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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Theoderich uns fand, sagte sich Tufa bitter von der gesamten römischen Armee los. »Im
    Kampfgetümmel erspähte ich den König der Rugier«, sagte er und nickte Friderich zu. »Ich erbat von ihm einen
    Waffenstillstand, um zu Euch vorgelassen zu werden, König Theoderich.« Tufa hatte Lateinisch gesprochen. Nun
    wechselte er in den rugischen Dialekt des Gotischen, als wolle er seine Verwandtschaft mit Friderich hervorheben.
    »Ich ergebe mich nicht nur, sondern ich will Euch auch den Treueeid leisten und Eure Sache zu der meinen machen.«
    »Weniger geschwollen ausgedrückt«, stellte Theoderich
    trocken fest, »wollt Ihr Euer hohes Amt und Eure Männer verlassen.«
    »Die Meinigen werden sich mir anschließen, doch es
    werden nicht mehr sein, als meine persönliche Leibwache -
    Rugier wie ich, die sich geehrt fühlen, unter unserem König Friderich zu dienen. Der Rest des Heers wird Rom treu
    bleiben, obwohl Roms König Odoaker von keinem mehr
    geschätzt wird.«
    »Und warum werdet Ihr, Heerführer der römischen Armee, abtrünnig?«
    »Väi! Seht Euch doch um!« rief Tufa voll Verachtung. »Ein Kampf um Häuserecken! Ich bin für Rom, ja, und ich würde Rom auch weiterhin verteidigen - doch ist dies eine Art zu kämpfen? Dies geht genauso zu Lasten Odoakers wie auch unser schändlicher Rückzug am Isonzo. Ihr kämpft
    wenigstens kühn und frei und kommt dabei voran. Ich sage nochmals, ich bin für Rom. Und genau aus diesem Grunde, weil ich davon ausgehe, daß Ihr es mannhaft verteidigen werdet, wenn es Euch gehört, bin ich auf Eurer Seite.«
    »Soviel zu Euren Gründen. Nun zu meinen. Warum sollte
    ich Eure Eide entgegennehmen?«
    »Weil ich Euch als erstes etwas Wichtiges berichten
    werde: Odoaker ist Euch bereits entschlüpft. Als er das Volk durch die Tore am Flußufer entließ, mischte er sich unter die Menge und entkam unbemerkt. Und just in diesem
    Augenblick, während Eure Soldaten in Straßenkämpfe mit einer entbehrlichen Nachhut verwickelt sind, strömt der größte Teil des römischen Heeres aus ebendiesen Toren
    hinaus.«
    »Davon wurde ich soeben unterrichtet«, sagte Theoderich gleichmütig. »Ihr erzählt mir also nichts Neues. Und die Tore ließ ich absichtlich offen.«
    »Selbstverständlich. Doch Ihr ließet sie offen für den Fall, daß Ihr Odoaker ein für allemal besiegt haben würdet. Und das wäre Euch nie gelungen. Odoaker läßt grausam alle
    seine Toten und Verwundeten zurück, damit sein Heer so schnell wie möglich vorwärtskommt. Er und seine Männer werden sich nicht weit von hier einer weiteren vollständigen Armee anschließen. Verona war eine Falle, die Euch gestellt wurde, Theoderich. Was Ihr Odoaker nicht zugefügt habt, beabsichtigt er Euch zuzufügen. Ich hatte Befehl, Euch hier zu beschäftigen, bis er mit genug Leuten eintrifft, um Euch einzuschließen und mit Leichtigkeit den Garaus zu
    machen.«
    Mein Mitmarschall Soas und unser General Herduich
    waren in der Zwischenzeit zu uns gestoßen - zweifellos etwas verwirrt, weil der Kampf so urplötzlich abgewürgt worden war - und hörten interessiert dem Gespräch zu.
    »Und nun, Tufa?« fragte Theoderich, immer noch
    gleichmütig, »was hält mich nun, da Ihr den Plan verraten habt, davon ab, Euch mit einem Schwerthieb zu danken statt mit einer brüderlichen Umarmung?«
    »Mein brüderlicher Rat könnte Euch von Nutzen sein«,
    fuhr Tufa fort. »Ich schlage vor, daß Ihr nicht länger um Verona kämpft. Die Stadt gehört Euch, laßt also keine
    weiteren Männer kommen. Laßt jene, die noch außerhalb
    der Mauern sind, dort, wo sie beweglich sind. Außerdem bezweifle ich, daß Ihr so grausam seid wie Odoaker.
    Während Ihr also Eure Verwundeten versorgt und Eure
    Toten begrabt, solltet Ihr Eure Truppen nicht in der Stadt unterbringen. Laßt sie rund um die Stadt lagern, so daß Odoakers Späher berichten, daß Ihr hier nicht so ohne
    weiteres zu umzingeln seid. Damit wird er seinen Plan
    aufgeben, und Ihr werdet nicht Gefahr laufen...«
    »Genug!« schnappte Theoderich. »Mir kommt es nicht
    darauf an, Gefahr zu vermeiden. Ich will den Feind in Gefahr bringen!«
    »Ich schlage nichts anderes vor. Laßt mich gehen und
    dies für Euch tun.«
    »Euch?« schnaubte Theoderich.
    »Ich weiß, wo Odoaker am ehesten hingehen wird. Ich
    kann ihn einholen, bevor...«
    »Ach, es wird nicht schwierig sein, ihn zu verfolgen. Meine Kavallerie, die ihm bereits nachsetzt, greift die Flanke seines Heeres an. Wir können Odoakers Marschroute an

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