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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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wiederholen, die ich meinen Freunden hier über dich erzählt habe.«
    »Warum?«
    »Damit du dasselbe über unsere Begegnung erzählst wie
    ich, wenn du mit Meirus, Swanilda oder Made sprichst.«
    »Warum sollte ich mit ihnen sprechen?«
    »Weil sie alle auf irgendeine Weise in meine Mission
    verwickelt sind, eine Geschichtschronik über die Goten zu erstellen.«
    Thor wich ein Stück zurück. »Ich hatte gehofft, daß du nach dem, was heute abend zwischen uns vorgefallen ist, diese alberne Mission aufgeben würdest.«
    »Sie aufgeben? Ich bin im Auftrag des Königs hier!«
    »Na und? Ich verließ ohne Erklärung oder Entschuldigung eine Königin, nur um dich zu finden. Es ist mehr als
    wahrscheinlich, daß Königin Ragna mir eine Abordnung
    nachgesandt hat, die den Auftrag hat, mich zu bestrafen.«
    Offenbar nicht beunruhigt von dieser Aussicht fügte Thor kichernd hinzu: »Ich weiß nur zu gut, daß sie inzwischen wie eine häßliche alte Hexe aussehen muß, nun, da sie meine Dienste nicht mehr in Anspruch nehmen kann.«
    »Ich bin geschmeichelt, daß du mich so intensiv gesucht hast. Doch muß ich dich darauf hinweisen, daß du eine
    Kammerzofe warst. Ich bin Marschall eines Königs.«
    Thor zog sich noch weiter von mir zurück und sagte
    gereizt: »Ach ja. Nur eine Kammerzofe. Die unwürdige Dienstmagd bittet Euch um Verzeihung, Erlauchtester. Ihr seid mir ja so überlegen. Selbstverständlich gehen Eure Wünsche immer vor.«
    »Nun, nun. Ich wollte keinen herablassenden Eindruck
    machen oder -«
    »Du bist von höherem Rang, Saio Thorn, doch nur, wenn
    du deinen Titel, deine Insignien und deine Kleider trägst. Im Moment sehe ich auf diesem Bett nur zwei nackte
    Hermaphroditen, beide ji^jßgeburten, Ausgestoßene aus der Welt der Normalen. Keiner von beiden ein Jota besser oder anders oder von höherem Stand als der andere.«
    »Völlig richtig«, sagte ich, wenn auch etwas steif.
    »Immerhin mußt du aber doch zugeben, daß du wesentlich weniger aufgeben mußtest als das Amt eines Marschalls.«
    Unvermittelt hellte sich Thors Stimmung wieder auf. »Wir streiten uns tatsächlich - wie ein ganz gewöhnliches
    Ehepaar. So weit dürfen wir es niemals kommen lassen. Wir beide müssen gegen den Rest der Welt zusammenhalten.
    Warte... laß mich dich wieder im Arm halten...«
    Im nächsten Moment taten wir etwas, das für andere
    Menschen, gleichgültig welchen Geschlechts, anatomisch unmöglich wäre. Und der Höhepunkt dieses Liebesspiels
    war so vollkommen und paradiesisch schön, daß man ihn
    keinem anderen Menschen außer einem Hermaphroditen
    begreiflich machen kann - und dann auch nur einem Hermaphroditen wie Thor oder mir, der das außerordentliche Glück gehabt hatte, einen anderen Hermaphroditen
    gefunden und mit ihm Geschlechtsverkehr gehabt zu haben.
    An dieser Stelle muß ich noch etwas anderes gestehen,
    weil viele meiner folgenden Handlungen sonst
    unverständlich wären.
    Um ganz ehrlich zu sein, noch bevor diese Nacht sich dem Ende zuneigte, war ich Thor mit Haut und Haaren verfallen.
    Ich hatte mich keineswegs in ihn verliebt; ja ich war nicht einmal schwärmerisch vernarrt in Thor als Thor; Ich war einfach nur völlig überwältigt und hingerissen von den unerschöpflichen sexuellen Wonnen, die Thor mir zu bieten vermochte. Ich muß wohl kaum erwähnen, daß ich niemals in meinem Leben unter dem lähmenden christlichen Laster der falschen Scham gelitten hatte und weder meinen
    sexuellen Appetit unterdrückt noch Mangel an
    Gelegenheiten gehabt hatte, diesen Appetit zu stillen. Und doch ähnelte ich jetzt einem völlig zügellosen Menschen, der sich, nachdem er sich lange mit einer frugalen Diät
    bescheiden mußte, endlich an eine unermeßlich reich
    gedeckte Tafel versetzt sieht - die nicht nur die üblichen Speisen bietet, sondern köstliche Delikatessen, mit denen er seinen unersättlichen Hunger immer wieder zu stillen sucht.
    Nun, da ich mich selbst in den Fesseln einer ins Maßlose gesteigerten sexuellen Gier erlebte, konnte ich plötzlich nachempfinden, wie ein Trinker Sklave seines Weines wird und warum der alte Einsiedler Galindo jeder menschlichen Gesellschaft und Annehmlichkeit entsagte außer der, die ihm der abscheuliche Rauch seines Krautes verschaffte.
    Als wir nach unserem sinnlichen Akt der Wollust wieder nebeneinander lagen, die Körper vor Schweiß glänzend,
    sagte ich: »Da du mir bis hierher gefolgt bist, Thor, und von meiner Suche wußtest, hätte ich eigentlich erwartet,

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