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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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sich genauso träge und sinnlich im Wasser treiben wie beim ersten Mal, als ich sie gesehen hatte. Doch offensichtlich wurde auch sie von allen gemieden, denn die anderen im Becken
    schwimmenden Frauen und Mädchen hatten ihr die dunkle
    Ecke allein überlassen, in der sie sich vor einiger Zeit mit mir hatte vergnügen wollen.
    Ich achtete darauf, daß Robeya mich nicht sah, und
    bedeutete Äffchen, was sie tun sollte. Sie sollte so
    verführerisch wie möglich zu Robeya hinüberschwimmen
    und allem zustimmen, was sie von ihr verlangte. Danach sollte sie ins Apodyterium zurückeilen, sich ankleiden und die Therme verlassen, vor der ich warten würde. Äffchen nickte und glitt anmutig ins Wasser. Ich kehrte ins
    Apodyterium zurück und streifte mir ein letztes Mal Juhizas Kleider über.
    Die Zeit verging mit quälender Langsamkeit, während ich angespannt wartete. Aber es dauerte kaum länger als bei Jaerius. Schon eine oder zwei Minuten bevor Äffchen, noch an ihren Gewändern nestelnd, aus der Tür eilte, konnte ich Frauen schreien, Füße trampeln, Kinder weinen und
    Bedienstete aufgeregte Anweisungen rufen hören. Noch
    bevor ich fragen konnte, grinste das schwarze Mädchen
    breit und nickte.
    Sehr viel entspannter begleitete ich Äffchen in das ärmste, in den Außenbezirken gelegene Viertel der Stadt. Gudinand hatte mir einmal sein Haus gezeigt, mich aber niemals
    hineingebeten, da er sich für die schäbige und armselige Hütte schämte. Ich gab Äffchen meinen Geldbeutel und
    bedeutete ihr, einzutreten. Dann küßte ich sie, eher
    vorsichtig, auf ihre ebenholzfarbene Stirn, winkte ihr zu und wartete, bis sie hineingegangen war.
    Der Beutel, den sie bei sich trug, enthielt die paar
    silbernen Siliquae, die ich für diesen Zweck aufgespart hatte, die Urkunde über Äffchens Servitum, von mir
    gegengezeichnet, und eine Nachricht, die ich in der alten Sprache, in gotischer Schrift, verfasst hatte: »Mäizein thizai friathwai manna ni habäith, ei huas säiwala seina lagjith frijonds seinans.«
    Ich hatte Gudinands invalide Mutter niemals getroffen und wußte nicht, ob sie lesen konnte. Aber die Witwe würde das Geld sicherlich willkommen heißen; sicherlich würde sich ein Nachbar finden, der ihr die beiden Urkunden übersetzen konnte. Das Zertifikat bescheinigte der zweifach beraubten alten Frau, daß sie nun eine Sklavin besaß, die sie anstelle von Gudinand versorgen würde. Das andere Dokument
    sollte sie daran erinnern, was sie als gute Christin bereits wissen mußte: »Größere Liebe als der Mann kann niemand fühlen, der einem Freund sein Leben zu Füßen legt.«
    Zurück in der Herberge und wieder als Thorn gekleidet, legte ich mich zu einer wohlverdienten Ruhepause nieder.
    Wyrd, unrasiert und mehr als nur ein bißchen betrunken, kam herein und starrte mich mit roten Augen an. »Sicherlich hast du schon vom Tod des Drachen Robeya und ihres
    Drachenwürmlings Jaerius gehört.«
    »Ne, Fräuja, nicht gehört, aber erhofft.«
    »Sie starben im Bad, aber nicht durch Ertrinken.
    Offensichtlich kamen sie in verschiedenen Thermen
    gleichzeitig um.«
    »Das überrascht mich nicht.«
    »Die Umstände ihres Todes sind äußerst ungewöhnlich.
    Äußerst ungewöhnlich gleichartige Umstände!«
    »Das zu hören freut mich.«
    »Man sagt, daß Jaerius' Gesichtszüge aufs abstoßendste verzerrt gewesen seien, daß sein Körper in den
    unmöglichsten Verkrampfungen in einer Pfütze seines
    eigenen Kots gefunden wurde. Der Ausdruck auf Robeyas
    Gesicht muß ebenso schrecklich gewesen sein, ihr Körper soll sich zu einem Knoten verkrampft haben und sie trieb, so sagt man, in dem von ihrem Kot braun gefärbten Wasser.«
    »Ich wüßte nicht, welche Nachricht mich mehr erfreuen
    könnte.«
    »Seltsamerweise, angesichts dessen zumindest, was
    heute vorgefallen ist, ist der Priester Tiburnius noch unversehrt.«
    »Das schmerzt mich zwar, aber ich dachte es wäre
    unrecht, Constantia all seiner Fieslinge auf einmal zu berauben. Ich werde das Schicksal des Priesters in die Hände dessen, dem er vorgibt zu dienen, übergeben.«
    »Er wird wohl ab dem heutigen Tag nur noch selten auf
    die Kanzel steigen, zumindest nicht in aller Öffentlichkeit. Ich wage zu behaupten, daß er den Rest seines Lebens zitternd hinter fest verriegelten Türen kauern wird.«
    Darauf antwortete ich nichts, sondern grinste bloß. Wyrd kratzte sich am Kopf und sagte nachdenklich: »Darum hast du also das Geld gebraucht. Aber, bei der rachsüchtigen

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