Der Greif
dem Stock ausgetragen. Nichtsdestotrotz versprach es ein Kampf bis aufs Blut zu werden, und das war
außergewöhnlich genug, um die Scharen ins Amphitheater zu locken.
Die Menge bestand nicht nur aus Fischern, Handwerkern, Landvolk und den anderen Gemeinen, die sich
normalerweise die Spiele in der Arena anschauten. Selbst die Händler, Kaufleute und Ladenbesitzer der Stadt - die nicht einmal ihre Marktstände und Lagerhäuser geschlossen hätten, um den Tod eines beliebten Cäsaren zu betrauern -
schienen heute ihre Geschäfte ruhen zu lassen, oder hatten sie irgendwelchen Untergebenen und Sklaven übertragen, so daß sie dieses Spektakel besuchen konnten. Neben
ihnen fanden sich auch alle jene durchreisenden Besucher der Stadt ein, die von diesem einmaligen Angebot zur
Zerstreuung erfahren hatten.
Schon lange, bevor der Kampf beginnen sollte, war jeder Sitz in jeder Reihe des Amphitheaters besetzt. Wie üblich saß das gemeine Volk auf den Stufen der oberen Ränge,
aber Wyrd hatte einen stolzen Preis für Täfelchen bezahlt, die uns Zugang zum zweiten Rang verschafften, der
normalerweise noblen oder reichen Bürgern vorbehalten
war. Die Loge in dem auf gleicher Höhe mit der Arena
liegenden Rang, reserviert für hohe Offizielle und andere Würdenträger, war besetzt von dem Dux Latobrigex, der
Hohen Frau Robeya und dem Priester Tiburnius. Sie alle waren üppig, beinahe festlich gekleidet. Der Dux erschien ebenso ausdruckslos wie in der vergangenen Nacht, aber seine Frau kochte vor nur mühsam unterdrückter Wut. Der Priester sah so desinteressiert aus, als müßte er einem Passionsspiel zusehen.
Ich wandte mich an Wyrd: »Frauja, von all dem Geld, das wir beide verdient und sicher verwahrt haben, verwette ich meinen gesamten Anteil gegen den deinen, daß Gudinand
heute morgen siegen wird.«
Wyrd lachte prustend. »Bei Laverna, der Göttin der Diebe, Verräter und Flüchtlinge, willst du, daß ich auf dieses Schwein Jaerius setze? Absurd! Aber ich konnte noch in keiner Arena der Wettlust widerstehen. Ich werde meine Hälfte unserer Verdienste gegen deine setzen, und zwar auf Gudinand.«
»Was? Das wäre noch absurder. Das wäre ein Verrat an
«
Bevor ich fortfahren konnte, unterbrach mich ein einzelner Trompetenstoß. Die Menschenmenge geriet in Bewegung:
Jaerius und Gudinand hatten aus gegenüberliegenden
Toren in der Umrandungsmauer die Arena betreten.
Beide hielten einen Stock aus Eschenholz, länger als sie groß waren und dicker als ihre Handgelenke. Sie trugen lediglich einen Lendenschurz, der Rest ihres Körpers war mit Olivenöl eingerieben worden, um die Schläge des Gegners abgleiten zu lassen. Sie trafen sich in der Mitte der Arena und schritten Seite an Seite bis vor die Loge, wo jeder seinen Stock hochhielt und vor dem Dux salusierte. Der Dux hob vor beiden gleichermaßen seine rechte Faust, in der er ein weißes Tuch hielt. Ein weiterer Trompetenstoß, und der Dux ließ das Tuch fallen. Jaerius und Gudinand wirbelten herum und nahmen Kampfhaltung ein, jeder seinen Stock
mit einer Hand in der Mitte, mit der anderen halbwegs
zwischen der Mitte und einem Ende festhaltend. Es
versprach ein ausgeglichener Kampf zu werden. Gudinand war größer und hatte längere Arme, aber Jaerius war breiter und muskulöser. Auch ihre Fertigkeit mit dem Stock schien in etwa gleich zu sein. Gudinand hatte, soviel ich wußte, niemals einen Freund gehabt, mit dem er sich in
Übungskämpfen mit dem Stock hätte messen können, aber
er muß sich hin und wieder mit einsamen Scheinkämpfen
die Zeit vertrieben haben. Jaerius hatte wahrscheinlich viele Gelegenheiten gehabt, diesen Sport mit anderen jungen
Männern zu üben. Aber die anderen, die wußten, mit wem sie es zu tun hatten, hatten sich sicherlich zurückgehalten und ihn mühelos gewinnen lassen. Obwohl keiner von
beiden gegen einen professionellen, erfahrenen
Stockkämpfer bestanden hätte, boten sie mehr als nur einen guten Kampf. Sie hieben, parierten, machten Ausfälle und wichen aus die Zuschauer konnten sich nicht darüber
beklagen, daß sie ihr Geld wegen ein paar stümperhafter Anfänger verschwendet hätten.
Atemlos vor Spannung sagte ich zu Wyrd: »Du kannst dir nicht einfach meine Wette aneignen. Ich war es, der Jaerius in die Arena gesandt hat und sehen wollte, wie er zu Brei geschlagen wird. Es wäre unsinnig, selbst gegen meinen Willen gegen denjenigen zu wetten, den ich zu meinem
Verteidiger und Kämpen erwählt habe. Ich
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