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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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daß diese aufrührerischen Stammesleute, die die Autorität ihres Königs untergraben hatten, indem sie
    versucht hatten, einander abzuschlachten, nun die
    Gelegenheit erhalten würden, genau das zu tun, die Blauen gegen die Grünen. Für den Fall, daß ein letzter Mann auf beiden Seiten überleben sollte, würden diese Beiden nicht nur mit dem Leben davonkommen, sondern darüber hinaus
    als ehrenvolle Krieger des Königs eigener Palastwache
    zugeteilt werden.
    »Haifsts sleideis haifstjandau!« beschloß Strabo seine Rede: »Kämpft einen erbitterten Kampf!« Dann kehrte er gelassen zu seinem Lager zurück und machte es sich darauf bequem, so daß seine perlenverzierten Füße von allen
    gesehen werden konnten, bevor er das weiße Tuch
    schwenkte und fallen ließ zum Zeichen, daß der Kampf nun beginnen möge.
    Das tat er auch, aber nicht so, wie Strabo und die anderen Schaulustigen sich das vorgestellt hatten. Als das Tuch fiel, stürmten die Blauen und Grünen nicht etwa aufeinander los.
    Vielmehr schlugen sie die andere Richtung ein und strebten auf die Seitenwände der Arena zu. Ein paar von den
    Männern nahmen ihre Schwerter zwischen die Zähne,
    sprangen hoch, klammerten sich an der über ihnen
    liegenden Brüstung fest, zogen sich an ihr hoch und
    sprangen über sie hinweg. Andere wiederum traten in die zu Schalen geformten Hände ihrer Kameraden und wurden
    über die Mauer gehievt. Dann beugten sich diejenigen, die schon oben waren nach unten und zogen andere nach. Die Zuschauer, denen plötzlich nackte und bewaffnete Männer kopfüber in den Schoß plumpsten, behinderten sich
    gegenseitig in dem Bemühen, die Flucht zu ergreifen. Alle anderen in dem Amphitheater aber - auch Strabo - waren so vom Donner gerührt, daß sie sitzen blieben, auf den noch nie dagewesenen Tumult starrten und erstaunt vor sich hin murmelten.
    Das Gemurmel schlug jedoch in Geschrei und Gebrüll um, als die nackten Herulianer begannen, ihre Schwerter zu schwingen. Sie schlugen wahllos zu, und die Männer,
    Frauen und Kinder, die eng aneinander gedrückt in den
    Sitzen saßen, waren ihnen hilflos ausgeliefert. Einige von den Zuschauern warfen die Arme hoch, um sie als Schilde einzusetzen. Ihre Arme wurden abgetrennt und flogen durch die Luft. Dasselbe geschah mit Fingern, Händen, Ohren, Nasen und einer beträchtlichen Anzahl vollständiger Köpfe -
    meistens die von Kindern, da diese einfacher abzutrennen waren - sowie mit undefinierbaren Fleischfetzen, und
    Fontänen hellroten Blutes spritzten umher.
    Noch bevor Strabo selbst richtig begriffen hatte, was
    passierte, erholte sich mein eigener privater Wächter von seinem sprachlosen Erstaunen und langte mit der linken Hand nach seinem Schwert. Gleichzeitig riß ich jedoch
    meinen rechten Arm hoch, an dem die Handschelle befestigt war, und verhinderte es. Mit aller Kraft lehnte ich mich dann seitlich auf die Kette und zwang damit seinen Arm in eine Position zwischen uns. Odwulfs Schlangenschwert kam von hinten nach unten geschossen und durchtrennte den
    Unterarm des Wächters, ein kleines Stück oberhalb der
    Handschelle. Das hatte zur Folge, daß nicht nur die Kette und zwei Handschellen von meinem eigenen Handgelenk
    baumelten, sondern auch seine schwere, blutende,
    zuckende Hand. Doch die Tapferkeit des Wächters verdiente Anerkennung. Trotz seiner schweren Verwundung gelang es ihm irgendwie, sein Schwert mit der rechten Hand zu ziehen, und er kämpfte verzweifelt, um Odwulfs nachfolgende
    Schläge abzuwehren.
    Inzwischen war auch Strabo auf den Beinen und brüllte
    mich an: »Falsche Schlange, die Ihr seid, das war Euer Werk!«
    Auch er hatte ein Schwert und ging damit auf mich los, und eigentlich wäre es in diesem Moment um mich
    geschehen gewesen. Da ich jedoch nur eine unbewaffnete Frau war, machte er sich nicht die Mühe, die richtige
    Stellung einzunehmen und genau zu zielen, ja nicht einmal mit aller Macht das Schwert zu führen. Sein Schwert traf nur meinen spiralförmigen bronzenen Brustpanzer und prallte daran ab. Der Hieb selbst war entsetzlich schmerzhaft, nahm mir die Luft und brachte mich zum Straucheln. Doch ehe Strabo sich in Positur stellen und wieder losschlagen konnte, dieses Mal mit wahrscheinlich tödlichem Ausgang, hatte Odwulf den Wächter niedergestreckt, holte nun noch einmal aus und Strabo stürzte zu Boden. Seltsamerweise blutete er nicht, was mir trotz meines angeschlagenen
    Zustands auffiel.
    »Ich traf ihn... mit der flachen Seite... meines

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