DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde
auf diese Höhe. Sobald er hier eingetroffen ist, stehen ihm viele Möglichkeiten offen. Er könnte den Fluss nach Westen zum Delta hin überqueren, wenn er feststellt, dass der Angriff aus Linularinum seine Hauptsorge ist, was er, denke ich, auch hofft. Oder er zieht weiter am Nedscheid entlang nach Terabiand, falls er das aus irgendeinem Grund für klug hält; oder wenn ihn seine Hoffnung trügt und er feststellt, dass Linularinum noch die geringste seiner Sorgen darstellt, zieht er vielleicht entlang des Sepesflusses nach Taland und hat dann den Wald im Rücken, wenn er sich den Greifen stellt. Äußerstenfalls zieht er sich mit seinen Männern auf den Gebirgspass zurück. Ich kann mir vorstellen, dass den Greifen die Berge noch weniger gefallen als der Wald.«
»Das denke ich auch«, pflichtete der Arobarn ihm bei und hielt inne. Nach der grimmigen Miene des Königs zu urteilen und nach der Art, wie sein Blick lange auf dem Gesicht der Dame Maianthe ruhte, versuchte er sich vermutlich vorzustellen, was er König Iaor sagen könnte, falls sie ihn dort unten auf der anderen Seite der Brücke auf der Straße trafen.
»Wir ziehen zur Brücke hinab«, entschied der Arobarn. »Herrin Maianthe …« Er betrachtete sie mit gerunzelter Stirn, wenn auch nicht unfreundlich. »Ihr müsst mit den Menschen dort reden und sie anweisen, die Ruhe zu bewahren.«
»Sie werden erkennen, dass sie nicht gegen uns kämpfen können«, meinte Fürst Beguchren und musterte ebenfalls ihr Gesicht. Die Dame dachte eindeutig darüber nach, wie erschrocken ihr Volk reagieren würde, wenn es Tausende casmantischer Speere in einer Staubwolke funkeln sah, die von Tausenden casmantischer Stiefel aufgewirbelt wurde. Er fuhr fort: »Sie flüchten vielleicht den Fluss hinauf und hinab und verbreiten die erschreckendsten Geschichten einer casmantischen Invasion. Ihr könntet sie überreden, eine zweite Gruppe von Sendboten auszusenden, damit wir hoffen können, nicht zu vielen Schwierigkeiten zu begegnen, wenn wir weiter in Farabiand eindringen.«
»Wir werden zu schnell vorstoßen, um Schwierigkeiten zu bekommen«, erklärte der Arobarn. »Sollte Iaor Safiad auf uns stoßen, dann hoffen wir, dass er uns gut zuhört. Ich schicke diese kleine Kurierin heute nach Norden, noch in dieser Stunde, damit sie erklärt, was wir vorhaben, und um seine Vergebung für unsere Kühnheit ersucht. Fürst Beguchren, ich ersuche dich, hier auf dieser Straße zu bleiben, die er wahrscheinlich nimmt, damit du ihn hier aufhalten kannst, falls die hochverehrte Kurierin ihn nicht erreicht.«
Fürst Beguchren wirkte nicht überrascht und nahm den Befehl mit gesenktem Kopf entgegen. »Ich fühle mich durch Euer Vertrauen geehrt«, sagte er leise. Und an die Dame Maianthe gewandt, die offen erstaunt schien, fügte er hinzu: »Ein Magier ist es, was Ihr im Westen benötigt.«
»Und eine gewandte Zunge ist es, die der königliche Herr hier im Osten brauchen wird«, sagte Tan unerwartet. Er hatte während des Ritts nur selten mit jemandem geredet und war sowohl Beguchren als auch Gerent beharrlich aus dem Weg gegangen. Sein Tonfall war steif. Er blickte jedoch von einem zum anderen und nickte schließlich mit ernster Miene dem Arobarn zu, bevorer fortfuhr: »Iaor Safiad könnte sogar glauben, dass Ihr vorsätzlich mit Mariddeier Kohorrian zusammenarbeitet und irgendeinen Plan verfolgt, Euch mit den Greifen zu befassen, sobald Ihr erst mal Farabiand zwischen Euch aufgeteilt habt.«
Beguchren nickte dem Rechtskundigen nachdenklich zu und pflichtete ihm bei. »Wahrhaftig. Ich hoffe, dass ich in einem solchen Fall die Dinge klären kann.«
Der Arobarn schnitt eine Grimasse und musterte dann Maianthe durchdringend. »Der Safiad kennt Euch gut, ha? Euer Vetter ist sowohl sein Freund als auch sein Ratgeber und ein Fürst an seinem Hof. Vielleicht sollte ich auch Euch hier zurücklassen. Dann wärt Ihr in Sicherheit und könntet ebenfalls in meinem Namen zu Eurem König sprechen. Vielleicht wäre das klug, ja?«
»Nein … Nein, das wäre es nicht!«, entgegnete Maianthe, die offenkundig entsetzt war. »Ich muss nach Westen gehen! Ich muss nach Tiefenau! Zumindest muss ich«, präzisierte sie, »bei Tan bleiben.« Sie sagte das in einem Ton, in dem sie auch hätte feststellen können, dass der Himmel blau ist oder Wasser bergab fließt. Als wäre es die Feststellung einer solch augenscheinlichen Wahrheit, dass niemand sinnvollerweise einen Einwand erheben könnte.
»Ich
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