzelkämpfe sind sogar noch harmloser, ermüdender und langweiliger als...«
    »Einen
    phantastischen
    Wettkampf«, sagte ich
    überschwenglich. »Diese Stammesbrüder erzürnten Euch,
    weil sie versuchten, einander abzuschlachten, niu? Dann laßt sie das doch tun. Alle zur gleichen Zeit. Zwingt sie dazu.
    Jagt sie alle in die Arena. Dreihundert von dem einen Stamm gegen die dreihundert des anderen. Um sie noch mehr
    anzuspornen, könntet Ihr Ihnen versprechen, den letzten Überlebenden jedes Stamms zu verschonen und ihm die
    Freiheit zu schenken. Wahrhaftig, ein Wettkampf dieser Größenordnung müßte an all das herankommen, was
    Caligula oder Nero jemals ersonnen haben. Die Arena wird wahrscheinlich knöcheltief voll Blut sein.«
    Voller Bewunderung schüttelte Strabo so heftig den Kopf, daß seine Augäpfel fast aus den Höhlen fielen, und sagte mit gedämpfter Stimme:
    »Ich hoffe inbrünstig, daß Ocer wirklich rechtzeitig hier eintrifft, damit ich Euch nicht verstümmeln muß, Amalamena.
    Ich habe noch nie eine Frau getroffen, die so viele meiner eigenen Leidenschaften teilt, und es wäre wirklich ein Jammer, wenn ich Euch umbringen müßte. Eine
    Raubritterin, eine Vertreterin der Unterwelt nannte ich Euch, und das seid Ihr auch. Caligula und Nero - in Walis-Halla oder Avalonnis oder wo immer sie jetzt auch residieren -
    sterben sicher noch einmal vor lauter Neid, daß ich Euch gefunden habe.«
    »Dann zeigt Eure Dankbarkeit«, sagte ich. »Laßt mich
    neben Euch sitzen und dem Schauspiel beiwohnen.«
    Er murmelte mit finsterem Blick: »Nun, das...«
    »Ich bin noch nie aus diesen Räumen herausgekommen,
    seitdem Ihr mich hierher brachtet. Und noch nie durfte mich jemand besuchen, nur einmal der Garnisonspfarrer. Er sagte mir, daß ich, beschmutzt und besudelt wie ich sei, keine Aussicht auf den Himmel der Christen habe. Laßt deshalb zu, daß ich mich unwiderruflich der Hölle verschreibe.
    Kommt, Triarius. Würdet Ihr wirklich einer Raubritterin die Gelegenheit verwehren, beim Töten dabei zu sein? Würdet Ihr eine Vertreterin der Unterwelt daran hindern, sich an dem zu weiden, was ihrem ureigensten Wesen entspricht?
    Strabo lachte kurz auf. »Nur zu wahr. Doch werdet Ihr mit einer Handschelle an einen Wächter gefesselt sein. Und ich hoffe Ihr genießt das Spektakel, Weib. Es ist mein voller Ernst, wenn ich schwöre, daß das nächste Blut, das
    vergossen wird, das Eure sein wird.«
    Als an diesem Abend die Wachablösung stattfand, war der neue Wächter, der mir und Camilla die Tabletts mit unserem Abendessen brachte, erwartungsgemäß der Ulan Odwulf. Er erzählte mir, die herulianischen Gefangenen seien
    inzwischen in der Stadt angekommen und in die Verliese unter dem Amphitheater gesperrt worden. Die Frauen und Töchter seien den Soldaten der Garnison überlassen
    worden, die ein großes Gelage veranstalteten.
    Ich meinerseits berichtete ihm von den umfangreichen
    Gladiatorenwettkämpfen,
    die am nächsten Morgen
    stattfinden sollten. Dann sagte ich zu ihm: »Ich möchte, daß du die Rüstung und das Pferd von Marschall Thorn
    herbeischaffst. Strabo und ich sitzen morgen in dem
    zentralen Podium in dem Rang des Amphitheaters, der auf gleicher Höhe mit der Arena liegt. Binde also das Pferd an und verstecke die Rüstung irgendwo in der Nähe des
    Privateingangs zu diesem Podium.«
    »Aber ich dachte, wir würden die Rüstung nur als
    Andenken aufbewahren. Ihr wollt sie tragen?«
    Ich sagte leichthin: »Saio Thorn war nicht viel größer als ich. Sie müßte mir eigentlich gut passen. Und er brachte mir auch bei, auf seinem Pferd zu reiten, mit diesem Fußseil darum herum. Bedenke, Odwulf, vor nicht allzu langer Zeit waren die ostgotischen Frauen

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