Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
Vom Netzwerk:
haben, setzen wir hinter Odoaker her. Sofern uns unsere Späher nicht davon
    unterrichten, daß er die Via Postumia verlassen hat, werden wir ihn in Verona finden. Wir sollten ihm keine Zeit lassen, die Stadt noch sicherer zu machen, als sie ohnehin schon ist. Er wird sich dort verbarrikadieren - wie ich hoffe, zum letzten Mal.«
    5
    Selbstverständlich war Aquileia es müde, in fast jeder Generation von Barbaren überwältigt zu werden - zuerst kam der Westgote Alarich, dann Attila, nun wir. Es beruhigte die Bürgerschaft nicht sonderlich, daß Theoderich von ihnen nur die Abgabe solcher Güter verlangte, die unser Heer brauchte. In dem Gedanken, daß ihm die Stadt bald gehören würde, verbot er den Truppen, die Stadt zu zerstören oder sie zu ihren persönlichen Gunsten zu plündern. Allerdings gebrauchten unsere Soldaten die Frauen, Mädchen und
    vielleicht auch einige Jungen der Stadt, wie es Kriegern vorbehalten ist. Die Anständigen unter ihnen und deren Familien verabscheuten dies, und die einheimischen Dirnen und Nachtschwärmer waren vermutlich noch mehr dagegen, weil sie es gewohnt waren, für solche Dienste bezahlt zu werden.
    Während also jedes Weib in Aquileia uns Eindringlinge
    haßte, gab es zumindest zwei sehr schöne Frauen -
    diejenigen, die von Theoderich und Friderich in Besitz genommen wurden - die absolut hingerissen davon waren, eine Zeitlang das Bett mit echten Königen, noch dazu
    Eroberern, zu teilen. In der kurzen Zeit, in der sie das Amt der »Königinnen« bekleideten, gaben sie bereitwillig
    Informationen über die Umgebung preis, wie zum Beispiel:
    »Wenn Ihr die Via Postumia weiter entlangmarschiert,
    kommt Ihr nach ungefähr zwanzig Meilen nach Concordia.
    Das war früher eine Garnison, und es wurden dort auch
    Waffen für die römische Armee hergestellt. Seit die Hunnen Concordia verwüsteten, liegt die Stadt in Schutt und Asche, aber sie stellt immer noch einen wichtigen
    Verkehrsknotenpunkt dar. Ihr werdet dort auf eine weitere gute römische Straße stoßen, die nach Südwesten
    abzweigt...«
    Als unser Heer schließlich weiterzog und zu den Ruinen von Concordia kam, ließ Theoderich einen Hundertführer der Kavallerie kommen und erklärte ihm: »Zenturio Brunjo, diese linke Abzweigung gehört zu der Via Aemilia. Während der Rest von uns nach Verona vorstößt, werdet Ihr und Eure hundert Reiter die Straße da drüben nehmen. Aus
    zuverlässiger Quelle weiß ich, daß Ihr auf dieser Strecke nicht vom Feind behelligt werdet. Die Straße führt Euch über die Flüsse Etsch und Po bis nach Bononia, wo sie wieder auf die Via Aemilia stößt. Ihr postiert sodann Eure Leute rings um die Stadt, in beiden Richtungen entlang der Straße, und überwacht jeden möglichen Umweg. Sollte Odoaker
    versuchen, mit Rom oder Ravenna Kontakt aufzunehmen -
    entweder, um Verstärkung anzufordern oder aus
    irgendeinem anderen Grund - sind die Boten gezwungen,
    die Via Aemilia zu nehmen. Ich will, daß Ihr jeden Boten abfangt und daß seine Botschaft mir von einem schnellen Reiter aus unseren Reihen überbracht wird. So sei es!«
    Einhundert römische Meilen westlich von Concordia
    erreichte unser Heer Verona. Die sehr alte und schöne Stadt hatte bis jetzt das Glück gehabt, von Kriegen und Kriegern weitgehend verschont zu bleiben. Obwohl der Westgote
    Alarich öfter als ein Mal hierher marschiert war, war er stets zu sehr in Schlachten in der Umgebung verwickelt gewesen, um Gelegenheit zu haben, die Stadt zu verwüsten. Und
    Attilas Hunnen, die wild durch Venetien stampften, waren so weit nicht vorgedrungen. So kam es, daß Verona seit
    Konstantin bis zu unserer Ankunft keine Belagerung mehr erlebt hatte, und das war zwei Jahrhunderte her. Deshalb war Verona nicht darauf vorbereitet, sich einer solchen zu widersetzen.
    Innerhalb von zwei Tagen brachten wir mit unseren
    Wurfmaschinen die Flügel des Stadttores zum Bersten, dann griffen wir mit einem Rammbock an. Unsere kräftigsten
    Männer hoben und schwangen diesen unter einem Panzer
    erhobener Schilde, bis er durch das noch vorhandene Holz und Eisen stieß, und die ersten Glieder unserer Lanzenreiter und Schwertkämpfer folgten auf dem Fuß. Odoaker und sein General Tufa waren sich offensichtlich bewußt darüber
    gewesen, daß die Tore der Stadt eigentlich keinen Schutz boten, und hatten keine Mühe darauf verschwendet, sie zu befestigen.
    Theoderich stand mit dem rugischen König Friderich und einigen seiner Oberbefehlshaber etwas abseits

Weitere Kostenlose Bücher