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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Ereignissen zu bedeuten hatte. Da legte sich eine schwielige, harte Hand sehr sanft auf meine Stirn, und eine bekannte Stimme sagte:
    »Sei beruhigt, Junge. Du bist jetzt in Sicherheit. Laß dir Zeit, deine Sinne zu sammeln.«
    »Fräuja«, krächzte ich, »bist du das wirklich?«
    »Wenn du den bärtigen alten Wyrd nicht wiedererkennst, dann müssen deine Sinne wirklich verwirrt sein.«
    »Ne... ne, ich glaube, ich bin in Ordnung. Aber was ist mit Gudinand?«
    »Er kommt langsam wieder zu sich. Er wird
    Kopfschmerzen haben, mehr nicht. Das gleiche gilt für
    deinen anderen Freund. Ich schlug nicht hart genug zu, um ihn zu töten.«
    »Freund?« protestierte ich empört. »Das ist der Sohn
    eines Drachen...«
    »Ich weiß, wer er ist«, sagte Wyrd. »Bei der Nase und den Ohren, die Zopyrus von seinem eigenen Kopf abschnitt, du hast eine Begabung, die richtigen Bekanntschaften zu
    machen. Zuerst Gudinand, über den die ganze Stadt lacht.
    Und jetzt auch noch Jaerius, der meistgehaßte Bastard
    Constantias.«
    »Ich habe mich nicht um die Bekanntschaft von...
    bemüht.«
    »Halt den Mund«, fuhr mich Wyrd so rauh wie eh und je
    an. »Zieh dir ein paar Kleider über. Ich gebe keine Ferta, wenn du dich unschicklich aufführst, aber dann sorge auch dafür, daß man es dir nicht ansieht.«
    Mit zittrigen Händen zog ich mich wieder an. Gudinand, der sich im Hintergrund hielt, tat desgleichen. Offensichtlich fürchtete er Wyrds Zorn darüber, ihn und mich in einer solchen Situation vorgefunden zu haben. Als ich wieder klar denken konnte, wandte ich mich reumütig und mit leiser Stimme an Wyrd:
    »Fräuja, ich wollte nicht, daß du mich jemals so siehst.«
    »Halt den Mund«, knurrte er. »Ich bin ein alter Mann und ich habe viel gesehen. So viel, daß mehr nötig ist, als du jemals tun könntest, um mich zu erschüttern. Ich habe dir vor langer Zeit bereits gesagt, daß ich nicht das geringste Interesse an... daran habe, ob du im Stehen oder im Sitzen pißt. Oder was immer du, mit deinen intimen Körperteilen anstellst.«
    »Aber... «, meine Hände zitterten immer noch. »Wenn ich es mir genau überlege... wie kommt es, daß du hier bist, Fräuja? Gerade dann, wenn Gudinand und ich Hilfe
    brauchen?«
    »Slaváith, Junge. Ich kam schon vor einer Woche zurück nach Constantia. Aber als ich vor unserer Herberge einen Spion entdeckte, entschloß ich mich, woanders Quartier zu beziehen und diesem Spion nachzuspionieren. Ich habe dich kommen und gehen sehen. Dann, als du heute nacht in
    Frauenkleidern erschienst und verfolgt wurdest, folgte ich einfach dem Verfolger. Die Frage jetzt aber lautet: Was sollen wir mit diesem Sohn eines Drachen tun?«
    Jaerius, der diese Unterhaltung nicht gehört hatte, richtete sich stöhnend auf und befingerte die Beule an seinem Kopf.
    So weit ich in der Dunkelheit erkennen konnte, war er
    ziemlich eingeschüchtert.
    »Wir binden ihm einen großen Stein um den Hals«, sagte ich böse, »und werfen ihn in den See.«
    »Es wäre mir ein Vergnügen«, sagte Wyrd, und man
    konnte sogar in der Dunkelheit deutlich sehen, wie Jaerius erbleichte. »Nach gotischem Gesetz würde diese Kreatur zu einem Nauthing erklärt - ein Mensch, der so wertlos ist, daß das Gesetz den, der ihn ermordet, nicht bestrafen, ja noch nicht einmal ermahnen würde.«
    »Ich würde ihn«, fuhr Wyrd fort, »wäre er ein
    Frauenschänder von niederem Stand, ohne zu Zögern
    erschlagen. Allein, er ist der Sohn des Dux Latobrigex. Auch wenn wohl jeder Einwohner Constantias - sogar sein Vater, der Dux persönlich - Jaerius' Verschwinden erfreut begrüßen würde, würden nichtsdestoweniger Fragen gestellt werden.
    Außerdem werden seine spionierenden Speichellecker - und ganz bestimmt seine Mutter - wissen, wo er sich jetzt aufhält.
    Diese Fragen würden dir, Junge, und deinem Freund
    Gudinand gestellt werden, und wahrscheinlich mit der
    überzeugenden Unterstützung eines erfahrenen
    Folterknechts. Ich empfehle also, Jaerius sein Leben zu schenken. Dadurch vermeiden wir die Gefahr für euch
    beide.«
    Wie üblich war Wyrds Ratschlag klug, so daß ich mich
    darauf beschränkte, verdrossen zu fragen: »Und was
    schlägst du dann vor, Fräuja? Sollen wir etwa die
    Stadtwache oder das Gericht über seine Strafe bestimmen lassen?«
    »Ne«, sagte Wyrd verächtlich. »Nur ein Schwächling oder ein Feigling läßt das Gesetz eine Angelegenheit der
    persönlichen Ehre entscheiden. Und Jaerius würde,
    angesichts seiner Stellung, sowieso

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