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Der Grenzgänger

Der Grenzgänger

Titel: Der Grenzgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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schien ausgesprochen redselig und entgegenkommend. Jedenfalls kam seine Antwort auf der Stelle.
    Noch während Böhnke den genannten Namen aufschrieb, bedankte er sich und beendete das Telefonat. Er sah mich zufrieden an. „Ernst Langerbeins“, sagte er nur. „Kenne ich nicht“, entgegnete ich spontan. „Müsste ich den kennen?“
    „Warum sollten Sie den Mann kennen?“ Böhnke dachte nach. „Ich habe auch noch nie von ihm gehört. Er stand jedenfalls nicht auf meiner Liste der möglichen Maulwürfe.“ Es gab ihm schon zu denken, dass er alle möglichen Kollegen in seine Ermittlungen einbezogen hatte, aber jetzt ausgerechnet jemand zum Hauptverdächtigen wurde, der ihm namentlich nicht bekannt war. Ob seine bisherige Arbeit überhaupt einen Sinn gehabt habe, fragte Böhnke zweifelnd. Dann schüttelte er sich und pustete durch. Irgendwie musste er weitermachen.
    Er würde sich die Personalakte des Mannes besorgen, schilderte der Kommissar mir bereitwillig sein weiteres Vorgehen. „Mich interessiert schon, was das für ein Mensch war.“
    „Mich auch.“ Jetzt fiel ich Böhnke schnell ins Wort. „Und vor allen Dingen interessiert es mich, wie er zu Fleischmann stand.“ Ich versuchte mich in Ironie: „Langsam gehen uns die Mitspieler aus: Gerstenkorn verduftet. Langerbeins verunglückt. Da bleibt fast keiner mehr.“
    „Und ich kann die Akte schließen. Wir schieben einfach alle Schuld auf Langerbeins und haben den Fall gelöst. Wie wär’s?“ Der Kommissar sah mich lächelnd an. „Oder sollen wir uns doch noch um den Metzger und seinen Freund kümmern?“
    „Darum und um Langerbeins und um Gerstenkorn und um Renate Leder und um Piet van Dyke und um all die anderen, die wir noch finden, wenn wir uns in der Literaturlandschaft und der Pornoszene umgeschaut haben.“ Er habe noch eine zweite wichtige Aufgabe, erinnerte ich Böhnke. „Sie müssen dafür sorgen, dass ich an van Dykes Computer herumspielen darf.“
     
     
    Böhnkes Angebot, von einem Streifenwagen nach Hause gefahren zu werden, lehnte ich dankend ab. Ich nutzte die Zeit, von der Soers zum Templergraben zu marschieren, um das Erlebte zu sortieren. Der Tag kam mir bei der Rückbesinnung ziemlich konfus vor, mit immer neuen Fragen und immer neuen Wendungen. Ich hatte das ziemlich sichere Gefühl, dass wir die Nuss noch lange nicht geknackt hatten und vor allem bereitete mir Fleischmann Kopfzerbrechen: hier in Aachen der ordentliche und biedere arme Poet, in Ubach over Worms der im Reichtum schwelgende Autor pornografischer Schriften. Eigentlich passte es nicht zusammen und wenn es doch zwei Seiten von Fleischmann waren, die da zutage traten, dann blieb die Frage: Wegen welcher Seite seines Lebens war er getötet worden?
    Diese Frage stellte ich auch Sabine, als sie mich gegen Mitternacht aus Hamburg anrief. Ich hatte ihr wieder ausführlich von meinem Tagesablauf berichtet und freute mich über ihre Anteilnahme an meiner brotlosen Arbeit, auch wenn sie eine Antwort schuldig blieb.
    Ich wäre froh, wenn sie wieder bei mir wäre, säuselte ich zum Abschluss des Gesprächs meiner Liebsten ins Ohr und sie säuselte zurück, ich solle angenehm schlafen und etwas Schönes träumen.
     
     
    Doch vor dem Schlaf stand die niemals endende Arbeit. Mit Renates Zeichnung in der Hand legte ich mich ins Bett. Ich hatte einen neuen Namen, den ich in ihr Soziogramm einarbeiten konnte. Langerbeins, für den möglicherweise das „L“ stand, das dann allerdings nicht mehr für Renate Leder gelten konnte. Ich drehte und wendete meine Kombinationen, doch blieb ich wieder bei der entscheidenden Kombination „D“ und „S“ stecken. So viel fand ich heraus: „L“ hatte etwas mit „S“ zu tun, der zweiten Hauptfigur neben „D“, die immer noch anonym war.
    Ich fand sehr spät in einen unruhigen Schlaf, in dem mich Dick und Doof ärgerten.
     
     
    Das Telefon, das mich am Morgen weckte, gehörte eindeutig nicht zu meinem Traum. Böhnke riss mich aus dem Schlaf. Ich hatte tatsächlich, trotz des Radioweckers, verschlafen und war insgeheim sogar erleichtert über die Störung, auch wenn ich den Kommissar anknurrte, als er mich, wie mir ein Blick auf die Uhr verriet, gegen neun Uhr anrief. „Was wollen Sie Störenfried jetzt schon wieder von mir?“, stöhnte ich gähnend. „Sie mit zwei freudigen Überraschungen wecken“, sagte er froh gelaunt. „Mein Kollege Bloemen hat für Sie heute einen unbeaufsichtigten Aufenthalt in der Wohnung von van Dyke

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