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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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wollen, verspreche ich, weder als
    dominanter Ehemann noch als dominante Ehefrau
    aufzutreten. Doch erwarte ich dasselbe Zugeständnis auch von dir. Merk' dir außerdem: Das ist meine Suche. Ich nehme mit, wen ich will, und ob wir nun viele oder wenige sind: Der Anführer unserer Truppe bin immer noch ich, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen oder Befehle zu geben.«
    »Väi, väi, väi!« sagte Thor, der urplötzlich wieder guter Laune war. »Schon wieder ein Streit? Warum suchst du
    ständig Streit, Thorn, und vergeudest so viel kostbare Zeit von unserer ersten gemeinsamen Nacht? Komm, wir wollen unseren Streit mit Küssen beenden und dann noch
    einmal...«
    »Wirklich, Thor. Der Morgen bricht schon fast an.«
    »Na und? Schlafen können wir, wenn wir nicht mehr
    genug Energie oder Phantasie haben, um etwas Besseres
    mit unserer Zeit anzufangen. Danach werden wir deine
    großartige Suche fortsetzen - und ja, natürlich werde ich dich begleiten. Doch ist der Pfad der Goten schon
    jahrhundertealt; er kann noch ein wenig länger warten.
    Meine... Bedürfnisse... sind drängender. Deine nicht?«
    Gewiß liebte ich Thor damals nicht, noch liebte er mich.
    Doch ist es ebenso gewiß, daß wir beide verwirrt und fast von Sinnen waren, so stark war unsere Besessenheit
    voneinander. Und das gleich vom Beginn unserer Beziehung an, als wären wir vom Spruch eines Zauberers oder durch eine Beschwörung von Dus, dem Geist der Wollust, in
    diesen Zustand versetzt worden. Ein Beweis für die
    ekstatische Verzückung, die von uns beiden Besitz ergriffen hatte, war, daß irgendwann während unserer nächsten
    Umarmung in dieser Nacht einer von uns keuchte: »Ach, wie innig wünschte ich mir, dir ein Kind schenken zu können...«
    Und der andere darauf erwiderte: »Ach, wie innig
    wünschte ich mir, dein Kind austragen zu können...«
    Doch erinnere ich mich nicht daran, wer von uns beiden welche Worte aussprach.
    »Jesus Christus!«
    Sie sprach nicht sehr laut, doch rissen mich diese Worte aus dem Schlaf, und mein erster Gedanke war, daß ich noch nie gehört hatte, daß Swanilda den Namen Jesu als Fluch benutzt hätte. Mein zweiter Gedanke war Erleichterung
    darüber, daß unsere Decken Thors und meine Blöße leidlich verhüllten, da helles Tageslicht durch das Fenster des Zimmers strömte und Swanilda uns offensichtlich in enger Umarmung hatte liegen sehen. Dann fiel die Tür mit einem lauten Knall ins Schloß, als sie aus dem Zimmer stürzte. Ich beeilte mich, aus dem Bett zu kommen, doch Thor lachte nur.
    »Ihr Überwachungssystem funktioniert gut, nicht wahr?«
    »Sei ruhig«, knurrte ich, während ich ungeschickt anfing, mich anzuziehen.
    »Nun, wenn sie dein Geheimnis bis jetzt noch nicht geteilt hat, weiß siejedenfalls nun Bescheid. Und wie ich die Frauen kenne und das tue ich zur Genüge - wird sie es in kürzester Zeit der gesamten Schöpfung mitteilen.«
    »Das glaube ich nicht«, murmelte ich. »Doch muß ich mir Gewißheit darüber verschaffen.«
    »Es gibt nur einen sicheren Weg, die Lippen einer Frau zu versiegeln. Und zwar mit der Erde, in der sie begraben wird.«
    »Wirst du wohl ruhig sein? Verdammt, wo ist mein anderer Stiefel geblieben?«
    Thor stand auf, wühlte unter dem Bett herum und kam
    grinsend durch das Zimmer auf mich zu, um mir den Stiefel zu überreichen. Selbst in meinem gegenwärtigen Zustand, in dem ich zwischen Ärger, Schuldgefühlen und Besorgnis hinund herschwankte, konnte ich nicht umhin, erneut die
    Schönheit von Thors nacktem Körper im Licht der
    Morgensonne zu bewundern. Und wenn meine Gedanken
    auch noch so unritterlich waren, ich mußte doch zugeben, daß Thor sich geschmeidiger und anmutiger bewegte als
    Swanilda. Gleich darauf zuckte ich zusammen, als der
    strahlend schöne Körper sich umwandte und ich die
    totenblasse Narbe in Form von Thors Hammer sah.
    »Ich begleite Swanilda zu Meirus' Haus zurück«, sagte ich.
    »Du bleibst hier, Thor. Zieh' dich an, frühstücke, tu, was dir beliebt. Achte nur darauf, außer Sichtweite zu bleiben. Gib mir viel Zeit, Swanilda zu besänftigen und herauszufinden, was sie erraten hat. Ich werde dich später in Meirus
    Lagerhalle am Hafen treffen.«
    Ich schickte mich an, zu gehen, doch hielt Thor mich lange genug auf, um die uralte weibliche Handlung zu zelebrieren, die Besitzansprüche symbolisiert: er zupfte ein paar Fäden aus meiner Tunika, bevor ich hinaus in die Öffentlichkeit trat.
    Dann verließ ich eiligst das Zimmer und das

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