Der Greif
am nächsten Abend in Juhiza verwandelte,
war ich nervös, und meine Hände zitterten so sehr, daß mir das Färben meiner Augenbrauen und Wimpern erst beim
zweiten Mal glückte.
Aber da dies einer der ersten Tage des Herbstes war,
brach die Dämmerung glücklicherweise sehr früh herein, und es war fast schon dunkel, als ich aus der Herberge
schlüpfte. Es war das erste Mal seit meiner zufälligen Begegnung mit Robeya und Jaerius, daß ich mich als Juhiza auf die Straße wagte. Aber weder Robeya noch Jaerius
waren in der Nähe, noch sah ich jemanden, der wie ein
Spion aussah. Ich hatte auch nicht den Eindruck, verfolgt zu werden, als ich meinem üblichen Weg durch die engen
Gassen Constantias zum See hin folgte.
Aber natürlich wurde ich - genauer gesagt Juhiza -
beschattet. Und zwar seitdem ich Jaerius und Robeya
zusammen gesehen hatte. Als ich damals vor ihnen floh, mußten sie einen der Sklaven, der die Sänfte trug, hinter mir hergeschickt haben. Niemals hätte ich einen mir
unbekannten Verfolger in dem Volk auf der Straße
ausmachen können. Der Sklave, oder eine andere Person, oder verschiedene Personen, müssen von jenem Tag bis
heute unablässig meine Zimmer bewacht haben. Die Zeit
muß ihm, oder ihnen, sehr lang geworden sein, denn Juhiza tauchte nicht mehr auf, und mein Kommen und Gehen als
Thorn konnte ihnen keinen Anlaß für irgendwelche
Verdächtigungen geben. Aber irgend jemand wurde
schließlich doch für seine Ausdauer belohnt, als in dieser Nacht Juhiza die Herberge verließ.
In dieser Nacht war die Luft so kühl, Gudinand und ich fröstelten, als wir uns entkleideten: Wir hatten eine
Gänsehaut, als wir beide nackt dastanden, und im selben Augenblick stellten sich unsere Haare zu Berge, denn
plötzlich raschelte es im Gebüsch, und eine rauhe Stimme -
Jaerius' Stimme - dröhnte:
»Gudinand, du stinkender Krüppel! Du hast deinen Spaß
mit dieser Hure gehabt. Laß mal einen richtigen Mann ran.
Heute nacht bin ich an der Reihe.«
Gudinand und ich waren wehrlos. Wir waren beide
unbekleidet und unbewaffnet. Einen schweren hölzernen
Stock schwingend, brach Jaerius aus seinem Versteck
hervor. Ich lag auf dem Rücken, Gudinand hatte sich über mich gebeugt. Ich hörte den dumpfen Schlag des Stocks
und Gudinands Stöhnen und fühlte, wie er von mir weg in die Dunkelheit geschleudert wurde.
Im nächsten Moment preßte mich das schwere,
schwitzende Gewicht Jaerius' nieder. Er hatte sich nicht ausgezogen, sondern lediglich sein Gewand soweit geöffnet, um sein Fascinum herauszuholen. Damit begann er jetzt, auf meinen Unterleib einzustoßen. Ich kämpfte, schlug wild um mich und rief Gudinand um Hilfe an - aber der war entweder bewußtlos oder tot. Jaerius lachte bloß.
»Ich weiß, daß es dir gefällt, du kleines Luder. Und bei mir riskierst du nicht, dich mit der Fallsucht anzustecken wie mit deinem schwachsinnigen Freund da drüben.«
»Runter von mir«, tobte ich. »Ich suche mir meine Freunde selbst aus.«
»Keine Sorge, du wirst mich bevorzugen, wenn du mich
erst einmal genossen hast. Laß das nutzlose Gestrample und hör mir zu.«
Ich hörte zwar nicht auf, mich nach Leibeskräften zu
wehren, mußte ihm aber zuhören, ob ich wollte oder nicht.
»Du kennst Robeya, meine Mutter. Und sie sagt, sie kennt dich gut, sehr gut sogar.«
Ich schnappte nach Luft. »Ich weiß, daß sie eine
abartige...«
»Halt deinen verdammten Mund und hör genau zu. Die
letzte Geliebte meiner Mutter war die Haarschererin, die ihr die Haare färbt, eine kleine Schlampe von niederer Herkunft namens Maralena. Als meine Mutter genug von Maralenas
Unzulänglichkeiten im Bett hatte, vermachte sie sie mir.
Mutter erklärte und zeigte mir, wie ich Maralena Vergnügen bereiten konnte. Und sie schaute uns beiden zu und
unterwies uns bei unseren Lustspielen. Und würdest du es glauben? - Maralena gefielen meine Aufmerksamkeiten noch mehr als die, die ihr meine Mutter erwiesen hatte. Ich verspreche dir, dir wird es nicht anders gehen. Hier, gib mir deine Hand. Fühl doch nur, wie groß mein Fascinum ist.
Also, öffne deine Beine und...«
Wieder hörte ich den dumpfen Schlag eines Stocks, und
genauso plötzlich wie zuvor Gudinand wurde Jaerius in die Dunkelheit weggeschleudert. Ich blieb schutzlos liegen. Und das war auch alles, was ich tun konnte: liegen bleiben, benommen wie ich war, und versuchen, wieder zu Atem zu kommen und herausfinden, was diese verwirrende und
schnelle Abfolge von
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