Der Greif
Ja, ich denke, es sollte hier sein. Und ihr beide wollt sicherlich nicht, daß ich in der Nähe bin. Ich werde also nicht einmal kommen, um sie dir vorzustellen, sondern sie einfach
morgen abend, zu der Stunde, da wir beide uns gewöhnlich treffen, hierher führen.«
»Audageii af Guth faúr jah iggar«, sagte Gudinand gerührt:
»Gottes Segen für euch beide.«
So kam es, daß »Juhiza« Gudinand begegnete.
4
Am nächsten Tag fand ich mich zur vereinbarten
abendlichen Dämmerstunde in dem Wäldchen ein. Natürlich trug ich Frauenkleider - einen Umhang, ein Kopftuch, ein wenig, aber nicht übermäßig viel Schönheitspuder im
Gesicht und eine bescheidene, aber passende Auswahl des Geschmeides, das ich in Basilia erstanden hatte. Unter meinen Tüchern hatte ich ein Band um meinen Brustkorb
gewickelt, das meine Brüste hervorhob und größer
erscheinen ließ. Ein Gurt presste mein Glied fest gegen den Bauch, so daß es verborgen blieb. Außerdem trug ich
Frauensandalen. Jedesmal, wenn ich mit Gudinand
zusammen gewesen war, hatte ich, es sei denn wir waren barfuß, meine kuhledernen Stiefel getragen. So erschien
»Juhiza« in den Sandalen auf den ersten Blick etwas kleiner als Thorn.
Ein immer noch wacher Teil meiner männlichen Natur
beobachtete, wie die Dirnen am Ufer darauf reagierten - und stellte fest, daß ich selbst nicht besser als diese käuflichen Frauen war, da ich die Gunst eines unschuldigen jungen Mannes zur Befriedigung meiner niederen Triebe bemühte.
Ja! Ich nahm diese Gelegenheit war, um die Vereinigung mit dem Gudinand zu vollziehen, für den in den Monaten, seit ich ihn kannte, meine Bewunderung, Zuneigung und
Sehnsucht so sehr gewachsen war. Aber ich konnte nicht glauben, daß dies ein niedriger Beweggrund war. Schließlich war ich die einzige Frau, die willens war, ihm zu Gefallen zu sein, ihn von diesem zerstörerischen Fluch zu befreien und ihm vielleicht zu ermöglichen, ein normales Leben zu führen
- nicht mit mir, Juhiza, denn ich würde gegen Ende des Sommers ostwärts weiterziehen -
sondern mit einer
Geliebten oder einer Frau seiner Wahl, und mit einer
besseren Arbeit als der elenden Fron, die er schon so lange ertrug.
Was die beständige Keiferei meiner männlichen Seite
anging, Juhiza sei lediglich ein verkleideter Thorn... nun, Götter wie auch Sterbliche haben seit jeher die Gewänder des jeweils anderen Geschlechts angezogen, sei es aus
Übermut oder Schalk. Die Heiden behaupten, Wotan habe
sich als Frau verkleidet, um die Winterkönigin Rhined, die männliche Freier verachtete, zu erobern. Aber ich brauchte nichts vorzugeben, ich war eine Frau. Ich hatte von Natur aus das Recht, als die Frau aufzutreten, die ich war und bin.
Lange vor meiner Zeit hatte der Dichter Terenz
geschrieben: »Ich bin ein Mann. Nichts Menschliches ist mir fremd.« Ich glaube nicht, vermessen zu sprechen, wenn ich, da ich sowohl Mann als auch Frau bin, noch viel eher als Terenz behaupten darf: »Nichts Menschliches ist mir fremd.«
So ging ich als Juhiza, um Gudinand zu treffen, und ließ jeden Zweifel und alle Unsicherheit hinter mir zurück. Ich war eine Frau und würde eine Frau sein. Eine Frau, in die ich mich als Thorn zweifellos Hals über Kopf verlieben würde, davon war ich fest überzeugt. Was Gudinand empfinden
würde, nun, das würde ich bald schon herausfinden. Ich nahm dieses Zusammentreffen auch als Probe dafür, wie
glaubwürdig oder unglaubwürdig - und verführerisch Juhiza sein konnte.
Gudinand hatte zugegeben, daß er mit Fremden wortkarg
war. Und heute war er sehr nervös, sein Gesicht rot gefleckt.
Ich hatte mich noch nicht einmal vorgestellt, als er auch schon herausplatzte: »Oh, du gleichst meinem Freund Thorn fast aufs Haar«, - und jetzt wurde er noch röter - »aber Thorn ist nur ein ansehnlicher junger Mann, du aber ein unendlich schönes Mädchen.« Ich lächelte und neigte
meinen Kopf zu einem mädchenhaften Dank für das
Kompliment. Er brabbelte weiter: »Du bist nur ein wenig kleiner und etwas schlanker als er. Und... du hast
Erhöhungen und Rundungen, wo ein Junge keine hat.«
Auch er hatte eine sehr deutlich sichtbare Ausbuchtung, und zwar im Schritt seiner Hose. Meine Augenlider, so muß ich gestehen, waren seit dem vergangenen Tag schwer vor Verlangen, und meine weiblichen Organe pochten vor
Erwartung. Ich redete nicht lange herum:
»Gudinand, wir beide wissen, warum wir uns hier treffen.
Willst du meine Rundungen nicht genauer in
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